Hamburg. Die Ausstellung „Forget Me Not“ zeigt ein Medium, das als flüchtig gilt, als oberflächlich und morgen schon wieder vergessen.

An der Wand im Museum für Kunst und Gewerbe hängt eine Stickarbeit. „We too will pass, so how do we want to be remembered“, lässt sich entziffern, „Auch wir werden sterben, wie also soll man sich an uns erinnern“, und das ist im Grunde schon das Motto für Katharina Spitz’ Ausstellung „Forget Me Not“: Es geht um Erinnerung. Und zwar in einem Medium, das als flüchtig gilt, als oberflächlich und morgen schon wieder vergessen: Es geht um Erinnerung in der Mode.

Museum Hamburg: Katharina Spitz im MK&G – Mode einmal ganz anders sehen

Spitz ist die sechste Residentin im Förderprogramm des Fonds für Junges Design, das heißt: Sie hatte die Möglichkeit, sechs Monate lang in und mit der Sammlung des Museums zu arbeiten und so eine Ausstellung zu konzipieren. Und weil Spitz, geboren 1993 in Leverkusen, gelernte Schneiderin mit Studienabschluss in Experimentellem Modedesign von der Universität der Künste Berlin und heute Designerin in Amsterdam, jemand ist, der konsequent an der Grenze zwischen Handwerk und Kunst, zwischen Praxis und Gefühl arbeitet, konzentrierte sie sich nicht nur auf die Modesammlung des Hauses, sondern griff auch zu Kunst und Alltagsdesign.

Zentral für ihren Zugriff war etwa Bettina Flitners Fotoserie „Mein Denkmal“ (1994), in der unterschiedliche Frauen vor Kölner Denkmälern posieren. „Was ist das eigentlich – ein Denkmal?“, fragt diese Serie, und Spitz überträgt diesen Gedanken in Mode. In „Forget Me Not“ hängen entsprechend körperpanzerartige Gebilde, die entfernt an Fetischmode erinnern, neben weichen, fallenden, auch zerfallenden Objekten: der Versuch, das unabwendbare Ende zu ignorieren, steht neben einer Akzeptanz der eigenen Vergänglichkeit, die womöglich sogar etwas Tröstliches hat.

Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg: Auch ein sich selbst auflösender Spitzenrock ist zu sehen

„Ich bin die Ewigkeit“, behauptet etwa ein Theaterplakat. „Man will das glauben“, beschreibt Spitz diesen Versuch, sich selbst unsterblich zu machen. „Man will sich nicht mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontieren!“ Sie erkennt in solchen Versuchen unter anderem die Ursache für Jugendwahn und die Sehnsucht, Altern und Tod aufzuhalten – und ihre Arbeit kann man als Gegenentwurf dazu verstehen. Jedenfalls führt die Ausstellung von harten, auf die Ewigkeit hinkonstruierten Projekten zu einer Art liebevoller Umarmung des Zerfalls. Am Ende stehen dann ein sich langsam selbst auflösender Spitzenrock (1985) von Ines Ortner und liebevolle Haarobjekte, Schmuck aus dem 19. Jahrhundert, dessen Zerfall dem organischen Material eingeschrieben ist.

Mehr zum Thema

„Forget Me Not“ funktioniert also als Kunstausstellung. Für Spitz ist das auch die angemessene Präsentationsform – mit dem Catwalk, auf dem Haute Couture in der Regel gezeigt wird, kann sie wenig anfangen. Auch wenn Mode natürlich getragen werden will: Am Ende der Ausstellung wird ein Video gezeigt, auf dem Models mit den Objekten zu sehen sind. Aber das ist eine Reminiszenz an die Konvention, wichtiger ist hier der Weg durch die unterschiedlichen Versuche, mit Erinnerung umzugehen, von der Ablehnung über Ironie, die sich etwa in F.C. Gundlachs ikonografischen Modefotos entdecken lässt, zur Akzeptanz. Und der Dialog, den Spitz’ Entwürfe mit den Exponaten aus der Sammlung über diese Versuche führen.

Katharina Spitz: „Forget Me Not“ bis 10. Dezember, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, www.mkg-hamburg.de