Hamburg. Rund 86 Millionen Euro lässt sich die Stadt die Baumaßnahmen am Konzerthaus insgesamt kosten. Wo die Symphoniker stattdessen proben müssen.
Jeden Frühsommer findet in der Laeiszhalle das Martha Argerich Festival statt. Nur in diesem Jahr schwärmt das Festival in die Stadt aus und bespielt andere Orte. Das Haus am Johannes-Brahms-Platz ist nämlich geschlossen. Das neobarocke Schatzkästchen, traditionsreiches Gegenstück zur Elbphilharmonie und in den Worten von Kultursenator Carsten Brosda ein „Konzerthaus von internationalem Rang“, soll zukunftsfähig gemacht werden. Schon seit 2020 und noch bis 2027 finden in den sommerlichen Spielzeitpausen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten statt. Dieses Jahr dauert die Schließphase allerdings etwas länger.
Laeiszhalle Hamburg wird für viel Geld zukunftsfähig gemacht
Daniel Kühnel ist davon nicht nur als Festival-Initiator betroffen, sondern auch in seiner Eigenschaft als Intendant der Symphoniker Hamburg, des Residenzorchesters der Laeiszhalle. Und freut sich trotzdem. „Es ist für uns toll, dass die Stadt zu dem Haus steht“, sagt er. „Die Pläne wurden frühzeitig mit uns abgestimmt, deshalb können wir die Schließung organisatorisch gut auffangen.“ Anfang der Saison stehen auswärtige Konzerte und eine Aufnahme an; zum Proben weicht das Orchester bis Oktober ins Forum der Musikhochschule, in den Miralles-Saal und in die Staatsoper aus.
Das Gesamtmaßnahmenpaket für die Laeiszhalle hat laut einer Senatsdrucksache vom vergangenen Mai einen Kostenumfang von rund 86,3 Millionen Euro. Der Betrag wird über einen Zeitraum von 20 Jahren auf die Miete umgelegt. Der Deal ist Teil des sogenannten Mieter-Vermieter-Modells, zu dem das Konzerthaus seit 2020 ebenso wie diverse andere Kulturimmobilien gehört.
Diesen Sommer ist der Große Saal der Laeiszhalle dran mit Baumaßnahmen
Die Konstruktion geht so: Eigentümerin ist jeweils eine Tochtergesellschaft der Stadt, die Kulturbehörde mietet das Gebäude und überlässt es dann ihrerseits den Kulturinstitutionen. Ziel ist es, durch die Mietzahlungen Planungssicherheit für die mittel- und langfristige Sanierung und Instandhaltung zu erreichen.
Diesen Sommer ist eine Reihe von Arbeiten im und um den Großen Saal vorgesehen. „Dabei geht es darum, die Technik auf den neuesten Stand zu bringen und zugleich die herausragende Architektur des denkmalgeschützten Gebäudes zu bewahren“, sagt der Kultursenator. „Bei dieser Sanierung greifen Tradition und Moderne auf besondere Weise ineinander.“ Auf der Liste stehen so profane Dinge wie Brandschutz und Sanitäranlagen, auf Wunsch der Elbphilharmonie Laeiszhalle Betriebsgesellschaft als Betreiberin des Hauses werden aber auch Bühnenbeleuchtung, Klimaanlage und Belüftung modernisiert.
Eine spektakuläre Neuerung wird es in der Laeiszhalle geben
Von vielem wird das Publikum zwar kaum etwas merken, die Musikerinnen und Musiker dafür umso mehr. So soll die Garderobensituation verbessert werden. Wer je backstage erlebt hat, wie ein schwarzbestrumpfter Kontrabassist auf dem Flur hinter seinem Instrumentenkasten verschwand, um in die Frackhose zu steigen, dem wird der Bedarf unmittelbar einleuchten.
Für die Öffentlichkeit sichtbar wird indessen die Veränderung der Bühnenrückwand. Bereits im vergangenen Sommer hat man die Beckerath-Orgel aus dem Jahre 1951 ausgebaut. Stattdessen soll das ursprüngliche Instrument aus der Ludwigsburger Orgelbauwerkstatt Walcker rekonstruiert werden, mit dem die Laeiszhalle 1908 eröffnet wurde. Das ist im Moment noch Zukunftsmusik, konkret, Musik für das Jahr 2026. Diesen Sommer ist zunächst die hölzerne Verkleidung dran, und die wird spektakulär anders als gewohnt: Anstelle der pastellfarbenen Schleiflackoptik soll der originale Holzton wiederkehren. Und zusätzlichen Platz für Chorsängerinnen und -sänger gibt es auch, wie früher. Wie der Saal nach der Rekonstruktion der Chorwand aussehen werde, darauf sei er besonders gespannt, sagt Kultursenator Brosda.
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Laeiszhalle Hamburg: Erstes Konzert der Saison am 8. Oktober
Ob das auch alles hinhaut mit dem Zeitplan – von der Zuverlässigkeit des Baugewerbes kann ja selbst mancher Laubenbesitzer ein Liedchen pfeifen – , das hängt von der Sprinkenhof AG ab. Die ist nicht nur Eigentümerin der Laeiszhalle über das städtische Schachtelkonstrukt, sondern macht auch das Projektmanagement. „Wir haben jeden Sommer die Spielzeitpause für die Arbeiten genutzt. Das hat funktioniert, auch wenn der Zeitplan eng war“, lässt das Unternehmen mitteilen. „Es ist ein ambitioniertes Vorhaben. Wir haben nur wenig Zeit, da müssen die Gewerke auch so kommen, wie sie bestellt sind. Man hat man immer Unwägbarkeiten, das ist ganz normal. Dafür planen wir Puffer ein.“
Das erste Laeiszhallen-Konzert der neuen Saison soll am 8. Oktober stattfinden. Die Symphoniker dürfen schon einen Tag früher hinein – zum Proben.