Hamburg. Case Scaglione war im Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchester der Star – auch wegen eines interpretatorischen Meisterstücks.
Er stammt aus Texas, hat einen italienischen Namen und war der Star im Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters am Sonntag in der Elbphilharmonie. Der vierzigjährige Case Scaglione ist ein Maestro, von dem wir wohl noch viel Gutes hören werden. Und eigentlich fragte man sich, warum wir so lange auf sein wirklich exzeptionelles Debüt beim NDR warten mussten.
Der Chef des NDR Elbphilharmonie Orchesters und ehemalige Music Director des New York Philharmonic, Alan Gilbert, kennt den Aufsteiger aus dessen Zeit als Associate Conductor des New York Philharmonic Orchestra ja schließlich gut. Und Scaglione geht mittlerweile in seine vierte Saison als Chefdirigent des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn und in seine dritte Spielzeit als Leiter des Orchestre national d’Île-de-France.
NDR Elbphilharmonie Orchester: Dirigent mit besonderem Händchen für Wagner
Mit dem Vorspiel aus „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Wagner, für den Scaglione ein ganz besonderes Händchen zu haben scheint, begann der Abend. Und es war trotz der riesenhaften Orchesterbesetzung kein pompöser, dröhnend lauter Wagner, sondern ein fein ausbalanciertes Vorspiel, bei dem Scaglione die Bögen und Steigerungen gut aufbaute und ebenso organisch wieder aufzufangen verstand.
Die Holzbläser zeigten sich bei den lyrischen Passagen in Bestform. Und wo die Blechbläser dann mal massiv in den Vordergrund treten durften wie bei dem vom Bass-Tubisten Markus Hötzel sonor eingeleiteten Auftritt dreier Posaunisten oder dem von der Triangel und dem Becken verzierten Schluss mit strahlenden Trompeten ließ Scaglione den Emotionen freien Lauf.
Case Scaglione fing Zurückhaltung des Cellisten auf
Charmant und schon beim gemeinsam Auftritt dem Solisten applaudierend begleitete der Maestro danach den Cellisten Steven Isserlis, der mit Schumanns Violoncellokonzert a-Moll op. 129 jedoch in mancher Hinsicht enttäuschte. Isserlis’ Idee war es ganz offensichtlich, das Cello im Sinne von Schumanns Neuinterpretation eines Solistenkonzerts nicht als dominierendes Soloinstrument, sondern als zuweilen prädestinierten Teil des Orchesters zu etablieren.
Mit seiner dynamischen Zurückhaltung aber geriet er zu weit in die Defensive und seine übervorsichtigen Steigerungsansätze blieben blass. Scaglione fing das gut auf und sorgte dafür, dass die Spannungsbögen nicht abbrachen. Auch Isserlis’ Dialoge mit der Hornistin Claudia Strenkert im zweiten Satz oder dem NDR-Cellisten Christopher Franzius waren bewegend. Sowohl bei Schumann als auch in der Zugabe, einem katalanischen „Lied eines Vogels“ in einer Cello-Bearbeitung von Pablo Casals, unterliefen Isserlis jedoch einige tonliche Unsauberkeiten.
Dvořáks 7. Sinfonie: Ein interpretatorisches Meisterstück
Ein interpretatorisches Meisterstück lieferte Scaglione schließlich mit Dvořáks 7. Sinfonie. Der vermeintliche Ernst dieser vielfach auf die nationale Emanzipation der Tschechen ausgerichteten Sinfonie wird von Dvořáks Neigung zur Lebensbejahung und Fröhlichkeit immer wieder konterkariert. Und Scaglione fand einen Weg, die vielen Kontraste dieses Werkes zu verdichten und auch den von Dvořák mit Soli so reich gesegneten Holzbläsern rechten Raum zu verschaffen.