Hamburg. Bevor Umbau und Modernisierung starten, kann das Publikum am 6. und 7. Januar hinter die Kulissen und in die Ausstellungen gucken.

Die Zeit zwischen den Jahren und auch der Jahresbeginn werden gerne zum Aufräumen und Aussortieren genutzt: So wird Vergangenes noch einmal angeschaut, Erinnerungen an dies und das kommen hoch. Und mit weniger Ballast, dafür mit vielen neuen Ideen im Gepäck, startet man dann neu durch. Auch im Museum für Hamburgische Geschichte (MHG) lautet das Motto gerade: räumen, abbauen, verpacken, abtransportieren. Und zwar im ganz großen Stil.

Das Haus am Holstenwall, das kürzlich seinen 100. Geburtstag gefeiert hat, wird bis Mitte 2024 komplett geräumt, um in die heiße Phase seiner Sanierung und Modernisierung treten zu können. „Baufreimachung“ ist das Wort, das durch die immer leerer werdenden Räume hallt.

Museum für Hamburgische Geschichte schließt bis 2027 – „Mammutprojekt“

Am 8. Januar ist erst einmal Schluss mit dem Besucherbetrieb – voraussichtlich bis Mitte 2027. Erst dann sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Ziele: Barrierefreiheit, moderne Infrastruktur, Öffnung zur angrenzenden Parkanlage Planten un Blomen mit einer neuen Museumsgastronomie, größere Flächen für Sonderausstellungen im Erdgeschoss, Neukonzeption und Neugestaltung einer lebendigen, auf aktuelle Perspektiven reagierenden Dauerausstellung mit einem stadtgeschichtlichen Rundgang von der Entstehung der Hammaburg bis zur jüngeren Zeitgeschichte im ersten Obergeschoss.

Es ist das größte Museumsprojekt der Nachkriegszeit, nicht nur für das MHG oder die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH), sondern überhaupt für die Stadt. Von einer „Mammutaufgabe“ sprach Direktorin Bettina Probst schon bei ihrem Amtsantritt 2020, als klar war, dass sie diejenige sein würde, die zusammen mit der Stiftungsleitung und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Museums mit dem unter Denkmalschutz stehenden Haus den Neuanfang wagt. Gelassen und strukturiert wirkt die Historikerin stets, wenn sie darüber spricht, was es für sie und das gesamte Team bedeutet.

Museum Hamburg: Für den Umbau wurde eigens ein Zwischendepot angemietet

„Bei seit Februar 2023 laufendem Betrieb im Erdgeschoss wurde ein beträchtlicher Teil der mehr als 5000 im Haus gezeigten Exponate in den vergangenen Monaten ins Zentraldepot verbracht, wo bereits ein Großteil der insgesamt rund 530.000 Sammlungsobjekte lagert“ erläutert sie. „Ein weiterer Teil der Objekte wird ins extra für den Umbau angemietete Zwischendepot gebracht, wobei jedes davon von einer Restauratorin oder einem Restaurator begutachtet wurde. Nun kommen die Großobjekte und eingebaute Objekte dran, und da werden wir vielleicht noch die eine oder andere Überraschung erleben.“

Bettina Probst ist seit 2020 Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte am Holstenwall.
Bettina Probst ist seit 2020 Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte am Holstenwall. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Etwa, wenn eine der größten Installationen mit bedeutenden Exponaten des Museums abgebaut wird: das Brückenhaus des Kohlendampfers „Werner“, das seit 1963 am Holstenwall steht, mit Beleuchtung, Geräuschkulisse und einem Amateurfilm, der vom Leben auf See erzählt. Ebenso spektakulär dürfte die Räumung des Konvoischiffsmodells „Wappen von Hamburg III“ sowie des Hafenmodells von 1900 inklusive Vitrine werden. Eine besondere Herausforderung sei laut Direktorin der Transport großformatiger Gemälde und historischer Möbel.

