Hamburg. In einem Theater überraschten ungewöhnliche Schauspieler. 8600 Menschen kamen zur 20. Ausgabe des traditionellen Kultur-Happenings.
Jubiläen sollten gefeiert werden, auch wenn das Ereignis längst zur (fast) alljährlichen Gewohnheit geworden ist. Bei der 20. Theaternacht Hamburg gab es durchaus Neues zu entdecken, wie sich in der Nacht zum vergangenen Sonntag zeigen sollte.
31 der 38 im Verein Hamburger Theater veranstaltenden Bühnen haben geöffnet. Das Ohnsorg lädt unter dem Motto „All tosamen“ erstmals zum Karaoke op Platt. Ensemblemitglied Caroline Kiesewetter gibt mit ihrer niederdeutschen Version von Helene Fischers größtem Hit, am Piano begleitet von Stefan Hiller, das Motto des Events vor: „Ut de Puust, dörch de Nacht“ klingt freundlicher als „Atemlos“...
Theaternacht Hamburg: Ein Pflichtstück für Luke Mockridge und Co.
Nach knapp 30 Minuten geht’s rüber ins Schauspielhaus. Eine Wanderungsbewegung zwischen den so unterschiedlichen Theatern ist durchaus erkennbar. Sichtbarer Beliebtheit erfreut sich das neu eingeführte U30-Ticket bei jüngeren Theater-Interessierten für nur 13 Euro. Die haben im Schauspielhaus ohnehin weniger Schwellenängste. Die „AlabamaBar“, eine recht schräge Brecht-Show mit Text und Musik, ist im größten deutschen Sprechtheater (1200 Plätze) eigens für diese Theaternacht konzipiert worden. Am Ende reichlich Beifall für die acht Schauspielerinnen und Schauspieler sowie Musiker und ihren „Mackie Messer“ im Stil des Gangsta-Rap.
Der Bus 402 Richtung Borgfelde, eine der vier Shuttle-Linien dieser Theaternacht, ist nur mit zwei Menschen besetzt. Doch dann die Überraschung: Der Besuch im Klabauter Theater wird den Aha-Effekt und den Wow-Moment dieser Nacht bieten. Schon die Sitzanordnung im nur 80 Menschen fassenden Saal ist ungewöhnlich. Kreisförmig und im Raum stehen die Stühle, jeweils zu zweit gegenüber. Auf dem Programm steht „Die schlaue Maus“.
Klabauter: Für „Die schlaue Maus“ als Theater des Jahres 2035 ausgezeichnet
Zum Inhalt: Das Klabauter Theater ist für „Die schlaue Maus“, einer Musical-Komödie mit Tiefgang, von Kritikern anno 2035 als „Theater des Jahres“ ausgezeichnet worden (so wie kürzlich de facto das Schauspielhaus). Nun soll das Klabauter umziehen vom Berliner Tor zum Hauptbahnhof, in die Räume des Schauspielhauses. Etats und Arbeitsverträge werden getauscht. Da fällt es den Klabauter-Leuten leicht, von „Solidarität“ mit den Schauspielhaus-Kollegen zu singen. Die zwölf gehandicapten Schauspielerinnen und Schauspieler zeigen in Hannes Beckers neuer Komödie, was Theater auch ausmacht. Inspiration, Interaktion mit dem Publikum und Selbstironie münden hier in ein Stück gelebter Inklusion.
Lacher und begeisterter Applaus im vollbesetzten Saal für die ersten Szenen. Es bleibt bewusst Zeit fürs Nachgespräch mit den Darstellern und dem Regieteam. Dies ist mehr als eines der vielerorts gereichten Appetithäppchen. Die Premiere am 9. Mai 2025 sollte ein Pflichttermin für Luke Mockridge und seine plappermäuligen, gedankenlosen Comedy-Gesellen sein! Für theaterbegeisterte Hamburger ein Stück, auf das man sich freuen darf.
Theaternacht Hamburg: 8600 Besucher sind ein weiterer Aufwärtstrend
Nach diesem Erlebnis kann nicht mehr viel Neues kommen. Jedoch zeigt das junge Ensemble im ähnlich kleinen Mut! Theater am Rande des Schanzenviertels in Janika Görres‘ Molière-Bearbeitung „Workspace Tartuffe“ Lust an Slapstick und einer Backpfeife nach der anderen. Premiere ist im Februar.
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Insgesamt besuchten die 20. Theaternacht 8600 Menschen. Das ist gegenüber dem Tiefpunkt, die Corona-Jahre 2020 (nur digital) und 2021 (komplette Absage) mal ausgenommen, im Jahr 2022 (7000 Besucher) und nach dem Vorjahr (8000) ein weiterer leichter Aufwärtstrend, vom diesjährigen Ziel der 10.000 jedoch noch ein Stück weit entfernt.