Hamburg. Der Hamburger Chor und die lautten compagney Berlin spielen Musik aus dem 17. Jahrhundert – und verblüffen mit den verwendeten Instrumenten.

Es war wirklich schade, dass bei diesem in vieler Hinsicht bemerkenswerten Konzert des Monteverdi-Chors Hamburg und des Barockensembles lautten compagney Berlin im Großen Saal der Elbphilharmonie am Dienstag so viele Plätze leer blieben. Denn eine so sorgfältig vorbereitete Interpretation vor allem von französischer Musik aus dem 17. Jahrhundert in historischer Aufführungspraxis mit vielen ungewöhnlichen Instrumenten hört man in Hamburg nicht so oft.

Für den Monteverdi-Chor Hamburg, der 2025 sein 70. Jubiläum feiern wird, ist es ein Gewinn, dass Antonius Adamske neben seinen Konzerten mit dem Bremer RathsChor auch mit ihm so intensiv zusammenarbeitet. Adamske lehrt an der Hannoveraner Musikhochschule, ist der Georg-August-Universität in Göttingen und dem Göttinger Barockorchester eng verbunden und ein ausgewiesener Spezialist für Alte Musik.

Monteverdi-Chor Hamburg: Zu wenig Publikum für ein bemerkenswertes Konzert

Mit Verwunderung nahm man wahr, dass das Cembalo, das Adamske als Dirigent und Cembalist selbst zu spielen gedachte, nicht wie gewöhnlich auf drei Beinen am Boden stand. Es war vielmehr auf drei Hockern sozusagen aufgebockt, damit der Dirigent es im Stehen bedienen und gleichzeitig den vier- bis fünfstimmig großbesetzten Chor und das Barockensemble leiten konnte.

Im Orchester war mit dem sogenannten Serpent ein wahrlich exotisches Blechblasinstrument aus der Familie der Zinken zu bewundern, das in seiner geschwungenen Form und Größe wie eine Riesenschlange aussah. Außerdem waren historische Trompeten vertreten, von der eine Basse de Trompette nur zwischen den beiden Tönen D und A wechselte, um damit die Pauken zu verstärken.

Haute-Contre entfaltet eine besondere Wirkung

Was all das für eine ungeheure Wirkung erzeugte, konnte man zu Beginn gleich in einem wahren Hit der französischen Barockmusik, dem Te Deum H. 146 von Marc-Antoine Charpentier, erleben. Nach einem kurzen Auftakt, den Trois Airs pour le carrousel de Monseigneur für Pauke solo von Charpentiers Zeitgenossen Jean-Baptiste Lully, ließ Adamske ohne Pause Charpentiers Te-Deum-Prelude folgen, das wir alle als Erkennungsmelodie der Eurovision im Ohr haben.

Begleitet von zarten Klangtupfern zweier Flöten und Oboen traten die Sopranistin Hanna Zumsande, die Mezzosopranistin Alice Lackier, der Tenor Martin Platz und der sogenannte Haute-Contre Mirko Ludwig beim „Tibi Cherubim“ im Quartett hervor. Ludwig, der sowohl normale Tenorpartien singt als auch in die hohe Lage einer Altstimme vordringen kann, entfaltete in allen Werken des Abends eine besondere Wirkung. Mit bewundernswertem Einfühlungsvermögen und beeindruckender Stimmkultur agierte der Chor bei den oft festlich hereinbrechenden Chorsätzen.

Französische Musik umrahmte ein Werk von Georg Friedrich Händel

Sowohl bei Charpentier als auch bei dem von starken Steigerungen geprägten Te Deum S32/III von Michel-Richard de Lalande am Ende war man überrascht, dass der Chor und die Solisten die lateinischen Texte mit französischer Aussprache würzten und aus dem Sanctus zum Beispiel ein Sanctüs wurde, was in Frankreich im 17. Jahrhunderts durchaus gebräuchlich und akzeptiert gewesen sein soll.

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Ungewöhnlich an diesem Abend war ebenfalls, dass die französische Musik die in der Konzertmitte platzierte große Ode for St. Cecilia’s Day HWV 76 von Georg Friedrich Händel umrahmte und Adamske mit einer zwischengeschalteten Konzertpause das Händel-Werk in zwei getrennte Teile zerlegte. Außerdem wurde der Tenor als Fernsänger mal kurz in die Ebene 15 geschickt, um der Stimme aus der Höhe „Arise, ye more than dead“ eine passende Richtung zu verleihen. Großartig sang der Monteverdi-Chor auch dieses vor Theatralik nur so strotzende Händel-Werk und erhielt zurecht viel Applaus nach der Schluss-Fuge „The dead shall live, the living die“.