Hamburg. Hamburger Sängerin veröffentlicht auf der lang erwarteten Platte „Therapy“ gleich 20 Lieder. Vielleicht etwas zu viel des Guten.
„Ich bin am Start“, versicherte Zoe Wees vor eineinhalb Jahren im Abendblatt-Interview auf die Frage, wann denn nun das erste Album der Hamburger Sängerin und Songschreiberin zu erwarten ist. Sie musste zwar noch „gefühlt mit 30.000 Leuten sprechen“, aber sie war bereit.
Damals war die auch internationale Aufmerksamkeit noch sehr groß für die jetzt 21 Jahre alte Dulsbergerin nach den erfolgreichen Singles „Control“ 2020 und „Girls Like Us“ 2021, Auftritten in diversen überseeischen TV-Formaten, Konzerten in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich und in den USA. Momentum, das man hätte nutzen können.
Zoe Wees: Zu viel des Guten? Das lange Drama ums Debütalbum
Jetzt sind bald vier Jahre vergangen nach den ersten großen Geschichten rund um „Control“, viel Zuspruch auf YouTube, TikTok und Instagram, einem Plattenvertrag bei Universal und dem gewagten Schritt aus dem sicheren Schatten in das alles ausleuchtende Rampenlicht des Popgeschäfts. „Was ich weiß, ist, dass ich allgemein sehr gewachsen bin in dieser Zeit, es hat mir geholfen, erwachsener zu werden“, sagte sie dem Abendblatt. Unüberlegtheit kann ihr sicher nicht vorgeworfen werden.
Ja, es hat lang gedauert, bis ihr jetzt erschienenes Debütalbum „Therapy“ fertig war. Dafür hat Zoe Wees aber ihre Seele, ihr Herz, ihren Verstand, ihre ganze Persönlichkeit dafür geöffnet, erforscht und hinterfragt. Das Ergebnis ist die sehr beachtliche Zahl von 20 Songs. Wenn schon, denn schon.
Zoe Wees: „Musik hat eine große heilende Kraft“
„Therapy“ ist bei Zoe Wees natürlich kein x-beliebiger Albumtitel, sondern beschreibt, wie sehr Musik Wees durch ein Leben mit einigen weiteren unangenehmen Begleitern wie der Krankheit Roland-Epilepsie getragen hat. „Musik hat eine große heilende Kraft und nimmt einen an die Hand“, und so möchte auch Wees wie nicht wenige ihrer Kolleginnen der Generation Empowerment, Billie Eilish etwa, die Hörenden, die Fans an die Hand nehmen. Den Menschen, denen das mittlerweile alles zu viel ist, nimmt sie gleich mit dem ersten Song den Wind aus den Segeln: „Sorry For The Drama“.
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Nicht nur die schon altbekannten Lieder wie „Control“ und „Girls Like Us“, auch die ganz neuen wie „Don‘t Give Up“ oder „Lightning“ wurden mit zumeist getragenen Piano- und Gospel-Pop-Arrangements, aber auch Soul und R‘n‘B für den internationalen Markt produziert. Über die Gesamtlänge der 20 Lieder ist das vielleicht sogar etwas zu viel des Guten geworden. Umso auffälliger sind Ausreißer wie das raue „You Ain’t Really Good For Me“, der treibende 80er-Rocker „Third Wheel“ oder das schöne Folk-Finale mit „When It Hurts“.
Zoe Wees: Im Frühjahr 2024 gibt sie ein Heimspiel auf dem Kiez
Man kann es sich mit „21 Candles“ gemütlich machen an kalten Herbsttagen, und der so verletzlichen wie kraftvollen Stimme von Zoe Wees lauschen. Wie sie an die Augen ihres Vaters („Daddy‘s Eyes“) denkt oder ihm einen schönen Vatertag wünscht. Das geht ans Herz, wenn man weiß, dass Wees ihren Vater das erste Mal mit 16 Jahren sah. Aber das Leben ist kein DJ-Bobo-Lied. Und ein Zoe-Wees-Konzert ist auch keine Dauerparty, wie die berührenden Abende 2022 im Gruenspan und in der Fabrik zeigten. Am 24. März 2024 spielt sie auf dem Kiez im Bahnhof Pauli.
Zoe Wees So 24.3.2024, 20.00, Bahnhof Pauli (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 22, Karten zu 40,55 im Vorverkauf; www.zoewees.com