Hamburg. Radiohead-Kopf Thom Yorke trat mit seiner neuen Band vor glücklichen Fans auf. Die bejubelten die Songs, deren Beats – und den Meister.
- The Smile verbinden sich beim Konzert im Hamburger Stadtpark mit der Fangemeinde.
- Thom Yorke, der Kopf der Band, sprach quasi gar nicht. Aber er wiegte sich im Rhythmus seiner Lieder und dirigierte das Publikum.
- Das Konzert bot die Vibes, die das Elbjazz Festival vermissen ließ.
Vor Konzertbeginn am Sonnabendabend mussten sich die sehr erwachsenen Leute, die für The Smiles sehr erwachsene Musik zur Stadtparkbühne gekommen waren, kräftig vollregnen lassen. Fühlte sich ganz stark nach Einregnen an, mit womöglich stundenlanger Nässefortsetzung. Fühlte sich natürlich nicht ganz falsch an, dass der Himmel weinte. Die Songs von The Smile sind wie die von Radiohead auch grundsätzlich am und zum Heulen. Zum Heulen schön.
Radiohead ist die Musik für sensible Gemüter, die introspektive Texte und komplexe Kompositionen mögen; und dabei dennoch nie das Gefühl haben, etwas anderes als Popmusik zu hören. Mit The Smile verhält es sich genauso. Logisch, Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood ist ja auch The-Smile-Gitarrist. Und Radiohead-Kopf Thom Yorke ist auch der The-Smile-Kopf. Thom Yorke ist bekannterweise das Genie, das hinter Stücken wie „Everything In Its Right Place“ und „Reckoner“ (und dergleichen mehr) steht. Die beiden bisher erschienenen The-Smile-Alben „A Light For Attracting Attention“ und „Wall Of Eyes“ sind nicht schlechter als die kanonischen Radiohead-Alben.
The Smile im Stadtpark: Um Viertel nach acht wurde angejubelt – da war er, Thom Yorke!
Was ist also anders? Selbst wenn The Smile Folk-Anleihen nehmen, beim Psychbeat-Rock (oder wie man das nennen will) eh, ist der Jazz-Angang nicht zu überhören. Manchmal klingen Tom Skinners Drums auch nach Afrobeat, jedenfalls ist der rhythmusbasierte Sound von The Smile fantastisch.
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Auch im Stadtpark, der an diesem Abend gut gefüllt war und um Viertel nach acht von einem ersten glücklichen Anjubeln erfüllt wurde. Thom Yorke betrat die Bühne. Thom Yorke! Da materialisierte sich dieser Konzertabend, da personalisierte er sich: Der Magier aus dem verwunschenen Reich britischen High-End-Songwritings war tatsächlich in der Stadt. Und hatte den Leuten fast alle Stücke der beiden „The Smile“-Alben mitgebracht, „Wall of Eyes“, „The Opposite“, ruhige Nummern wie den „Peaky Blinders“-Soundtrack „Pana-Vision“, Rocksongs wie „You Will Never Work in Television Again“.
The Smile im Stadtpark: Der Meister verband sich mit der Gemeinde
Es war stellenweise alles ein einziger, ineinander übergehender Song, Yorke sprach quasi gar nicht. Aber er wiegte sich im Rhythmus seiner Lieder. „Niedlich“ wäre niemals ein Wort, das einem für Thom-Yorke-Kunst einfiele. Und doch war das, nur für die Winzigkeit eines Augenblicks, die ganz kurz aufblitzende Vokabel. Yorke dirigierte das Publikum, der Meister verband sich mit der Gemeinde, die gekommen war, um ihn zu sehen und zu hören.
Dabei waren die anderen Musiker genauso eine Offenbarung. Die Jazzvibes – eine Hamburger Ironie an diesem Wochenende: beim Elbjazz wurde der Jazz enttäuschenderweise ausgespart – und der hypnotische Schönklang, es passte wenig überraschend auch live alles zusammen. „We Don‘t Know What Tomorrow Brings“ war einer der Höhepunkte eines auf seine Weise leuchtenden Abends, dessen Grundierung Thom Yorkes Basslinien und dessen himmlischer Überbau Thom Yorkes Gesangslinien waren.
Schon kurz vor Konzertbeginn hörte der Regen auf, das Publikum (Altersschnitt: 50, in etwa) konnte den Regenschutz ablegen. Und es klarte dann später sogar richtig auf. Wenn auch nicht ganz.