Hamburg. Sprechende Vierfüßler, rammelnde Hengste, eine verliebte „Tierkommunikatorin“: Comedienne Helene Bockhorst gibt Zucker und eine Lesung.
Die Danksagung nach dem letzten Kapitel des Romans ist zuerst an eine Islandstute namens Fina adressiert. Das musste dann schon sein. Das Herz dieser Frau hängt an jenem Tier. Und wer Helene Bockhorst, die in Hamburg-Harburg geborene Comedienne und Autorin („Die beste Depression der Welt“) auf der Bühne und bei TV-Auftritten erlebt hat, der weiß, dass sie auch gerne einen vom Pferd erzählt. Das tut sie jetzt in Buchform sehr ausgiebig und, wenig überraschend, auf amüsante Weise. „Der Supergaul. Kein Pferderoman“ ist dabei fraglos aber dennoch genau das: ein Pferderoman. Und ein Arztroman gleich noch dazu.
Doppelt hält besser. Helene Bockhorst, 2018 die erste weibliche Gewinnerin des Hamburger Comedy-Pokals, gelingt in ihrem neuen Buch perfektes Groschenheft-Entertainment mit dem, was man dann wohl Augenzwinkern nennt. Apropos, man müsste schon Scheuklappen vor den Augen haben, übersähe man die Bühnenschule, durch die Bockhorst gegangen ist, auch in diesem Roman: Die Gags sind gut gesetzt.
„Der Supergaul“ von Helene Bockhorst: Eine, die neurotischen Pferden auf die Sprünge hilft
In dem Buch geht es um Berenice, die als angebliche „Tierkommunikatorin“ vorgibt, mit neurotischen Gäulen telepathisch Kontakt aufnehmen zu können. Sie ist quasi die Pferdeflüsterin schlechthin und erzählt den Leuten das, was deren Pferde ihnen angeblich zu sagen haben. Wo wir schon bei Robert Redford sind, der im „Pferdeflüsterer“ tierische Empathie auf die Hollywoodleinwand brachte: Veterinärmediziner Dr. Kai Lazik, das love interest der Heldin, sieht auch ganz gut aus. Also steigt ihm Berenice alsbald hinterher. Was kein leichtes Unterfangen ist: Der Tierarzt mag keine Scharlatane.
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Zu Liebeshandlungen kommt es aber doch, und zwar auch zwischen Pferden. Damit die grundsätzliche Action aber erst mal anfängt, muss ein Tier verschwinden, der amtliche Supergaul Rennbrandt nämlich. Dass da ein Verbrechen zu vermuten ist, macht Bockhorsts Buch zusätzlich noch zu einem Krimi. Und ein Entwicklungsroman ist es irgendwie dann auch noch. Weil: Handelt ja auch von den inneren Konflikten einer notorischen Lügnerin, dieser süffige Stoff mit den situationskomischen Pointen und dem absurden Knallhumor.
Neuer Roman „Der Supergaul“: Auf der Suche nach Pferd und Sex
Die Heldin Berenice hat auf ihrer Suche nach Pferd und Sex immer wieder Zwiegespräche mit einem Pony. Also, jetzt „wirklich“, in der Realität des Romans zumindest. Auf die Spur des Rennbrandt-Verbrechens gerät die Schelmin mit Skrupeln ja erst, als das Shetlandpony Alvin ihr Beine macht und sie auf die Fahndung nach dem anderen Gaul schickt. Angemessen bescheuert, nicht wahr? Aber in der Logik der Grundidee, dass hier eine Frau den guten Glauben tierliebender Schnösel mit ihrer Quacksalberei ausnutzt, selbstredend der glänzende Plot-Twist: Plötzlich spricht ein Tier zu der, die behauptet, zu Tieren sprechen zu können.
Manche Witze könnte man schal finden, aber Humor ist wie so vieles Ansichtssache, darauf fünf Euro ins Phrasenschwein. Bockhorst vertraut in zwischenmenschlichen Dingen übrigens aufs Derbe, und das geht umso besser, als die Tierwelt ja eigentlich im Mittelpunkt steht, da kann man es sprachlich dann richtig krachen lassen. Trifft ein Shetland-Pony auf eine Artgenossin und macht Liebe: „Alvin steigt auf den Hügel, springt von da auf die Stute auf und fängt an, sie zu rammeln, als gäbe es kein Morgen. An der routinierten Art, wie die Stute sich an den Hügel presst, damit Alvin es leichter hat, merkt man, dass sie das nicht zum ersten Mal machen. Dennoch scheint es ihnen nach wie vor Vergnügen zu bereiten; die Geräusche, die die beiden von sich geben, lassen mich an einen Exorzismus denken.“
Am Ende ist dieser Unterhaltungsroman ein bisschen zu lang, aber wer den Bockhorst-Sound mag, kommt bestens auf seine Kosten. Weil übrigens von Saumagen und Weinfesten die Rede ist, könnte „Der Supergaul“ tatsächlich in der Pfalz angesiedelt sein. Dort lebt die Hamburger Hobby-Reiterin seit ein paar Jahren. Am 8. Juli ist sie in der alten Heimat zu Gast und stellt „Der Supergaul“ im Schmidtchen vor.