Hamburg. Der Dirigent Sir John Eliot Gardiner beendet seine Auszeit nach Eklat mit neuem Ensemble – mit ganz speziellem Timing.
Nachdem er im Sommer 2023 einen Sänger geohrfeigt hatte, weil dieser seiner Meinung nach in die falsche Richtung von einer Konzertbühne abgegangen war, hatte sich der britische Dirigent Sir John Eliot Gardiner von den Chefposten seiner Ensembles zurückgezogen und Läuterung gelobt. Diese Auszeit ist nun offenbar vorbei: Am 7. Dezember wird Gardiner zum ersten Mal mit seinen neu gegründeten Ensembles auftreten – im Großen Saal der Elbphilharmonie. Und mit ganz speziellem Timing.
Dort will der 81-Jährige mit „The Constellation Choir & Orchestra“ weihnachtliche Barockmusik von Charpentier und Bach aufführen. Eine Kombination, die es in sich hat: Mit demselben Programm wollte der Pionier der historischen Aufführungspraxis ursprünglich eine Woche später mit dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists nach Hamburg kommen. Im Juli hatten diese Ensembles und Gardiner nach 60-jähriger Zusammenarbeit ihre Trennung bekannt gegeben. Anstelle von Gardiner steht nun am 14. Dezember der französische Barockspezialist Christophe Rousset am Dirigentenpult – mit identischem Programm.
John Eliot Gardiner: Konzert-Comeback in der Elbphilharmonie
„In den letzten elf Monaten habe ich eine umfangreiche Therapie und andere Beratungen in Anspruch genommen und viel über mich selbst und mein früheres Verhalten gelernt“, hieß es im Sommer in einer Mitteilung Gardiners. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es für mich und für die MCO am besten ist, anzuerkennen, dass jetzt eine klare Veränderung in unserer Beziehung notwendig ist, zum Wohle beider Seiten.“
In einer Pressemitteilung sagt Gardiner jetzt zu seinem neuen Projekt: „Es ist mir eine große Freude, die Gründung von Springhead Constellation bekannt zu geben. Es ist ein einzigartiges neues Projekt, ein lebendiges Kollektiv aus Musikensembles, Künstlern und Kreativen. Den Kern bilden The Constellation Orchestra und The Constellation Choir, die ambitionierte, multidisziplinäre Konzertprojekte realisieren und weltweit auf Tournee gehen werden. (…) Ich bin sehr aufgeregt und dankbar, dass ich wieder mit so außergewöhnlichen Musikern zusammenarbeiten kann – ohne die wichtigen Lektionen zu vergessen, die ich im vergangenen Jahr gelernt habe und lernen musste.“
Rousset voller Vorfreude auf Zusammenarbeit mit den Monteverdi-Ensembles
Rousset zeigt sich unterdessen laut einer Pressemitteilung der Elbphilharmonie voller Vorfreude auf die Zusammenarbeit mit den Monteverdi-Ensembles: „Ich war von klein auf ein großer Fan des MCO und seines Gründungsdirigenten. Es ist ein großes Privileg, mit diesem wunderbaren ,Instrument‘ arbeiten zu dürfen.“
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Damit gibt es nun in der Elbphilharmonie die weltweit einmalige Gelegenheit, dieses Programm innerhalb kürzester Zeit in beiden Interpretationen zu hören, mit einer sehr besonderen Dirigentenkonstellation. Kundinnen und Kunden, die Karten für das Konzert am 14. Dezember gekauft haben, können den Termin auf Wunsch auch wechseln, teilte die Elbphilharmonie mit.