Tiertrainer: Monty Roberts zeigte seine Künste in Elmshorn. In der Fritz-Thiedemann-Halle war kein Platz mehr frei - alle wollten den Mann sehen, der schwierigste Vierbeiner bändigt.

Elmshorn. Ausnahmezustand beim Holsteiner Verband. Die lebende Legende Monty Roberts, der "Pferdeflüsterer" aus Kalifornien, "der Mann, der die Pferde versteht", wie der Titel seines vor zehn Jahren erschienen und mit Robert Redford verfilmten Buches lautet, machte bei seiner Deutschland-Tournee Halt in Elmshorn und zog die Massen an. Die Fritz-Thiedemann-Halle war ausverkauft. Rund 1200 Schaulustige aus ganz Norddeutschland strömten herbei, um dem Pferde-Magier bei seiner Arbeit zuzusehen. Sigrun Winter vom Verband verkaufte noch eifrig Stehplatzkarten, um dem Andrang Herr zu werden.

In der Halle wartete der Meister und zeigte sich aufgeräumt. Er sei gerne wieder nach Norddeutschland gekommen, erzählte der 70jährige. Vor einem Jahr sei er in Sottrum bei Bremen gewesen, und es habe ihm gut gefallen, sagte er auf Englisch ins Publikum, was simultan auf Deutsch übersetzt wurde. Dann ließ er das erste Pferd in die Manege holen, die vorsichtshalber von einem Metallgitterzaun umgrenzt war.

Es war die drei Jahre alte Stute "Baby", die Maik Rohde (28) aus Tornesch vor drei Monaten erworben hatte. "Wir haben das Tier vor dem Schlachthof gerettet", berichtete der Automatentechniker. Bislang habe er nie gewagt, das Pferd zu satteln, geschweige denn zu reiten. Es bockte, sobald er nur mit einer Decke in die Nähe des verstörten und traumatisierten Tieres kam, erzählte Rohde. Ein klarer Fall für Monty Roberts, dem er bereits am Vormittag das Pferd gezeigt und der insgesamt sieben Pferde für seine Show am Abend ausgesucht hatte.

Zunächst durfte Andrea Kutsch aus Hamburg ihr Glück bei "Baby" versuchen, die Roberts in seine Technik der gewaltlosen Dressur eingeweiht hat. Weltweit unterhält der Pferdeflüsterer Schulen, die in seinem Sinne schwierige Pferde zu erziehen versuchen, "ganz ohne Peitsche, ohne Anwendung von Gewalt und ohne zu schreien", beschreibt Roberts die Grundregeln dabei. "Man muß mit den Pferden in ihrer Sprache sprechen. Denn ein Pferd ist kein Auto. Jedes Tier hat seinen eigenen Kopf."

Doch Andrea Kutsch schafft es nicht allein. Die Tornescher Stute "Baby" bockt, tobt und springt wie verrückt hin und her und tritt gegen den Zaun, als sie gesattelt wird. Nun kommt Roberts, der sich die Szenerie von außen anschaute und unterhaltend kommentierte - "Baby, du könntest im Rodeo auftreten" - in den Käfig. Ganz ruhig bindet er dem störrischen Tier lange Bänder um, mit denen er es nun hin und her dirigiert. Das Pferd scheint wie ausgewechselt, bleibt ruhig, gehorcht dem Mann, der es mal in diese und dann wieder in die andere Richtung lenkt und dabei leise und beschwörend auf Publikum und Pferd einspricht.

Nun nimmt der Pferdeexperte Sattel und Zaumzeug ab und läßt das Tier frei laufen. Das Pferd bleibt stehen, offenbar überrascht über die unerwartete Freiheit. Roberts nähert sich, streichelt das Tier kurz am Kopf und entfernt sich wieder. Das Pferd ist beeindruckt, scheint die Liebkosung zu mögen und trottet artig hinterher. Wieder kehrt Roberts zurück, krault dem Pferd am Ohr und verschwindet wieder ein Stück. Das Pferd läuft ihm nach, sucht ihn. Da haben sich zwei gefunden. Doch die Show ist aus, es warten noch sechs andere störrische Pferde, die gezähmt und denen die Angst vor dem Anhänger genommen werden soll. Besitzer Rohde ist beeindruckt: "Das macht mir Mut, es jetzt mal selber auszuprobieren. Ich hätte auch nicht gedacht, daß mein Pferd so ausflippt."

Monty Roberts schreibt jetzt fleißig Autogramme. Seine Fans, die Eintrittspreise von 42 Euro die Karte nicht geschreckt haben, stehen Schlange, kaufen scharenweise seinen Fünf-Millionen Beststeller, Videos oder Pferdeausrüstung.

1989 war der Wendepunkt im Leben von Roberts, der viele Jahre als Stuntman gearbeitet hat. Britanniens Königin Elisabeth II holte ihn an den Hof, um ihre Pferde von ihm trainieren zu lassen. Sie überzeugte ihn auch, das Buch zu schreiben und vermittelte ihm Verleger. Noch heute sind sie befreundet und Roberts darf in ihrem Schloß wohnen und sich um die Pferde kümmern. Die gewaltfreie Erziehung, die er seinen Tieren angedeihen läßt, hat bei ihm einen persönlichen Hintergrund. Sein brutaler Vater habe ihm "70mal die Knochen gebrochen, bevor ich in die Pubertät kam", sagte er in einem Interview.