Hamburg. Das Interesse an dem US-Sound ist groß. Dazu haben auch Pop-Superstars beigetragen. Warum es der Cowboyhut dennoch schwer hat.

Wird Hamburg zur Außenstelle der Country-Hochburg Nashville? Ein Blick in den Konzertkalender könnte das vermuten lassen, denn in den nächsten Tagen kommen gleich drei prominente Sänger und Sängerinnen sowie eine Band in die Hansestadt. Das Konzert von Jon Pardi am 29. April in der Fabrik ist bereits ausverkauft, Karten gibt es noch für Charles Estens („Nashville“) Auftritt am 3.5. im Grünspan, für die Mavericks am selben Tag in der Fabrik sowie für Kacey Musgraves am 6.5. im Docks.

„Hamburg ist schon immer ein gutes Pflaster für Country-Musik gewesen“, sagt Oliver Hoppe vom Frankfurter Konzertveranstalter Wizard Promotions. Seine Firma veranstaltet drei dieser aktuellen Konzerte und hat in der Vergangenheit Dutzende von Country-Stars in Hamburg und Deutschland auf die Straße gebracht: Brad Paisley, Chris Stapleton, Garth Brooks, Tyler Childers, Luke Combs, Dolly Parton und viele mehr.

Taylor-Swift-Effekt: Wird Hamburg zur Country-Hochburg?

Dass Country hierzulande gerade so im Gespräch ist wie noch nie zuvor, hängt auch mit zwei amerikanischen Superstars zusammen, die in Hamburg waren oder nach Hamburg kommen: Beyoncé und Taylor Swift. Die afroamerikanische Sängerin, in Houston/Texas geboren, hat dem Genre durch ihr aktuelles Album „Cowboy Carter“ einen gehörigen Schub gegeben, die Platte rangiert auf Platz eins der Country-Charts in den USA. Die meisten Songs gehören zwar stilistisch zum Neo-Soul, doch mit „Texas Hold ‘Em“, dem Cover von Dolly Partons „Jolene“ und ein paar anderen Nummern nimmt Beyoncé den traditionellen Country auf, in dem es auch vor Jahrzehnten schon eine schwarze Sängerin namens Linda Martell gegeben hat, die Beyoncé ebenfalls zitiert.

Taylor Swift, die im Juli für zwei Stadionkonzerte nach Hamburg kommt, hat ihre Karriere als Country-Sängerin in Nashville begonnen. Ihr Debütalbum war die erste Country-Platte, die 2006 mit Platin ausgezeichnet wurde. Musikalisch hat sich Swift zwar in Richtung Pop entwickelt, doch ihre Liebe zum Country hat sie sich bewahrt.

Auch Top-Designer befördern den weltweiten Country-Trend

„Taylor Swift steht mit ihren selbst geschriebenen Songs für Echtheit und das ist ein wichtiges Kriterium für ihren Erfolg“, sagt Tim Affeld, Chefredakteur vom Magazin „Grazia“ und drei weiteren Frauenillustrierten. Affeld sieht durch Swift und noch mehr durch Beyoncé einen Modetrend verstärkt, den Designer schon seit geraumer Zeit kreieren. Cowboy Core ist der Trend des Jahres. „Labels wie Ralph Lauren und Isabel Marant sind führend und auch Pharrell Williams, Chef-Designer bei Louis Vuitton, setzen auf diesen Look mit Cowboyhüten, Leder und Stiefeln“, so Affeld. Fransen und Stickereien seien ebenfalls ein großes Thema. „Farblich sind Erdtöne wie Braun und Beige angesagt, Wildleder und Naturstoffe werden benutzt. Dahinter steht eine Rückbesinnung auf die Natur.“

Mit ihrem Album „Cowboy Carter“ hat Beyoncé es auf Platz eines der US-amerikanischen Country-Charts geschafft.
Mit ihrem Album „Cowboy Carter“ hat Beyoncé es auf Platz eines der US-amerikanischen Country-Charts geschafft. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | picture alliance / ASSOCIATED PRESS

„Country ist ein Lebensgefühl. Es steht für Entschleunigung, für Werte und die Liebe zu Heimat und Natur“, sagt Oliver Hoppe. „Country-Musik ist in den USA riesig, wird aber auch in Europa immer populärer, was die Streamingzahlen zeigen. Was Zuschauerzahlen bei Konzerten angeht, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Künstler, die in den USA Stadien füllen, treten in Deutschland in Clubs auf.“ Die sind jedoch voll, wie die Beispiele Pardi und Musgraves aktuell zeigen. Hoppe würde gern noch viel mehr der angesagten jungen Country-Stars über den Atlantik holen, doch das ist nicht so einfach. „Wir müssen Künstler davon überzeugen, sich in Europa ein zweites Karrierestandbein aufzubauen. Die Nachfrage bei jungen Künstlern, die nach Europa kommen wollen, nimmt jedoch zu. Namen kann ich noch nicht nennen, doch wir merken, dass sich unsere Arbeit der vergangenen zehn Jahre auszahlt.“

Mehr Kultur

Dass Country hierzulande immer mehr zum Thema wird, hat auch mit zwei Fernsehserien zu tun: „Nashville“, mit Charles Esten als der Hauptfigur Deacon Clayborne, lief bei Netflix und kann immer noch bei Amazon gestreamt werden. Die sechs Staffeln beschäftigen sich mit der Musikszene der Country-Hochburg in Tennessee. Sehr erfolgreich läuft gerade die Neo-Western-Serie „Yellowstone“ mit Kevin Costner als Groß-Rancher. Die ersten drei Staffeln gibt es seit Januar 2024 bei Netflix. „Diese Serien haben ebenfalls Einfluss auf das Country-Thema“, meint auch Tim Affeld: „Country gilt als cool. Beyoncé und Taylor Swift sind dafür wichtige Treiber.“ Allerdings glaubt Affeld nicht daran, dass sich der Cowboyhut in Deutschland durchsetzen wird: „Dafür sind wir modisch zu zurückhaltend. Viele Menschen fühlen sich verkleidet, wenn sie einen Cowboyhut tragen.“

Konzerte und mehr: Charles Esten, 3.5., 20 Uhr, Gruenspan, Karten 49,95; The Mavericks, 3.5., 20 Uhr, Fabrik, Karten 56,25; Kacey Musgraves 6.5., 20 Uhr, Docks, Karten 52,05; Country-Kleidung u.a. Riders Room (Thadenstraße 4), Stetson Store (Hermannstraße 40) und Billy‘s Westernshop (Caspar-Voght-Straße 42)