Hamburg. Werke von Brahms und Mozart im Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte: Das i-Tüpfelchen des Abends brauchte 30 Finger.
Auf seiner Reise durch prägende Orte der Stadt stattete das Martha Argerich Festival in diesem Jahr auch Johannes Brahms einen Besuch ab. Die Laeiszhalle, eigentlicher Festival-Spielort, ist wegen Sanierung geschlossen. Sie liegt in der Nähe des Gängeviertels, wo Brahms in der nicht mehr existierenden Speckstraße 1833 geboren wurde. Jetzt gab es ein Konzert im Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte am Holstenwall, ebenfalls in unmittelbarer Nähe zu Brahms‘ Heimat. Auf dem Programm: fast ausschließlich Brahms und Mozart mit Martha Argerich und Lilya Zilberstein.
Martha Argerich Festival: Dieses Konzert war eine Familienangelegenheit
Dieses Konzert war eine kleine Familienangelegenheit. Als dritter Pianist trat Anton Gerzenberg auf, Sohn von Lilya Zilberstein. Und aus der „Familie der Symphoniker Hamburg“ kamen die anderen Musiker. Den Auftakt mit Brahms spätem Klarinettentrio gestalteten der Soloklarinettist der Symphoniker Hamburg Frederik Virsik mit der Cellistin Theresia Rosendorfer und Lilya Zilberstein. Spannungsvoll, mit berührender Intensität wehten die melancholischen Klarinetten-Melodien durch den überdachten Innenhof des Museums. Die etwas problematische hallige Akustik lässt Strukturen aber leider oft verschwimmen im Forte.
Ein schöner Programmpunkt dann einige Ungarische Tänze: Hört man sie meist als Orchesterversion, gab es hier mit Lilya Zilberstein und Anton Gerzenberg das vierhändige Klavier-Original. Mutter und Sohn sind ein gut eingespieltes Team. Feurig-virtuos kamen die vielen folkloristischen Anklänge herüber, elegant die typischen Temposchwankungen.
Martha Argerich: Charmant die Zugabe mit 30 Fingern
Nach der Pause zeigten der Solo-Hornist der Symphoniker Péter Gulyka und Konzertmeister Adrian Iliescu bei Brahms‘ Horntrio einmal mehr, was für großartige Musiker in dem Orchester versammelt sind. Gemeinsam mit Anton Gerzenberg balancierten sie souverän die Kontraste von satt-wuchtigem Sound und den sehnsüchtigen romantischen Hornklängen.
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Mozart als i-Tüpfelchen zum Schluss. Sprühend servierten Martha Argerich und Lilya Zilberstein die vierhändige C-Dur Sonate KV 521. Tempomäßig drehten sie manchmal ein bisschen arg auf. So war am wirkungsvollsten und am besten für die Akustik das zarte Andante. Hier konnte die Musik ganz organisch fließen, Linien wurden in allen Lagen klar, und es stellte sich ein Zauber ein. Charmant auch die Zugabe mit sechs Händen und 30 Fingern: Eine Rachmaninow-Romanze, bei der sich Anton Gerzenberg zu den beiden Pianistinnen gesellte. Viel Jubel!