Hamburg. „Epic Fail“ hüllt die klassischen Sagen des Altertums in ein neues Gewand. Ein eindrucksvolles Theaterexperiment.

Die griechische Mythologie steckt voller abenteuerlicher Geschichten, Götter-Lüstlingen, Landnahmen und Gewalt. Einzeln betreten die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler zunächst die bis auf plüschige Wattewolken leere Bühne, werfen fragende Blicke in die Runde.

Über die Zukunft wollen sie sprechen. Antworten auf die Frage erlangen, wo die Blitze einschlagen werden. Ein scheinbar alltägliches Problem – und schon landen sie bei Kassandra, der antiken Seherin, die vor dem Niedergang der Stadt Troja durch das berühmte hölzerne Pferd warnte, von Apoll wegen verschmähter Liebe aber mit einem Fluch belegt war, sodass ihr niemand glaubte. Und bald geht es auf der Bühne hoch her.

Theater Hamburg: „Epic Fail“ wagt einen frischen Blick auf die antiken Sagen

„Epic Fail“, so der Titel der neuen SchauspielRaum-Produktion am Jungen Schauspielhaus in der Regie von Yeşim Nela Keim Schaub und Lisa Pottstock ist ein eindrucksvolles Theaterexperiment. Das spielfreudige achtköpfige Ensemble zwischen 14 und 20 Jahren wagt einen frischen, heutigen Blick auf die schicksalhaften antiken Sagen. Und lädt die eigenen Gedanken mit viel gekonnter performativer Energie auf.

Mit beeindruckender Klarheit schildert etwa Amber Hasselbach den Gründungsmythos der Zivilisation, beginnend mit der aus dem Chaos entstandenen Erdgottheit Gaia. Erzählt von Uranos, dem Gaia die Titanen gebar, von denen sie einen anstiftet, Uranos das Geschlechtsteil abzuschneiden. Es folgen Kriege, Eroberungen, weiteres Chaos. Mehrere Performende sprechen die Seherin Kassandra, geben ihrer Verzweiflung Ausdruck, dass sie ihre Überredungskunst verloren hatte – und die Plünderung Trojas durch die Achäer nicht aufhalten konnte. Doch immer wieder kreuzt das Ensemble die überlieferte Mythologie mit eigenen Fragen an das Leben, die ungewisse Zukunft.

Theater Hamburg: „Epic Fail“ verhandelt die Macht des Erzählens

Der Text bleibt dabei wohltuend in der Abstraktion, sodass das Publikum seine eigene Fantasie bemühen kann. Aus wachsender Verzweiflung heraus bäumt sich das Ensemble zu einer entwaffnenden Selbstermächtigung auf. Die hat auch damit zu tun, dass in der griechischen Mythologie angeblich die Frauen mal wieder an allem Schuld waren. „Wie kommen wir aus der Geschichte raus?“, fragen die jungen Performenden.

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Im Grunde verhandelt „Epic Fail“ die Macht der Erzählungen. Wer darf wessen Geschichte erzählen? Wer wird wahrgenommen und gehört? Diese kraftvoll aufspielende Gemeinschaft gibt dazu scheinbar einfache aber wirkungsvolle Denkanstöße. Und auf einmal eröffnet sich eine Zukunft, die es zu gestalten gilt. asti

„Epic Fail“ ab 13 Jahren, weitere Vorstellungen 14.1., 18 Uhr, 25.1., 19 Uhr, 22.2., 19 Uhr, 23.2., 10.30 Uhr, 8.3., 19 Uhr, Junges Schauspielhaus, Wiesendamm 28, Karten unter T. 24 87 13; www.junges.schauspielhaus.de