Hamburg. Von TikTok in die Barclays Arena: Elif Akar begeistert mit Power-Popsongs, Blütendeko und Kerzenlicht. Ernste Themen und große Emotionen inklusive.
Die Zielgruppe des Konzerts zeigt sich direkt am Einlass. Da wird das Publikum mithilfe von Schildern geteilt in jene, die unter 14 Jahre alt sind und in Begleitung kommen. Und in die Älteren. Ein süßlich-betörender Duft zieht sich durch die Barclays Arena.
Und die Fans, größtenteils Frauen, haben sich schick gemacht. Bis hin zum Ballkleid. Die Haare gestylt, das Make-up top. Alles für ihr Idol. Für Ayliva. Und auch für sich selbst. Denn die Sängerin feiert ein junges weibliches Lebensgefühl wie aktuell kaum eine andere deutsche Popkünstlerin.
Ayliva 2024 unterwegs auf Tour: Von TikTok in die Barclays Arena in Hamburg
Ayliva ist ein absolutes Phänomen unserer Zeit. Tief in der Pandemie, Ende 2020, sorgte sie mit Gesangsvideos auf Instagram und TikTok für Aufmerksamkeit. Bereits zuvor hatte Elif Akar, so ihr bürgerlicher Name, in ihrem Jugendzimmer in Recklinghausen eigene Songs geschrieben, hatte Keyboard, Geige und Gitarre spielen gelernt.
Mittlerweile hat sie drei Alben veröffentlicht. Und die Superlative reihen sich aneinander: mehrfach Platz 1 der Charts, Streamingrekorde, Goldstatus, ein Bambi. Sie sang im Vorprogramm von Soulstar Alicia Keys. Und sie kollaborierte höchst erfolgreich mit den Rappern Apache und Mero.
Nun ist sie also mit ihrem aktuellen Album „In Liebe“ auf Tour. Die Arena im Volkspark ist an diesem Dienstagabend ausverkauft. Am 1. Oktober wird sie an derselben Stelle ein zweites Konzert in Hamburg geben.
Emotionen im Kollektiv fühlen – Ayliva begeistert Hamburger Publikum
Von Anfang an zeigt sich, warum die 26-Jährige mit ihren Songs einen Nerv trifft. Sie eröffnet die Show mit den Worten „Liebes Tagebuch“. Ein Vertrauen. Eine Intimität. In einem pastellfarbenen Kleid hockt sie in einer sich öffnenden weißen Blüte und intoniert mit starker Stimme ihre Nummer „Traum“ – eine sinnliche Liebeskummer-Ode. „Haaaaamburg“, ruft sie dann laut und wird mit heftigem Kreischen begrüßt.
„Ihr dürft heute Abend weinen. Ihr dürft lachen. Ihr dürft alles verarbeiten“, erklärt Ayliva. Gemeinsam im Chor lassen die Fans und ihr Star alles raus. Zu viel Gefühl? Gibt es nicht. Wort für Wort schreit die Menge eindringliche Power-Popsongs wie „Zwei Wochen“ und „Lieb mich“ mit.
Gänsehautmoment bei Konzert in Hamburg: Ayliva spricht über Tumor
Ayliva genießt ihren Auftritt sichtlich. Sie tanzt mal schwelgerisch, mal kokett. Ihre vierköpfige Band agiert souverän im Hintergrund, von Blütendeko umrankt. Der Fokus liegt ganz auf der jungen Popkünstlerin. Und natürlich singt sie auch „Deine Schuld“, ihren Durchbruchshit über eine toxische Beziehung. Ayliva steigt dabei, einen weißen Flügel spielend, aus dem Bühnenboden empor. Kerzen flackern um sie herum. Und die Fans singen inbrünstig mit, sodass Ayliva mitunter einfach lächelnd zuhört.
Besonders berührend: Aylivas Appell an das Leben, als sie von einer Tumorentfernung vor zwei Jahren erzählt. „Immer fehlst du“ widmet sie danach ihrer gestorbenen Großmutter und entfaltet dabei sehr viel wahrhaftigen Soul in ihrer Stimme.
Ihre Show setzt voll auf Emotionen und Energie. Sie singt gemeinsam mit einem sehr nervös-beglückten Mädchen aus dem Publikum. Zur Vergebungshymne „Scheine zählen“ regnen wiederum Rosenblätter von der Decke. Angesichts des Handylichtermeers zu „Weißes Haus“ erklärt sie: „Ich möchte, dass ihr heute Abend, wenn ihr in euren Betten liegt, darüber nachdenkt, wie viel Hoffnung es da draußen gibt.“
Aylivas Zugaben transformieren Barclays Arena zu Empowerment-Disco
Ayliva, das ist positiver Kitsch. Eine popkulturelle Utopie im Prinzessinnengewand. Eine Utopie mit Realitätscheck allerdings. Es geht um Selbstzweifel, um Schmerz und darum, miteinander zu wachsen. Immer wieder sucht Ayliva die Nähe zu ihren jungen Fans. Immer wieder verweist sie auf das Gute im Menschen. Immer wieder beschwört sie ihre Community.
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Mit dem heftig bejubelten „Lilien“ lässt sie dann ihre türkischen Wurzeln hochleben – inklusive Choreo im Bauchtanz-Style. Die Nummer leitet einen rhythmisch impulsiveren Teil der Show ein, der von einer tollen Tanzgruppe flankiert wird. Ayliva trägt mittlerweile ein feurig rotes Minikleid. Der Sound changiert zwischen Rap, RnB und Rock. Songs wie „Mörder“ entwickeln sich zu einem wilden Drama, bei dem Flammenfontänen in der Halle hochschießen. Und zum Finale kochen die Emotionen noch weiter hoch: Mit der Nummer „Bei Nacht“ gilt es, noch einmal alles herauszuschreien, aus tiefster Seele mitzusingen, zu fühlen. Die Zugaben „Nein!“ und „Hässlich“ geraten schließlich zu einer Art Empowerment-Disco. Ein guter Vibe. Für jedes Alter.