Hamburg. Martinůs Erinnerung an ein Massaker durch die Waffen-SS sowie Werke von Mozart und Dvořák standen auf dem Programm des Abends.
Eine Musik, die dem Frieden und dem Widerstand gegen Mord und Vernichtung gewidmet ist, brauchen wir dieser Tage mehr denn je. Mit Bohuslav Martinůs „Memorial to Lidice H. 296“ hatten Sylvain Cambreling und seine Symphoniker Hamburg am Sonntag in der Laeiszhalle ein Werk an den Beginn ihres 3. Symphoniekonzerts gesetzt, das ein fürchterliches Massaker im tschechischen Ort Lidice im Sommer 1942 in Erinnerung brachte.
Aus Rache für die Ermordung des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich in Prag durch tschechoslowakische Widerstandskämpfer hatte die Waffen-SS dort ohne jeden Grund Männer erschossen, Frauen in Konzentrationslager gebracht und Kinder verschleppt. Der ins amerikanische Exil gegangene Martinů hatte daraufhin diese kurze, zu Herzen gehende Gedenkmusik geschrieben, die aber mit tiefer Hoffnung auf Bewältigung der Trauer verbunden ist.
Laeiszhalle: Symphoniker Hamburg setzen Zeichen der Hoffnung in düsteren Zeiten
Ein düsterer Akkord, der bei den Symphonikern Hamburg irgendwie zu atmen schien und in einen instrumentalen Gesang mit Anlehnungen an den böhmischen Wenzels-Choral und den Dies-irae-Hymnus überging, eröffnete das Werk. Unter Cambrelings Leitung überwogen trotz der starken Steigerungen mit vollem Blechbläsersatz und harten Schlägen auf die Große Trommel aber die besänftigenden Töne bis zum Schlussakkord in strahlendem Dur als Zeichen der Hoffnung.
Immer auf der Suche nach neuen Talenten hatte Cambreling den jungen polnischen Pianisten Szymon Nehring als Solisten von Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 Es-Dur KV 271 eingeladen, der einen fantastischen Eindruck hinterließ. Die Symphoniker Hamburg reagierten sofort auf die Feinheiten seiner Phrasierungen, die Kantabilität und Leichtigkeit seines Spiels. Nehring vermied allzu starke Kontraste und ging in der ausgewogenen Klangbalance des Orchesters vollkommen auf.
Laeiszhalle: Solo-Pauker Alexander Radziewski bekam viel zu tun
Kurz vor der Solokadenz des Andantinos steuerte er mit dem Solo-Oboisten Marc Renner einen Zielton im Pianissimo an, der unter die Haut ging, und legte im finalen Rondeau presto ein rasendes Tempo vor, das Cambreling stets geschickt einzuhegen verstand.
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Richtig zu tun bekam der Solo-Pauker Alexander Radziewski an seinen vier Kesselpauken, die selbst im langsamen Satz Poco adagio nicht verstummten, zum Schluss bei Antonín Dvořáks Symphonie Nr. 7 op. 70. Und es war einfach wundervoll, wie Cambreling trotz der vielen tragischen Töne in diesem Werk Dvořáks Drang, das Positive und Sehnsuchtsvolle durchbrechen und siegen zu lassen, voller Fantasie herauszuarbeiten verstand. Ein Höhepunkt war das Scherzo vivace mit seiner raffinierten Rhythmik und den vielen Registerwechseln, aus denen die Holzbläser im Mittelteil besonders hervorstachen.