Hamburg. In „Geisterfahrt“ unterläuft Kommissarin Lindholm ein Fehltritt. Dass sie wieder nach Hannover zurückkehrt, ist aus einem Grund bedauerlich.
- In ihrem letzten von sechs Göttinger „Tatort“-Fällen leistet sich Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) einen Fehltritt.
- Dieser stellt ihre Beziehung zu Ermittlungspartnerin Anais Schmitz (Florence Kasumba) auf die Probe.
- Dass es der letzte Göttinger „Tatort“ ist, ist vor allem aus einem Grund bedauerlich.
Während man noch denkt, das wäre ein „Tatort“ der Sorte sozial- und gesellschaftskritisch, gibt’s den ersten Dämpfer. Ein Paketdienst-Transporter ist in eine Menschenmenge gerast, es gibt Tote und Verletzte. Steuerte der Fahrer den Wagen in diesem Fall, in dem Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) ermittelt, absichtlich in die Passanten? Der Chef des (fiktiven) Logistikunternehmens faltet seinen Subunternehmer zusammen, bei dem wiederum der im Koma liegende Fahrer als Subunternehmer arbeitete: „Bei DDP gibt es keine Amokfahrer, Terroristen oder sonstiges Fehlverhalten, das können wir uns einfach nicht leisten.“
Ja, sapperlot. Wer kann sich so was schon leisten? Der neue „Tatort“ aus dem Hause NDR leistet sich ziemlich viel: „Geisterfahrt“ (Regie: Christine Hartmann/Buch: Stefan Dähnert, Christine Hartmann) hat nämlich nicht nur schlechte Dialoge, der Kriminalfilm ist nicht mal richtig einer. Was im Grunde nicht schlecht sein muss. Im Gegenteil, der persönliche Touch auf Ermittlerseite gibt den Geschichten über das Verbrechen ihren Reiz. Aber hier ist doch alles schief gebaut. Als wäre der etatmäßige Todesfall lediglich ein Mittel zum Zweck.
Göttingen-„Tatort“ in der ARD mit Maria Furtwängler: Die Kommissarin leistet sich einen Fehltritt
In ihrem letzten von sechs Göttinger Fällen – wir erinnern uns: Charlotte Lindholm wurde strafversetzt – vor der Rückkehr der Kommissarin nach Hannover leistet sich diese einen Fehltritt, der ihre Beziehung zu Ermittlungspartnerin Anais Schmitz (Florence Kasumba) auf die Probe stellt. Außerdem stellt sich heraus, dass der Chef der Abteilung, Gerd Liebig (Luc Feit), die Ermittlungen torpediert.
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Dahinter versteckt sich ein Ehedrama: Tereza Liebig (Bibiana Beglau), die als Ärztin in ebenjenem Krankenhaus arbeitet, in dem der komatöse Paketausfahrer liegt, wird im Verlauf des zumindest nicht handlungsarmen Films (aber wie hölzern viele der Szenen wirken, gerne die mit Furtwängler, übrigens!) eine tragische Rolle spielen.
Zuletzt hat sich ja wieder einmal Til Schweiger abwertend über die insgesamt tatsächlich so wechselhafte Angelegenheit „Krimi-Schlachtschiff im Ersten“ geäußert. Nun denn, die neue Furtwängler-Episode würde ihn nie und nimmer milder stimmen. Was natürlich auch nicht unbedingt das Ziel des bisweilen auch hervorragenden „Tatort“-Schaffens ist.
Göttingen-„Tatort“ mit Maria Furtwängler – die von der Moralpolizei
Dass es angesichts vieler Sendeanstalten und „Tatort“-Auftraggeber Doppelungen gibt, ist freilich zu vernachlässigen beziehungsweise nicht zu ändern. Erst im Dezember gab es einen Köln-„Tatort“ über Paketdienste. Der Stress der Niedriglöhner – Doppelt- und Dreifachschichten, 271 Pakete oder so, in Flaschen pinkeln, Energydrinks und Aufputschpillen – ist Krimi-Schauern also ein Begriff. Und wer jenseits der Glotze aufmerksam im Alltag ist, der weiß eh, dass die Verbraucher den Ausbeuterkapitalismus erst ermöglichen.
„Ich dachte, Sie sind von der Kripo, nicht von der Moralpolizei“, bekommt Lindholm einmal zu hören. Demnächst wird sie also wieder in der niedersächsischen Hauptstadt ermitteln.
Ihre Kollegin Anaïs Schmitz soll übrigens noch in einer „Tatort“-Folge zu sehen sein, gemeinsam mit Torsten Falke (Wotan Wilke Möhring). Läuft allerdings erst 2025. Was Schmitz-Darstellerin Florence Kasumba angeht, ist die Einstellung des Göttingen-„Tatorts“ tatsächlich bedauerlich.