Hamburg. Hamburger Star-Pianist gibt umjubeltes autobiografisches Konzert. Was Wendt im Anschluss noch mit dem Bürgermeister zu klären hat.

Eine Videokamera projiziert jede Tastenbewegung auf die Leinwand hinter dem Flügel. Auch die Besucherinnen und Besucher im obersten Rang können so optisch spüren, mit welcher Virtuosität Joja Wendt spielt. Fliegend wechselt der 59-jährige Pianist zwischen Jazz, Blues, Pop und Klassik – dies hätte gereicht, um über ein grandioses Konzert in der Laeiszhalle zu berichten. Doch Joja Wendt leistet mehr, viel mehr.

Hamburg: Joja Wendt reist mit Laeiszhallen-Publikum bis nach China

In seinem Programm „Spiel doch mal leiser“ verwebt Wendt in der ausverkauften Laeiszhalle seine Autobiografie mit seiner Kunst am Flügel. Er nimmt sein Publikum mit nach Istanbul, wo der gebürtige Hamburger als drittjüngstes von neun Kindern aufwuchs, weil sein Vater dort als Chefarzt arbeitete.

Mit Wendt geht es zurück in die Hamburger Boogie-Woogie-Kneipen der 1980er-Jahre. Und nach Frankreich, wo Wendt sein Klavier in einem VW-Bulli mitnahm. Wie der Bus schnaufend die Kassler Berge bezwang, demonstriert er am Flügel. Dank ausfahrbarer Beine bewegt sich der Korpus passend. Die musikalische Reise führt bis nach China, wo Wendt 2009 den „Ping-Pong-Song“ in der fernöstlichen Ausgabe von „Wetten dass“ in die Tasten haute, während zwei Ex-Weltmeister auf dem zugeklappten Flügel Tischtennis spielten.

Der Hamburger Pianist Joja Wendt spielte in der ausverkauften Laeiszhalle.
Der Hamburger Pianist Joja Wendt spielte in der ausverkauften Laeiszhalle. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

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Joja Wendt in der Laeiszhalle: „Das kläre ich mit dem Bürgermeister“

Wendts Auftritt kennt keine Längen, er ist auch ein begnadeter Entertainer. Als sich ein Ehepaar wenige Minuten nach dem Beginn des Konzerts durch die Reihen quetscht, fragt er nach dem Grund der Verspätung. „Der Bus ist nicht gekommen“, antwortet die Frau. Worauf Wendt kontert: „Das kläre ich morgen mit dem Bürgermeister.“

Und das ist nur bedingt ein Spruch. Bekanntermaßen spielte Wendt bei einem seiner umjubelten Konzerte in der Elbphilharmonie mal vierhändig mit Peter Tschentscher. An diesem Abend in der Laeiszhalle darf ebenfalls ein Zuschauer namens Peter („Ich komme aus Lübeck“) mit ihm an den Flügel, Wendt hatte zuvor um Handzeichen der Zuschauer gebeten, die noch nie Klavier gespielt haben. Ein paar Sekunden erklärt Wendt seinem Gast, welche Tasten er bedienen soll. Und in der Tat: Selbst dies gelingt.

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Am Ende erzählt Wendt noch, wie er als Schüler von Joe Cocker in der Musikkneipe Sperl am Großneumarkt entdeckt wurde. Cocker imponierten Wendts Improvisationskünste so sehr, dass er ihn ins Vorprogramm seiner Deutschland-Tour holte. Jetzt ist es Wendt, der Talenten eine Chance gibt. An diesem Abend darf die Cellistin und Singer-Songwriterin Fidi Steinbeck mit dem Meister konzertieren.

Mit dem Dschungelbuch-Lied „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ klingt dieser wunderbare Abend aus, ehe sich Wendt mit dem Prince-Song „Purple Rain“ endgültig verabschiedet. Wendt verneigt sich ein letztes Mal, wirkt angesichts der Standing Ovations gerührt: „Das war großartig mit Euch.“

Wer für ein Wiedersehen zu den drei (!) Neujahrskonzerten am 5. Januar 2025 in der Elbphilharmonie noch keine Tickets hat, hat im wahrsten Sinne des Wortes schlechte Karten – alle Auftritte sind ausverkauft. Immerhin: Für Wendts nächstes Heimspiel in der Laeiszhalle am 25. März 2025 (ab 33,90 Euro) gibt es noch Tickets.