Hamburg. Forschungsprojekt mit der Universität Göttingen soll Aufschluss über Herkunft geben und eine Rückführung ermöglichen.
Woher stammen die 57 menschlichen Überreste, die im Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK) bei einer Inventur im Jahre 2020 gefunden wurden? Dieser Frage geht das MARKK nun in einem zweijährigen Forschungsprojekt gemeinsam mit der Universität Göttingen nach. Sicher ist bisher, dass es sich um Gebeine aus der „Anthropologischen Sammlung“ des damaligen Museums für Völkerkunde handelt, die zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Hamburg verwahrt und dann in mehreren Schritten nach Göttingen übergeführt wurde.
MARKK: Woher stammen die menschlichen Gebeine im Museum?
MARKK-Direktorin Barbara Plankensteiner sagt dazu: „Mit der lange überfälligen Aufarbeitung dieser Provenienzen stellt sich das MARKK seiner historischen Verantwortung.“ Man habe nach Auffinden der Gebeine zuerst den Sammlungskontext geprüft und dann mit der Universität Göttingen die Forschungsmittel beantragt. „Ich freue mich sehr, dass wir die Förderung erhalten haben und mit Dr. Stoecker einen ausgewiesenen Experten für das Projekt gewinnen konnten, der auch mit Vertretern und Vertreterinnen der Nachfolgegesellschaften zusammenarbeiten wird. Sobald wir die ancestral remains zuordnen können, werden wir Gespräche bezüglich ihrer Rückführung aufnehmen.“
Und Metin Tolan, Präsident der Universität Göttingen, ergänzt: „Die Aufarbeitung unserer Göttinger Bestände leistet einen wesentlichen Beitrag zur aktuellen Diskussion über das koloniale Erbe universitärer Sammlungen. Dass dies in diesem Fall in enger Kooperation mit dem MARKK Hamburg sowie mit Unterstützung von Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus dem globalen Süden geschieht, ist immens wichtig.“
MARKK: Die „Anthropologische Sammlung“ enthielt etwa 800 menschliche Überreste
Die „Anthropologische Sammlung“ des damaligen Museums für Völkerkunde wurde in der Zeit zwischen 1880 und 1930 unter anderem in der Amtszeit des Mediziners und Ethnologen Georg Thilenius aufgebaut. Und zwar durch Ankäufe von Händlern, Kontakte zu Reisenden, Missionaren, kolonialen Behörden und Beamten sowie eigenen Forschungs- und Sammelreisen, wie der Hamburger Südsee-Expedition (1908–1910). Letztere brachte mehr als 12.000 Objekte nach Hamburg, darunter etwa 800 menschliche Überreste unter anderem aus Palau, Mikronesien, Samoa, Nauru, Papua-Neuguinea, Tansania, Australien, Namibia und Kamerun.
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Ziel des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekts ist unter anderem die Rekonstruktion der Erwerbskontexte und Transferwege der Bestände, um dann die Herkunftsländer detailliert zu informieren und, so die Pressemitteilung, „eine Verständigung über den weiteren Umgang mit den menschlichen Überresten und ihre Repatriierung zu erzielen“.