Hamburg. Der Hamburger, ohne den die internationale Geschichte der Fotografie nicht denkbar ist, starb im Alter von 95 Jahren.
Seine letzte Ausstellung hat er in seinem Zuhause initiiert, das seine finale Station werden sollte. Die „Generation Gundlach“ ging in der Elbschloss Residenz über die Bühne. Der Meisterfotograf residierte hier und präsentierte sich auch auf der Vernissage wie immer hanseatisch perfekt gewandet im Jackett mit Goldknöpfen samt Einstecktuch. Es sollte seine letzte werden. Am 23. Juli ist F.C. Gundlach im Alter von 95 Jahren gestorben.
Die Geschichte der Fotografie ist ohne ihn nicht denkbar. F.C. Gundlach ist eine Fotografenlegende, Galerist, Sammler, Kurator und Stifter zugleich. 1999 gründete er die Triennale der Photographie. 2003 war er Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg. Seine umfangreiche Sammlung unter dem Titel „Das Bild des Menschen in der Photographie“ stellte er den Deichtorhallen als Dauerleihgabe zur Verfügung. Bis heute zählt sie zu den bedeutendsten privaten Fotosammlungen in Deutschland.
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Mit zehn Jahren die Leidenschaft für die Fotografie entdeckt
Gundlach, der eigentlich Franz Christian Gundlach hieß, wurde am 16. Juli 1926 im hessischen Heinebach geboren. Die Leidenschaft für die Fotografie erwachte bereits in dem Zehnjährigen, der mit einer geschenkten ersten Kamera, einer Agfa-Box die Magie der Fotografie für sich entdeckte. Es waren schwierige Zeiten. Mit 16 Jahren sei seine Jugend zu Ende gewesen, sagte Gundlach vor drei Jahren anlässlich einer Begegnung.
Seine gesamte Schulklasse wurde noch in der letzten Phase des Zweiten Weltkrieges als Flakhelfer eingezogen. Als der Spuk vorbei war, lernte er das Handwerk auf der Fotografieschule Private Lehranstalt für Moderne Lichtbildkunst bei Rolf W. Nehrdich in Kassel. Er sammelte Erfahrungen als Assistent angesehener Studios, etwa bei Harry Meerson in Paris.
F.C.Gundlach: „Ich habe Fortune gehabt“
Mit dem aufkommenden Wohlstand der 1950er-Jahre kamen die Magazine auf. Gute Jahre brachen an für einen Ästheten und Formsucher wie F.C. Gundlach, der eine neue Bildsprache mitprägte. Gundlach war bald in der Welt des schönen Scheins und des Glamours zuhause - aber er kannte eben auch die Kehrseite.
Er richtet sich ein Studio ein, fertigte Porträts an und sammelte bald auch jene anderer großer Fotokünstler. Damals gab es nur eine Handvoll namhafter Fotografen in Deutschland. „Ich habe Fortune gehabt“, pflegte Gundlach über seine abhebende Karriere zu sagen. „Das ist etwas anderes als einmaliges Glück. Es ist etwas, das man empfindet und in einem entscheidenden Moment für sich ausborgt.“ Es war wohl die Fähigkeit, zur richtigen Zeit mit den richtigen Menschen Dinge anzustoßen.
Ein Weltreisender in Sachen Modefotografie
Seit 1949 veröffentlichte er Theater- und Filmreportagen etwa im „Stern“ und der „Quick“. Gundlach erfand gleichsam die Modefotografie aus dem Geist des journalistischen Stils. Für die Hamburger Zeitschrift „Film und Frau“ setzte er 13 Jahre lang Modereportagen mit bekannten Stars in Szene, etwa mit Romy Schneider oder Hildegard Knef. Ein Exklusiv-Vertrag mit der Zeitschrift „Brigitte“ ermöglichte ihm ab 1963 mehr als 160 Titelcover und 5.000 Seiten im redaktionellen Modeteil.
