Hamburg. „Dienstags bei Morrie“ ist ein starkes Zwei-Personen-Stück mit Charles Brauer und Danny Exnar. Es geht um existenzielle Fragen.
Morrie tanzt. Foxtrott. Mitch spielt Klavier. Jazz. Die Eingangsszene von „Dienstags bei Morrie“ am Ernst Deutsch Theater verdeutlich die enge private Beziehung, die sich zwischen dem Soziologieprofessor Morrie Schwartz (Charles Brauer) und seinem Studenten Mitch Albom (Danny Exnar) entwickelt hat. Morrie hat Mitch unter seine Fittiche genommen, weil er ihn für einen äußerst talentierten jungen Mann hält. Sie reden viel, sie essen gemeinsam, sie hören Jazz. Mitch nennt Morrie „Coach“, was das Verhältnis zwischen Senior und Junior auf den Punkt bringt: Morrie ist der Mentor.
„Dienstags bei Morrie“: Noch ein Höhepunkt im Programm des Ernst Deutsch Theaters
Nach Ende des Studiums nimmt er Mitch das Versprechen ab, sich nicht aus den Augen zu verlieren. Doch genau das passiert. Erst 16 Jahre später meldet sich Mitch, nachdem er in einer TV-Sendung gesehen hat, das Morrie an ALS erkrankt ist, einer degenerativen Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zum Tod führt. Fortan besucht er ihn an jedem Dienstag.
Diese wahre Geschichte hat Mitch Albom, ein bekannter amerikanischer Sportjournalist, 1997 nach dem Tod seines Lehrers aufgeschrieben. Zusammen mit dem Dramatiker Jeffrey Hatcher hat er 2002 eine Bühnenversion seines Bestsellers verfasst, die an vielen Bühnen erfolgreich gelaufen ist. Jetzt hat Regisseurin Adelheid Müther sich dieser Vorlage angenommen und am Ernst Deutsch Theater eine kluge Inszenierung auf die Bühne gebracht, die bei ihrer Premiere mit sehr großem Beifall gefeiert wird. „Dienstags bei Morrie“ ist ein beinahe philosophisches Stück, in dem es um eine Reihe existenzieller Fragen geht. Was bedeutet Glück? Was ist Liebe? Wie gehe ich mit dem Tod um? Was bleibt von mir nach meinem Tod?
Die EDT-Inszenierung ist ganz starkes Schauspielertheater
Albom zeigt in seinem Stück, wie er mehr und mehr die guten Ratschläge seines doppelt so alten Professors annimmt und sich allmählich aus seinem stressigen Arbeitsalltag löst. An jedem Tag wird irgendwo in den USA Baseball, Basketball oder Eishockey gespielt, und Mitch muss als Reporter dabei sein. Seine Pianisten-Karriere hat er auf Druck seiner Eltern fahren lassen, nun droht er sich wieder zu verlieren. „Bist du mit dir im Reinen?“, fragt Morrie ihn. Die wöchentlichen Reisen von Detroit nach Massachusetts geben Mitchs Leben plötzlich eine Struktur. Dienstage müssen ohne NBA und NFL auskommen, sie gehören Morrie.
Die EDT-Inszenierung ist starkes Schauspielertheater mit dem 88 Jahre alten Charles Brauer und dem 46 Jahre jüngeren Danny Exnar. Brauer gelingt es, den jüdischen Humor von Morrie Schwartz rüberzubringen, er löst trotz der ernsten Themen eine ganze Reihe von Lachern aus. Brauer ist die ideale Verkörperung eines weisen alten Mannes, der bis zu seinem letzten Atemzug neugierig bleibt und der geduldig und ohne Angst seinem Tod entgegensieht. „Ist heute der Tag?“, ist die Frage, die er sich an jedem Morgen stellt. Danny Exnar, der wie Brauer in Basel lebt, ist ein exzellenter Pianist und Schauspieler gleichermaßen. Im Kino ist er gerade in Roman Polanskis „The Palace“ zu erleben, im EDT ist er Erzähler und Motor der Handlung.
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Lilot Hegi, Charles Brauers Frau, ist für das Bühnenbild verantwortlich und kommt dabei mit wenigen Requisiten aus. Der Text mit seinen Lebensweisheiten steht im Mittelpunkt. Den hat Adelheid Müther mit großer Ruhe in Szene gesetzt. Viele Sätze wirken nach, das langsame Tempo tut der Inszenierung gut, überraschende Pointen lockern sie auf. „Dienstags bei Morrie“ ist eine sehr ernsthafte Inzenierung. Sie regt zum Nachdenken an und ist ein weiterer sehenswerter Höhepunkt im Programm des Ernst Deutsch Theaters.
„Dienstags bei Morrie“, läuft bis zum 18.2., Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten unter T. 040/2270 1420; www.ernst-deutsch-theater.de