Hamburg. Dank einer Stiftung wurde das berühmte Gemälde dann doch gekauft – und viele weitere. Nächste Woche startet große Friedrich-Schau.
Jetzt kann man schon die Stunden zählen bis zum Beginn der großen Friedrich-Festspiele: Am 15. Dezember eröffnet Hamburg den Ausstellungsreigen anlässlich des 250. Geburtstags des großen Romantik-Malers Caspar David Friedrich im kommenden Jahr. Am 13. Dezember wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet, der Schirmherr der Jubiläumsausstellungen ist. An diesem Tag bleibt die gesamte Kunsthalle für die Öffentlichkeit geschlossen.
Der „Wanderer“ kehrt in die Hamburger Kunsthalle heim
Friedrichs wohl bekanntestes Werk, „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1817), ist zugleich auch die bedeutendste Ikone der Kunsthalle und mit seiner markanten Kontur fast ein Signet des Museums – weswegen das Gemälde auch Hamburgs „Mona Lisa“ genannt wird. Gerade ist es von einer Ausleihe in die Schweiz zurück nach Hamburg gekommen.
Caspar David Friedrich: Warum die Kunsthalle den „Wanderer“ erst nicht haben wollte
Dabei war der Ankauf 1970 im Kuratorium der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen (SHK), welches darüber zu entscheiden hatte, höchst umstritten. Das Gemälde galt als zu deutsch und zu romantisch und widersprach dem damaligen Zeitgeist. Zudem überstieg der seinerzeitige Ankaufspreis von 600.000 D-Mark die verfügbaren Mittel und konnte nur durch einen von Kurt A. Körber rückversicherten Kredit finanziert werden, wobei Kreditaufnahme durch die Stiftung eigentlich satzungswidrig war. So wurde der „Wanderer“ von der SHK erworben und ist seitdem eine Dauerleihgabe an die Kunsthalle.
Das Werk fand seine heutige Beachtung und Bedeutung erst im Lauf der dann kommenden Jahrzehnte. Dazu trugen wesentlich die großen Caspar-David-Friedrich-Ausstellungen der Kunsthalle von 1974 unter Direktor Werner Hofmann und 2006 unter Hubertus Gaßner bei. Heute ist die Stiftung glücklich, das berühmte Bild, das nach den großen Schauen in Hamburg, Berlin und Dresden nach New York ausgeliehen wird, der Hamburger Kunsthalle überlassen zu können.
Arndt Klippgen, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Stiftung, sagt: „Begeisterung für Kunst und patriotischer Bürgersinn für Hamburg sind die Hauptantriebe, welche die rund 240 Förderer der Stiftung, unterstützt durch die Kulturbehörde, die Reemtsma-Stiftung, die ,Zeit‘-Stiftung und die Brökel-Stiftung, seit 1956 stets neu bewegen, sich für den Auf- und Ausbau der Hamburger Kunstmuseen zu engagieren.“
Die Stiftung kaufte Schlüsselwerke von Edvard Munch und Pablo Picasso
Auch wenn der „Wanderer“ herausragend ist, hat die Breite der insgesamt 800 Ankäufe der Stiftung seit nunmehr 67 Jahren mit dazu beigetragen, dass die Sammlungen der Kunsthalle und auch des Museums für Kunst und Gewerbe Anschluss an nationales und internationales Spitzenniveau halten können. So gibt es eine Reihe weiterer, sehr namhafter Werke, die auf diesem Wege ins Museum kamen.
Edvard Munchs „Madonna“ (1893–95) etwa. Als der norwegische Künstler die heilige Madonna in lasziver Körperhaltung und einer roten Baskenmütze, dem Erkennungszeichen Pariser Prostituierter, öffentlich ausstellte, gab es einen Riesenskandal. Die Kunsthalle erwarb das Bild 1957, zeigte es zuletzt in der Ausstellung „Femme fatale“ und verwies auf die Heilige als Symbol überhöhter Weiblichkeit, als Verführerin für die weibliche Sexualität und als Lebensspenderin für die Endlichkeit.
Beckmann-Selbstbildnis war der teuerste Ankauf der Museumsgeschichte
„Herr und Dame (im roten Saal) von Emil Nolde entstand 1911 und wurde 1957 für die Kunsthalle erworben. Das Ölgemälde ist eins der wenigen Figurenbilder des Künstlers im Besitz des Museums. Nolde, der große Maler norddeutscher Landschaften, verewigte das Paar am Tisch sowie eine Dame im Hintergrund so, wie er auch Flora und Fauna malte: in intensiven, großzügig aufgetragenen Farbflächen, die nicht unbedingt der realen Welt entsprechen, sondern vielmehr durch sie angeregt werden.
Für großes Aufsehen sorgte der Erwerb von Max Beckmanns „Selbstbildnis Florenz“ (1907): Es wurde im Rahmen der großen Retrospektive „Max Beckmann. weiblich-männlich“ 2020/21 gezeigt, die den Maler als Vorreiter der Gender-Debatte präsentierte. Das Bild wurde direkt von der Enkelin des Künstlers, Maya Beckmann, für vier Millionen Euro gekauft und ist damit der bisher teuerste Ankauf in der Geschichte des Museums. Darauf inszeniert sich Beckmann nicht als Maler, sondern als junger Mann von Welt (zur Zeit der Entstehung war er 23 Jahre alt), als Teil der gehobenen Gesellschaft. Mit selbstbewusstem Blick und elegant gekleidet posiert er vor einem Fenster mit Ausblick auf die noble Stadt Fiesole in der Toskana.
Auch Gerhard Richter und Neo Rauch sind in der Sammlung vertreten
Für das Bild „S. mit Kind“ (1995, seit 1996 in der Kunsthalle) projizierte Gerhard Richter ein selbst aufgenommenes Foto seiner Frau Susanne mit dem neugeborenen Sohn auf Leinwand und übertrug es in Ölfarbe. Die noch feuchten Farben wurden dann in verschiedener Weise mit dem Pinsel verwischt, abgekratzt, mit neuer Farbe überdeckt oder mit Spachteln bearbeitet. Richters Behandlung der Oberflächen reicht von Verhüllung und intendierter Unschärfe bis hin zu aggressiven Eingriffen. Damit reagiert er auf die problematische Stellung der Gemälde zwischen privater Betrachtung und öffentlicher Zurschaustellung. Das seit dem Nationalsozialismus belastete Mutter-Kind-Motiv, das in der Nachkriegszeit durch die Werbeindustrie erneut vereinnahmt wurde, nimmt er mit spürbar widerstreitenden Gefühlen auf.
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Feuerwehrmänner, die Schläuche ausrollen, obwohl kein Brand zu sehen ist. Ein Teller mit einer Scholle darauf liegt auf einem Buch. Eine Frau liest, ohne Notiz von den anderen, schwebenden Figuren zu nehmen. Es sind rätselhafte Welten, die der bedeutende Leipziger Maler Neo Rauch schafft und mit denen er auf die Kunst- und Weltgeschichte anspielt. „Die Fuge“ (2007) ist eins von dreizehn Werken aus der Serie „para“, die der Künstler für das New Yorker Metropolitan Museum anfertigte. Die Galerie der Gegenwart kaufte die zweiteilige „Fuge“ gleich ein Jahr nach ihrer Entstehung an.
Große Maler, bedeutende Kunstwerke. Auch wenn in den nächsten Wochen vor allem Caspar David Friedrich und sein berühmter „Wanderer“ im Mittelpunkt stehen werden.