Hamburg. Die Fläche wird massiv erweitert, der Betrieb soll weiterlaufen. Was mit dem Restaurant Peacetanbul und dem Alabama-Kino geplant ist.
Bei der Eröffnung des Sommerfestivals tropfte es von der Decke ins Kampnagel-Foyer; im kleinen Konzertsaal kmh war die Luft extrem stickig, und Zuhörer wünschten sich dringend eine Belüftungsanlage; die knarzenden Stufen im großen Saal k6 sind schon seit ewigen Zeiten ein Ärgernis. Die Kampnagel-Fabrik, dieser bedeutende Ort für Avantgarde-Kunst mit bis zu 200.000 Zuschauern jährlich, bedarf dringend einer Sanierung. Das weiß auch die Kulturbehörde und hat nun eine Reparatur und eine Weiterentwicklung der ehemaligen Eisenfabrik auf den Weg gebracht.
168 Millionen Euro wird die Umgestaltung kosten, 60 Millionen davon kommen aus dem Bundeshaushalt, der große Rest aus dem Etat der Hansestadt. Zusammen mit Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard und den beiden Architekten konnte Kultursenator Carsten Brosda am Mittwochvormittag die Pläne für die Sanierung und dem Neubau vorstellen. „Vergangenheit verbindet sich mit Gegenwart und Zukunft“, so Deuflhard.
Kampnagel Hamburg: „Spektakulär!“ – Gewaltige Umbaupläne vorgestellt
Der Entwurf für die Modernisierung des zum Teil denkmalgeschützten Ortes haben die französischen Architekten Anna Lacaton und Jean-Philippe Vassal geliefert. Sie stehen für das Prinzip „Umbau vor Abriss“ und haben zum Beispiel in Bordeaux 530 Sozialwohnungen nach den Bedürfnissen der Bewohner instand gesetzt und dafür den Preis der EU für zeitgenössische Architektur erhalten. 2021 wurden sie mit dem Pritzker-Preis geehrt, der höchsten Auszeichnung für Architektur. Detailliert erläuterten die beiden Architekten in der Halle k2 mit vielen Fotos und Zeichnungen ihren Entwurf. Er sieht eine Erweiterung der Fläche von 16.500 auf 23.500 Quadratmeter vor, eine herausfordernde Aufgabe, denn Flächen, die auf dem Grundstück bebaut werden können, sind kaum vorhanden, zumal der Garten unberührt bleiben soll. Lacaton und Vassal bauen deshalb nicht in der Fläche, sondern in die Höhe.
Über dem Dach des Foyers wird ein neuer Ort namens „K7“ mit einer Größe von 4200 Quadratmetern entstehen, der über zwei Außentreppen sowie Lasten- und Personenaufzügen erreicht werden kann. Er wird unter anderem acht Probe- und verschiedene Lagerräume mit sechs Meter hohen Decken und lichtdurchfluteten Fensterfronten enthalten. Der Clou dieser im Stil einer Industriehalle konzipierten Räume ist eine Dachterrasse, die 400 Besuchern Platz bietet und auf der eine neue Veranstaltungsfläche entstehen wird, auf der zum Beispiel Filmvorführungen möglich sind. Auch das benachbarte Alabama-Kino soll besser in die Kampnagel-Gebäude integriert werden. Die Kasse wird in Zukunft seinen Platz im Foyer haben, aus dem jetzigen Restaurant Peacetanbul soll eine große Lounge werden. Im derzeitigen Kassengebäude wird ein Restaurant mit 110 Plätzen entstehen.
Intendantin Deuflhard: „Wir werden dort weiterspielen, wo gerade nicht gebaut wird.“
Intendantin Deuflhard betonte bei ihrer Begrüßung, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Schließung von Kampnagel geben wird. „Wir werden dort weiterspielen, wo gerade nicht gebaut wird.“ Für einen längeren Zeitraum wird die Halle k6 allerdings kaum bespielbar sein, denn die knarzenden Holztribünen werden entfernt. „Dafür wird eine ausfahrbare Teleskoptribüne mit 850 Plätzen installiert“, erklärte Jonas Zipf, der kaufmännische Geschäftsführer von Kampnagel. Wenn die Tribüne eingefahren wird, werden in der unbestuhlten Halle 2500 Zuschauer Platz finden. Die Bühne wird auf mehr als drei Meter erhöht. Die Halle k1, die in den 80er-Jahren noch als Theaterspielort genutzt wurde, wird in ihrer originalen Größe wiederhergestellt und als sogenanntes „open venue“ für unterschiedliche Kunstformen nutzbar sein. Ein weiteres neues Gebäude soll neben dem Verwaltungstrakt im hinteren Teil des Kampnagelgeländes errichtet werden und Wohnraum für 26 Personen bieten – zum Beispiel für Künstlerinnen und Künstler, die auf Kampnagel arbeiten.
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Die Architekten versprechen einen ökologischen Umbau und eine Renovierung, die Künstlern und den insgesamt 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kulturfabrik mehr Komfort bietet. Auch die technische Ausrüstung, etwa die Obermaschinerie werde erstklassig und modern sein. „Dann müssen unsere Bühnentechniker nicht mehr unters Dach klettern, und wir sparen die sogenannte Rigging-Zulage“, freute sich Jonas Zipf. Sehr angetan von dem Entwurf der Pariser Archtiekten zeigte sich auch Kultursenator Brosda. „Kampnagel ist ein Ort von Überraschungen, Spannung und Offenheit. Die spektakulären Pläne von Lacaton & Vassal machen Kampnagel fit für die Zukunft. Kampnagel ist ein international herausragender Produktionsort, der für die Kulturstadt Hamburg weiterhin einer der zentralen Orte sein wird.“ Bis zur Vollendung wird es allerdings noch etwas dauern: Als Baubeginn ist der September 2026 geplant, drei Jahre später sollen Um- und Neubau abgeschlossen sein.