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde Gundlach zu einem Weltreisenden in Sachen Modefotografie, seine Inszenierungen zweier Models mit Badekappen vor den Pyramiden von Gizeh und viele weitere etwa an den weiten Stränden der Copacabana Rio de Janeiros wurden legendär.
Für Gundlach war Modephotographie mehr als nur die Inszenierung schöner Kleiderständer in teuren Gewändern zu Verkaufszwecken. Sie visualisierte den Zeitgeist der Gegenwart, nahm Umbrüche der Gesellschaft vorweg. Nicht nur die formale, ästhetische Qualität seiner Bilder war außergewöhnlich. Sein dokumentarischer, geradezu architektonischer Stil setzte sich von der weichgezeichneten Ästhetik der Nachkriegsära ab. Gleichzeitig bot er eine ideale Projektionsfläche für Träume von Glamour, Schönheit, vollendetem Stil. Die eigene Sehnsucht danach ist sicher auch den entbehrungsreichen Kriegsjahren geschuldet.
Eine Sammlung der Modefotografie
Seine außerordentliche Sammelleidenschaft weckte ein Kurator des New Yorker Museum of Modern Art. „Wer glaubt, dass Sammeln ein harmloses, kleines nettes Hobby ist, der irrt gewaltig“, sagte F.C. Gundlach einmal. Er nannte es eine Besessenheit, gar eine Form der Abnormität, einen kreativen Akt. Eine Sammlung ohne Konzept war für ihn eine bloße Ansammlung.
Schwerpunkt seiner sorgfältig über Jahrzehnte zusammengetragenen Sammlung liegt auf der Modefotografie in Deutschland mit Arbeiten von Regina Relang, Hubs Flöter, Norbert Leonard und Sonja Georgi. Auch Arbeiten namhafter internationaler Fotokünstler sind darunter, angefangen bei Horst P. Horst über Irving Penn bis zu Richard Avedon. Aber eben auch Arbeiten solcher Künstler, die über bloß zeitgeistige Modevisualisierung hinausgingen, wie Diane Arbus, Joel Peter Witkin, Nan Goldin. Der Mensch in seiner Zeitlichkeit und Fragilität war das inhaltliche Hauptanliegen des Sammlers Gundlach.
Gundlach gründete eine der ersten Fotogalerien Deutschlands
1976 besuchte er erstmals New York. Eine nicht nur ästhetische Offenbarung. Gundlach lernte die Modelagentin Eileen Ford kennen, mit der ihn eine über 30-jährige Freundschaft verbinden sollte und verband sich mit zahlreichen Fotografen-Kollegen.
1975 gründete er in Hamburg im Feldstraßenbunker nach dem Dienstleistungsunternehmen PPS mit der gleichnamigen Galerie eine der ersten reinen Fotogalerien Deutschlands und wurde zunächst nicht ernst genommen. „Deutsche Fotografie gab es nicht“, sagte er. Bis 1992 zeigte er mehr als 100 Ausstellungen, bevor er sich zunehmend auf das Sammeln konzentrierte.
F.C. Gundlach: Mausoleum auf dem Ohlsdorfer Friedhof
Seit Jahren wacht Kuratorin Sabine Schnakenberg über die Sammlung der Halle der Photographie. 8853 Arbeiten lagern hier, weitere 2500 in einem Depot am Booktorkai auf 400 Quadratmetern. Darunter sind großformatige Werke von Cindy Sherman.
Mit F.C. Gundlachs Tod vollendet sich ein reiches Künstler- und Sammlerleben, das bis in die Gegenwart prägende Spuren hinterlassen hat. Er selbst hat schon vor Jahren auf dem Ohlsdorfer Friedhof ein Mausoleum als letzte Ruhestätte errichtet. Auch, um sicherzustellen, dass er eine oberirdische Ruhe finden kann. Eine mit guter Aussicht. Es steht kein Name darauf. Erkennbar ist sie trotzdem. An einem Relief des Badekappen-Shootings von Gizeh.