Hamburg. Eine Unternehmerdynastie und der verschwundene untreue Ehemann: Borowski weiß früh, wo der Hase langläuft. Sein erster Schuss sitzt.
- Neuer „Tatort“ aus Kiel mit Axel Milberg als Klaus Borowski und Almila Bagriacik als Mila Sahin
- Ihr Fall führt das Ermittlerduo in die Kieler Upperclass, in der es mordlustig zugeht
- Am Ende wird reichlich unorthodox ermittelt
Das toxische Ehepaar Greta (Cordelia Wege) und Tobias Exner (Pétur Óskar) wird in der ersten Szene eingeführt. Bei Exners ist Party, Unternehmenserbin Greta hat einen Preis für ihr Tun bekommen. Vom Gatten gibt‘s eine passiv aggressive Gratulationseinlage zu den Klängen von Jungle, am Ende dann doch so leidenschaftlich, als wäre das alles „Let‘s Dance“; und später noch Sex. Noch viel später ist Toby verschwunden. Er kommt auch nicht wieder.
Nach ein paar Tagen wird die Polizei hinzugezogen. Klaus Borowski (Axel Milberg) ist in diesem „Tatort“grumpy wie eh und je, ein wunderbarer Griesgram, allerdings diesmal mit Nick-Tschiller-Allüren: Eine Drohne, die über dem Anwesen der stinkreichen Exner kreist, knallt er mit seiner Dienstwaffe ab. Hätte Til Schweiger vermutlich noch ein bisschen superheromäßiger hingelegt. Aber Spitzenszene jedenfalls. Mit dem konsequentesten Dialog des NDR-Krimis „Borowski und der Wiedergänger“. Kriminaloberrat Schladitz (Thomas Kügel): „Du kannst doch nicht einfach ‘ne Pressedrohne abknallen.“ Borowski: „Das dachte ich auch. Aber es war ganz einfach.“ Mila Sahin (Almila Bagriacik): „So viel zum Thema Pressefreiheit.“ Borowski: „So viel zum Thema Privatsphäre.“
„Tatort“ aus Kiel mit Borowski-Star Axel Milberg: Ermitteln in der Upperclass
Dieser „Tatort“ (Regie Andreas Kleinert, Drehbuch Sascha Arango), der geschickt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers spielt, ist hauptsächlich im Privaten angesiedelt. In der Kieler Upperclass, in der es schon mal vorkommen kann, dass die einzige Tochter als rebellischen Akt gegen die Eltern einen Beau heiratet, der erst mal nichts anderes vorhat, als sich aushalten zu lassen. Borowski und Sahin finden dann recht schnell heraus, dass der notorisch untreue Toby eine Chat-Bekanntschaft hatte, aus der Mordgelüste gegenüber der Ehefrau hervorgehen. Ist er dann selbst Opfer einer Mordtat geworden?
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Mit großer Lust an der schnöselschrulligen Rhetorik („So wünscht man sich doch die Polizei, so frisch, so frech, so auf den Punkt“) der Exner-Eminenzen – die Gründer des OP-Roboter-Unternehmens halten sich keineswegs wirklich im Hintergrund – zeigt dieser „Tatort“ Polizeiarbeit: Borowski und Sahin wühlen sich also durch die Gaga-Performance der Exners. Vera Exner (top: Thalia-Schauspielerin Karin Neuhäuser) und Konstantin Exner (noch topper: Greg Stosch) hassen ihren Schwiegersohn. Nachvollziehbarerweise. Der Mann macht Geld mit Aktien, spekuliert gegen die Firma und gewinnt. Wobei die Geschäfte der Milliardäre selbst nicht ganz sauber sind.
Vater Exner glaubt nicht, dass sein Schwiegersohn („Wer sollte die Pfeife denn ermorden?“) tot ist. Betrug in irgendeiner Form („Kennen Sie den alten Begriff Fickfackerei?“) wird da schon eher vermutet. Wird der Zuschauer an der Nase herumgeführt? Insgesamt tatsächlich noch nicht genug, aber passt schon. Borowski hat bei der dauersinnlichen Greta, die ihren Gatten vermutlich gar nicht vermisst, ein Ding am Laufen. Er traut ihr nicht, der Frau, die von den Erwartungen der Eltern und eigenen Ambitionen ganz ordentlich deformiert ist. Cordelia Wege spielt die extrovertierte Frau mit Lust an der Pose.
Intimterror Familie, so könnte man das alles nennen. Am Ende wird reichlich unorthodox ermittelt. Auf seine letzten Tage gönnt sich Borowski ein paar Freiheiten, gut so.
„Tatort: Borowski und der Wiedergänger“ 3.3., 20.15 Uhr, Das Erste