Hamburg. Mit dem Balthasar-Neumann-Chor und -Orchester öffnet der Dirigent in der Laeiszhalle die Türchen eines musikalischen Adventskalenders.

Thomas Hengelbrocks Weihnachtskonzerte mit seinem Balthasar-Neumann-Chor und -Orchester sind ja immer wie ein musikalischer Adventskalender, bei dem sich mit jedem Satz ein Türchen nach dem anderen öffnet und feinste Leckerbissen fürs Ohr aus dem barocken Repertoire präsentiert.

Am Montag war es das wundervolle, nur gut zehn Minuten Spieldauer beanspruchende Magnificat D-Dur ZWV 108 des böhmischen Komponisten Jan Dismas Zelenka aus dem Jahr 1725, mit dem der Abend in der Laeiszhalle begann.

Laeiszhalle: Thomas Hengelbrock liefert bei Konzert feinste Leckerbissen fürs Ohr

Hochgeachtet vom großen Johann Sebastian Bach, führte der zunächst in der Dresdner Hofkapelle und dann als Vizekapellmeister der Kirchenmusik in der sächsischen Metropole wirkende Böhme zu Unrecht ein Schattendasein, obwohl seine Werke vor allem für die Dresdner Vespergottesdienste kühn und fortschrittlich waren. In seinem Magnificat D-Dur behandelte er den Chor den drei Sängersolisten gegenüber nahezu gleichberechtigt und ließ ihn bei einzelnen Arien immer wieder in einen direkten Dialog mit ihnen treten.

Nach einem forschen Beginn mit drei strahlenden Barocktrompeten des fantastisch aufgelegten Balthasar-Neumann-Orchesters und vielen ungewöhnlichen harmonischen Wendungen wurde der Chor von einem getragenen Sopransolo Agnes Kovacs‘ abgelöst, um gleich darauf wieder mit einer enormen Temposteigerung die Barmherzigkeit Gottes zu besingen. Einen weiteren Höhepunkt bildete das Solo des Countertenors William Shelton, das von den beiden Barock-Oboisten Benoît Laurent und Pedro Castro sanft begleitet wurde.

Nach der barocken Sakralmusik durften die Sängerinnen und Sänger aufatmen

Am Ende des kontrastreichen Werkes stand eine sogenannte Doppelfuge, bei der das durch die Chorstimmen wandernde Fugenthema von den drei Trompeten immer wieder fanfarenartig hervorgehoben wurde, während der Pauker Dominique Lacomblez mit seinen barocken Holz- und Lederkopf-Schlegeln markige Akzente setzte.

Nach dieser viel zu selten aufgeführten Preziose barocker Sakralmusik durften die Sängerinnen und Sänger erst einmal aufatmen und den Instrumentalisten bei Bachs Orchestersuite Nr. 3 D-Dur den Vortritt lassen. Ohne jede Schwere und schön phrasiert ließ Hengelbrock die Ouvertüre anheben, in deren Mittelteil die Streicher und vor allem die beiden Oboen und das Barock-Fagott rasende Läufe zu spielen hatten.

Laeiszhalle: Im Orchester entfaltete sich neu aufflammende Wucht

Im berühmten langsamen Satz Air mit seinen energischen Steigerungen selbst in zartesten Pianissimos der Streicher markierten die Kontrabassisten Nicola dal Maso und Estelle Caron eine wundervoll klingende fortschreitende Basslinie.

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Schon im zupackenden, vorwärtsdrängenden Eingangschor von Antonio Vivaldis Gloria RV 589 am Ende spürte man gleich die Lust des Italieners am Experiment. Hengelbrock kostete die überraschenden Pausen und starken Akzente dieses Werkes genussvoll aus und ließ nach der herrlich von Jennie Lomm gesungenen Arie „Domine Deus, Rex coelestis“ den Chor zurückhaltend einsetzen, während sich die neu aufflammende Wucht eher im Orchester entfaltete.