Hamburg. Sie ist die Queen des geschmackvollen Popsounds: Die tolle Róisín Murphy brachte den Stadtpark zum Tanzen. Und Support-Act Peaches?
Sowieso klar, dass die Leute im Stadtpark am Mittwochabend für Róisín Murphys Solo-Songs kamen. Die des hervorragenden neuen Albums „Hit Parade“, das ja bekanntlich ein Hamburger Album ist. Warum? Na, DJ Koze hat es produziert! „It‘s a bit like coming home“, sagte Murphy tatsächlich, als sie DJ Koze erwähnte. Das trancige „You Knew“, „Can’t Replicate“: Es war ein bisschen Rave-Alarm unter Spätsommer-Abendhimmel. Machte wirklich Spaß.
Und dennoch, den neuen heißen Kram hin oder her, auch „Róisín Machine“ kam etwa mit „Simulation“ zu seinen Ehren: Wer nicht ernsthaft vor allem den (gefühlten) 90er-Jahre-Überhit „The Time Is Now“ erleben wollte, der ist entweder unverschämt jung. Oder halt DJ-Koze-Fan. Die saucoole Irin schenkte dem vollen Stadtpark mit ihrer fünfköpfigen Band auch Moloko-Songs, und die Crowd dankte es ihr.
Róisín Murphy im Stadtpark: Konsequent durchgetanzt
Murphy, gewandet in wechselnde fancy dresses, legte mit ihrer Stimme Soul in die Songs, die an diesem Abend schon früh großartig fiepten. Elektro-Elemente sind der Kitt ihres geschmackvollen Popsounds, in Hamburg wurde im Stadtpark konsequent durchgetanzt. Einmal gab‘s den bezaubernsten Fanservice überhaupt: Sie verteilte großzügig Umarmungen in der Frontrow. Schöne Atmosphäre.
Das sehr tolle, so majestätische wie lässige „Something More“ geriet live zum mitreißend vorgetragenen Elektro-Pop. Und ihren größten Hit „Sing It Back“? Schüttelte den Stadtpark in einer grandios rhythmischen Version durch.
Vor Murphy begeisterte auch Elektro-Anarchistin Peaches
Murphy war im Rahmen des zweitägigen „Off Days“-Spektakels in Hamburg (und vorher Berlin) zu Gast. Am Dienstag hatten Marc Rebillet und Flying Lotus am gleichen Ort wie sie auf der Bühne gestanden.
Auch Murphy war nicht allein am Start. Vor ihr spielte die inzwischen 58-jährige, immer noch wilde Elektro-Anarchistin Peaches ein energetisches Set. Die feministische Ikone, die seit Langem in Berlin lebt, ist immer noch ein Live-Ereignis. Dennoch war sie zu Recht nur das Vorprogramm. Weil: Róisín Murphy ist halt Róisín Murphy.
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Peaches („Fuck the system/Make it crumble“) ballerte mit ihren Beats jegliche After-Work-Entspanntheit aus dem theoretisch wie immer schwerromantischen Freilichtbühnenrund. Hartes Zeugs, auch die halb nackten Tänzerinnen und Tänzer, die ekstatisch ihr Energielevel ganz oben einpegelten. Und eine freudig explizite Choreografie aufführten. Peaches („Fuck the pain away“), die gerne über Sex singt, hatte einen Ruf als Pop-Provokateurin zu verlieren. In Hamburg erfüllte sie alle Erwartungen. Zum Schluss trug sie, beinah zart, „Private Dancer“ vor.