Berlin. Die Alte Nationalgalerie in Berlin zeigt „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“. Was Hamburger dort neu entdecken können.
- Caspar David Friedrich ist dieser Tage bei Kunstfreunden so beliebt wie nie zuvor
- In Hamburg sorgte die Ausstellung „Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit“ für Rekorde
- Nun sind die Werke des Romantik-Malers in der Alten Nationalgalerie in Berlin zu sehen
- Und die Ausstellung unterscheidet sich in einigen Punkten von der in der Hamburger Kunsthalle
Auf den Maler der Küsten, Segler, Felsen, Sonnenuntergänge und Mondlichter können sich in diesem Jahr alle einigen. Nach dem außergewöhnlichen Erfolg der Ausstellung „Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit“ in der Hamburger Kunsthalle steht nun in Berlin die zweite große Jubiläumsausstellung anlässlich des 250. Geburtstages des Romantik-Malers an. Und auch sie dürfte ein Blockbuster des Ausstellungsjahres werden.
Als zweite Station der Museumskooperation zeigt die Alte Nationalgalerie in Kooperation mit dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin vom 19. April bis zum 4. August „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“. Ab dem 24. August folgen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Caspar David Friedrich: Berlin setzt anderen Fokus als Hamburg
Die drei Häuser haben die bedeutendsten Werke Friedrichs im Bestand und leihen sie einander zum Jubiläum gegenseitig aus. Und so steckt natürlich auch ganz viel Hamburg in der Berliner Ausstellung. Sieben Werke wurden hierher aus der Sammlung der Hamburger Kunsthalle entliehen, unter ihnen das ikonische Gemälde „Das Eismeer“ (1823/24), nicht jedoch der „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1817), war er doch erst vor Kurzem in einer anderen Schau zu sehen.
Jede der drei Ausstellungen hat außerdem einen unterschiedlichen Fokus. Hatte die Hamburger Ausstellung sich mit Friedrichs Naturverständnis beschäftigt und auch einen sehenswerten Bezug zur Gegenwartskunst hergestellt, konzentriert sich die Berliner Schau vor allem darauf, ihre Sammlung als eine der größten weltweit ins rechte Licht zu rücken. Denn bereits zu Lebzeiten Caspar David Friedrichs (1774–1840) wurden hier zentrale Werke erworben und öffentlich präsentiert.
Einen entsprechend hohen Anteil hatte die Alte Nationalgalerie an der Wiederentdeckung des Künstlers Anfang des 20. Jahrhunderts. In Berlin konnte Friedrich frühen Ruhm genießen – anders als übrigens in Dresden, wo ihn ständige Geldnot umtrieb. In Berlin profitierte er von der Liebe des preußischen Herrscherhauses für die Romantik, die sie etliche Gemälde, darunter auch Friedrichs berühmten „Mönch am Meer“, erwerben ließ.
Ausstellung zu Caspar David Friedrich: 61 Gemälde und 54 Zeichnungen
1906 kam es dank des üppigen Bestandes der Berliner Nationalgalerie zur „Deutschen Jahrhundertausstellung“ mit 93 Werken. Da liegt es nahe, dass sich Birgit Verwiebe, Kuratorin für Malerei der Alten Nationalgalerie, in der aktuellen Berliner Schau auf ebendiese Vorgeschichte bezieht. In der Jubiläumsausstellung sind 61 Gemälde – die Hälfte von ihnen war bereits in der „Deutschen Jahrhundertausstellung“ ausgestellt – und 54 Zeichnungen zu sehen. Hiervon hat die Alte Nationalgalerie kaum eigene Bestände. Rund die Hälfte der in Berlin gezeigten Werke wurde bereits in Hamburg präsentiert.
Die Ausstellung ist nicht chronologisch aufgebaut. Zwei große Kapitel sind den motivorientierten Themen „Küste“ und „Gebirge“ gewidmet. Ein weiterer zentraler Schwerpunkt gilt den Bilderpaaren, darunter dem wohl berühmtesten: „Mönch am Meer“ (1808–1810) und „Abtei im Eichwald“ (1809–1810). Die Alte Nationalgalerie zeigt acht ihrer elf Bilderpaare, deren Format identisch ist und die zur gleichen Zeit entstanden sind.
Caspar David Friedrich: Berlin nüchterner und akademischer als Hamburg
Es diente Friedrich dazu, die Idee des zeitlichen Wandels und den Kreislauf der Natur darzustellen. Weitere kleinere Kapitel sind dem Werkprozess und seiner spezifischen Maltechnik gewidmet. Hier präsentiert die Restaurierung zudem eigene Forschungsergebnisse. Die einzige Gegenwartsposition nimmt Hiroyuki Masuyama (geb. 1968) mit seinen von hinten beleuchteten Fotomontagen ein, mit denen er die Bilder Friedrichs eigenwillig modern interpretiert.
Insgesamt wirkt die Berliner Schau etwas erwartbarer, akademischer und nüchterner als die Hamburger Schau, der es gelang, gerade auch mit den von Friedrich inspirierten Künstlern eine Dringlichkeit der Naturthematik des inzwischen für gepflegte Melancholie, Naturerfahrung, aber auch Transzendenz vereinnahmten Künstlers zu vermitteln.
Wer aber die Magie der großen ikonischen – und vieler kleinformatiger – Werke großzügig präsentiert erleben möchte, kann das etwa anhand der Gemälde „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818/1819), „Hünengrab im Schnee“ (1807), „Lebensstufen“ (1834) oder „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ (1819/20) natürlich auch in Berlin tun. Interessant für alle jene, die sich darüber hinaus in die Entstehung und die Geheimnisse seines Werkes vertiefen wollen, sind die zahlreichen, den Gemälden an die Seite gestellten Zeichnungen.
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Die erneute Wiederentdeckung dieses Malers geht damit in die auch für Hamburger gut erreichbare nächste Runde – sofern man an eines der begehrten Tickets gelangt. Denn die existenzielle Einsamkeit des Menschen, wie sie der „Mönch am Meer“ auf erstaunliche Weise vermittelt, dürfte auch beim Besuch in der Nationalgalerie nicht zu spüren sein – viele Zeitfenster sind bereits ausgebucht.
„Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“19.4. bis 4.8., Alte Nationalgalerie, Bodestraße 1–3, Berlin, Di bis Do 10 bis 18 Uhr, Fr und Sa 10 bis 20 Uhr, smb.museum/museen-einrichtungen/alte-nationalgalerie