Hamburg. Aufbruch! Im Abschlussprojekt „Hamlet – Zeit aus den Fugen“ zeigen die Hamburger Schauspielstudentinnen und -studenten, was sie können.

„Abschlussarbeit“, wie das klingt. Als würde nach dem finalen Akt der Ausbildungszeit einer den Deckel zuklappen, als wäre der Eintritt ins Berufsleben nicht vielmehr ein Anfang, der Aufbruch! Insofern haben sich die diesjährigen Schauspielstudenten und -studentinnen der Diplomklasse an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater einen besonders passenden Stoff gesucht, „eine letzte Infragestellung“, die sich mit dem Tod und dem Übergang in eine neue Ära beschäftigt und nicht nur nebenbei auch mit der Kunstform des Schauspiels selbst.

Hamlet“, nach dem meistgespielten Shakespeare-Drama, übersetzt von Heiner Müller und im Malersaal des Schauspielhauses inszeniert von Catherine Umbdenstock, trägt hier ein Zitat aus dem Stück als Titelergänzung: „Zeit aus den Fugen“. Worin die vielfach beschworene „Zeitenwende“ der immer risikoreicheren Gegenwart steckt, die sich im Text spiegelt, ebenso wie der ganz persönliche Umbruch und die damit einhergehende Ungewissheit der angehenden Bühnenkünstlerinnen und -künstler. Schauspieler sein oder nicht sein?

„Hamlet“ im Malersaal in Hamburg: Die Charaktere haben es nicht leicht gegen die grellen Kostüme

Gleich vier Hamlets teilen sich hier das wunde Seelenleben des dänischen Prinzen: Hamlet Spirit, Hamlet Madness, Hamlet Acting und Hamlet Blood; auch Laertes, Ophelias Bruder, erscheint doppelt. Bis auf Kolja Schumann als Horatio übernehmen alle Ensemblemitglieder mehrere Rollen. Schon im Foyer beginnt das raumgreifende Spiel, das sich über den Köpfen des Publikums auf den Schnürboden ausbreitet und schließlich zwischen Vorhängen und Glanzfolien auf die Bühne von Malte Knipping schwappt.

Schauspieler sein oder nicht sein? Die Abschlussarbeit der Schauspielstudentinnen und -studenten thematisiert den Übergang.
Schauspieler sein oder nicht sein? Die Abschlussarbeit der Schauspielstudentinnen und -studenten thematisiert den Übergang. © MATTHIS ROEPKE | MATTHIS ROEPKE

Die eigene Transformation auf spielerische Weise zu thematisieren, ist eine Idee, die sich sofort erschließt. Verwandlung wird im Berufsleben der hier durchweg hochenergetisch Auftretenden eine Konstante bleiben, Verwandlung ist auch für Hamlet der Weg zur Entdeckung des Königsmörders. Wo endet Spiel, wo beginnt Wahnsinn? Die genderfluiden Figuren – darunter immerhin die „besten Schauspieler der Welt“! – treten dafür in eine Art narzisstischen Wettstreit miteinander, die Ebenen schichten und stapeln sich und bleiben doch fragmentarisch. Alles scheint durchironisiert, was schade ist, denn wo das Stück sich selbst nicht mehr ernst nimmt, macht dies auch dem Zuschauer und der Zuschauerin mehr Mühe.

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Zumal es die einzelnen Spielerpersönlichkeiten (unter denen die sehr präsente Julika Frieß und der auch für den Sound verantwortliche Cedric Eich besonders in Erinnerung bleiben) nicht so leicht haben gegen die fantasievollen, grellen Kostüme (Jana Sophia Schweers). Fliederrüschen und Silberschuhe, Bärte und Stoffrosen, Tülllagen, Rockerkutten und Aldi-Büdel – es gibt ordentlich Schauwerte, in denen man sich verlieren kann.

Zum Ende hin findet die permanent und bisweilen eine Umdrehung zu viel wirbelnde Inszenierung einen klareren Zugriff, die Konzentration tut dem fast zweistündigen Abend gut. Den heftigen Applaus hat sich das Ensemble verdient.

„Hamlet Zeit aus den Fugen“, Schauspielhaus/Malersaal, Vorstellungen bis zum 11. April, Karten und Termine unterwww.schauspielhaus.de