Museum für Hamburgische Geschichte: 300 historische Einbauten müssen demontiert werden

Diffizil auch die für die Modernisierung erforderliche Demontage der sogenannten Spolien: an die 300 historische Einbauten von zerstörten und abgerissenen Gebäuden des 17. und 18. Jahrhunderts, die der Gründungsbau-Architekt Fritz Schumacher einst in die Fassaden und Wände des neuen Museumsgebäudes einarbeiten ließ. Allesamt logistische Kraftakte, an denen meist mehrere Gewerke gleichzeitig beteiligt sind. Insgesamt arbeiten derzeit rund 100 Menschen aus verschiedenen Bereichen an dem Modernisierungsprojekt mit.

„Außerdem läuft der Museumsapparat ja auch während des Umbaus weiter. Die Kuratoren arbeiten an künftigen Ausstellungsprojekten, es werden Wandtexte und Medienstationen für die neue Dauerausstellung entwickelt. Dazu kommt ein sehr aufwendiges Outreach-Inreach-Projekt, bei dem das Museum in den nächsten Jahren alle 105 Stadtteile besuchen will, um nah am Publikum zu bleiben und Inspirationen für die neue Dauerausstellung zu bekommen. Eine Menge Kraft kostet es alle, ja, aber die Freude auf das, was kommt, ist enorm“, sagt Bettina Probst.

Modelleisenbahn könnte nach Wiedereröffnung wieder mit einziehen

Ein Dauerbrennerthema war die Zukunft der Modelleisenbahn, die seit mehr als 70 Jahren einen festen Platz im Museum für Hamburgische Geschichte hat – beziehungsweise hatte. Der dafür zuständige Verein Modelleisenbahn Hamburg (Mehev) sei mit dem Abbau der Anlage so gut wie durch. „Und erfreulicherweise konnte eine Räumlichkeit für die Lagerung gefunden werden“, so die Direktorin. Ob die Bahn in modernisierter und verkleinerter Form nach der Wiedereröffnung des Museums mit einziehen wird, wird aber derzeit noch von allen Beteiligten geprüft. Nach der Entwurfsplanung, die in den kommenden Wochen abgeschlossen sein wird, könnte das Modell gegebenenfalls im dritten Obergeschoss untergebracht werden; dort, wo künftig in enger Anbindung an die Modellbahnanlage thematische Schwerpunkte wie Verkehrsgeschichte, Mobilität und Nachhaltigkeit behandelt werden könnten.

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Während der Schließzeit ist geplant, das an der Entwicklung des Museums interessierte Publikum in Form von Vortrags- und Gesprächsabenden sowie von besonderen Führungsangeboten über den fortlaufenden Prozess der Planungen zu informieren. Die beliebten Stadtrundgänge des Museums zu verschiedenen Themen werden ebenso fortgesetzt wie die analogen und digitalen Angebote zur Geschichte der Stadt für Schülerinnen und Schüler.

Museum für Hamburgische Geschichte: Bis zum 7. Januar noch Sonderausstellung zu sehen

Bis zum 7. Januar sind noch die Sonderausstellungen „Eine Stadt wird bunt. Hamburg Graffiti History 1980 bis 1999“ und „Hamburg 1923. Die bedrohte Stadt“ zu sehen. Am Wochenende des 6. und 7. Januar verabschiedet sich das Museum dann mit einem vielfältigen Aktionswochenende von seinen Besucherinnen und Besuchern. Es werden Führungen durch die Ausstellungen, die verschiedenen Restaurierungsateliers des Museums und zur Architektur des Museumsgebäudes angeboten. Experten geben Einblicke in Schlüsselobjekte des Hauses (das Jahrhundertprojekt Villa Rücker oder der Hamburger Lukaspokal).

Spannend dürften die Gesprächsrunden mit Bettina Probst und den beteiligten Teams an beiden Tagen werden, wenn es um den Blick in die Zukunft des Museums geht. So viel sei schon mal verraten: Mitte 2026 will die Direktorin mit dem Einzug der ersten Objekte beginnen. Das gesamte Programm des Aktionswochenendes gibt es unter shmh.de.