Hamburg. Im September gibt‘s endlich das Debütalbum. Und nach dem rotzfrechen „Blankenese“ wieder eine weitere Topsingle von der Pop-Sängerin.
Es war längst Zeit für ein NDW-Revival. Für eine neue Neue Deutsche Welle. Fiepende Fröhlichkeit, Synthesizer, Gitarren, deutsche Texte: Paula Carolina hat in sich längst die innere Nena entfesselt. Nur dass sie halt viel witziger ist. Und den ganzen tollen Kram aus den bunten Achtzigern nur nachträglich kennengelernt hat. Die 1999 im Hannoverschen geborene und dortselbst sowie im Allgäu aufgewachsene Musikerin hat bislang eine EP und einige Singles veröffentlicht. „Angst frisst Demokratie“ zum Beispiel, einen engagierten Anti-rechts-Song, nicht der einzige derzeit; leider aus Gründen.
Oder „Trophäe“, „Bitte Bitte“ und „Das Ende“; alles blitzblanke Songs, 80er-Jahre-Polituren. Jetzt gibt es, zusammen mit der Plattenankündigung – das Langstreckendebüt „Extra“ soll im September erscheinen –, wieder ein neues Stück, „Otto Normal“. An dem ist aber gar nix normal, ein Muttersöhnchen ist der Otto, sagte man mal „Hotel Mama“ dazu? Otto kann sich auch nichts anderes leisten: „Ich arbeite bei Hoffmann-Automobil/Seit 13 Jahren schon, ganz schön viel/Bei uns legt der Chef viel Wert auf Tradition,/deshalb zahlt er immer noch denselben Mindestlohn“.
Popsensation Paula Carolina: Bla-Bla-Bla-Blankenese
Steigert die Vorfreude, dieses Lied. Man muss das sicher nicht immer nur „Neue Deutsche Welle“ nennen, „Indierock“ tut‘s auch als Begrifflichkeit. Paula Carolinas – Ahnentafel-Info: Der Dirigent Eugen Jochum ist einer ihrer Vorfahren – absoluter Tophit ist freilich ein Lied mit dem unschlagbaren Titel „Blankenese“. Auf Spotify hat die Sängerin, die in Mannheim lebt, bereits knapp eine halbe Million Hörerinnen und Hörer, ihr wird allenthalben eine große Karriere vorausgesagt.
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In Hamburg hat sie diese Karriere spätestens seit ihrem Aufritt mit „Blankenese“ bei „Inas Nacht“ vor ein paar Monaten. Wie in „Polonaise Blankenese“ irgendwie, einerseits: „Blankenese“ als Wort hat einfach einen guten Klang, vor allem wenn man es wie Paula Carolina so unfassbar gereizt in die Welt hinausschreit: „Bla-Bla-Bla-Bla-Blankenese“. Blankenese ist in dem Gute-Laune-Stück – das natürlich auch eine rotzfreche Gemeinheit über Hamburgs Vorzeige-Idylle an der Elbe ist – aber auch einfach nur Chiffre und Symbol für saturiertes Reichbürgertum. Das kann auch in Bayern leben, selbstgerecht und ignorant. „Alle reden nur noch vom Artensterben/Deine Tanten fliegen, ohne rot zu werden/Von Kempten an den Chiemsee/Aber was du nicht verstehst/Die juckt da überhaupt nichts/Außer ihr‘m Mückenstich/Klimawandel gibt‘s doch nicht/Alles, was sie sagen, klingt wie/Nananananana“.
Paula Carolina: Im Oktober tritt die Musikerin in Hamburg auf
Man könnte diesen Song gewordenen Ausbund von Heiterkeit also auch eminent politisch nennen. Auf die Letzte Generation sind Zeilen wie diese aber nicht gemünzt: „Ja, alle wissen‘s besser/Aber keiner macht Randale/Und du willst was verändern/Doch keiner ist mehr da, da“.
Mensch, der Song hat alles, was das junge Herz begehrt, aber auch, was das alte Herz wieder zum Schlagen bringt. Wenn Paula Carolina so weitermacht, wird sie über den Sommer noch zwei, drei weitere Singles veröffentlichen. Wir warten auf die und dann auf das ganze Album. Am 29. Oktober spielt sie im Uebel & Gefährlich. Gehen wir hin.