Hamburg. Landgericht gibt Kläger in zwei von vier Verfahren um ehemalige Biotechfirma recht. Bei anderen Klagen zeichnet sich klare Tendenz ab.

Obwohl am Donnerstagmittag Großes verkündet wurde, war Saal A213 am Landgericht Hamburg nahezu leer. Weder Kläger Klaus Skripalle, der Geschäftsführer der Bioexsen GmbH, noch der Beklagte Thomas Wüstefeld waren anwesend. Auch die Anwälte der beiden glänzten mit Abwesenheit und werden daher erst an diesem Freitag schriftlich über das benachrichtigt, was die drei Richter um den Vorsitzenden Roland Hinz um Punkt 14 Uhr lediglich dem Abendblatt mündlich verkündeten: Der frühere HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld hat die ersten beiden von vier Verfahrenverloren.

In dem Verfahren der Bioexsen GmbH gegen Wüstefelds CaLeJo GmbH (Aktenzeichen 304O138/22) muss der 54-Jährige 945.500 Euro zahlen. „Und der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen“, ergänzte eine der Richterinnen.

Und auch beim Prozess der Bioexsen GmbH gegen seine leafGlobal GmbH (Aktenzeichen 304O139/22) zog Wüstefeld den Kürzen. Diesmal sind es 70.000 Euro (plus Zinsen seit dem 26. November 2021), die der Beklagte zahlen muss.

Ex-HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld: Auch in anderen Verfahren sieht es schlecht aus

Die Biotechfirma Bioexsen war ein Joint Venture von Wüstefeld mit früheren Partnern. Sie handelten mit Medizinprodukten wie PCR-Tests, die in der Corona-Pandemie zu echten Verkaufsschlagern wurden. Der zentrale Vorwurf, den Wüstefeld allerdings immer vehement bestritt: Er soll in dieser Firma in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Nun hat das Gericht insgesamt vier Verfahren gegen Wüstefeld-Firmen der Einfachheit halber zusammengefasst – wobei die letzten beiden Urteile erst am 28. September gesprochen werden sollen. Doch auch in diesen beiden Verfahren, das machten die drei Richter und Richterinnen am Donnerstagmittag deutlich, sieht es für den früheren HSV-Multifunktionär nicht gut aus.

Richterin: Wüstefeld hat nicht ausreichend Unterlagen eingereicht

„Die Entscheidungen spiegeln unsere Einschätzungen vom Prozessbeginn wider“, sagte Richter Hinz, der am ersten Prozesstag vor einem knappen halben Jahr schon sehr deutlich geworden war. Seinerzeit, am 20. April, machte er Wüstefeld klar, dass ein damals noch möglicher Vergleich für ihn jetzt günstiger kommen könnte als ein Urteil mit einem „Prozessrisiko“, das bei bis zu acht Millionen Euro für Wüstefeld liege. Zudem hatte der Richter schon damals fehlende Dokumente bei Wüstefeld angemahnt. Zu dessen Anwalt hatte er gesagt: „Wir verstehen Ihre Schriftsätze von vorne bis hinten nicht.“

Ein knappes halbes Jahr später scheint sich die Sachlage im Hinblick auf die nun ausstehenden beiden Urteile nicht großartig geändert zu haben. „Das, was da gekommen ist, hat schon beim ersten Termin nicht ausgereicht. Es musste nachgebessert werden“, sagte eine der beisitzenden Richterinnen – und ergänzte: „Die Beklagte hat sich bemüht, aber das hat nicht so richtig gereicht.“

Wüstefeld von Urteil des Landgerichts Hamburg überrascht

Als das Abendblatt Wüstefeld kurz danach mit den Urteilen am Telefon konfrontierte, zeigte sich der Unternehmer überrascht. Sein Anwalt habe doch noch einmal ordentlich nachgelegt und einen Schriftsatz nachgereicht. Deswegen sei er weiterhin äußerst optimistisch, was die Verkündung der noch fehlenden Urteile betrifft.

Diese müssten dann mit den bereits verkündeten Urteilen verrechnet werden. Zudem kündigte er an, dass er seinerseits die Bioexsen GmbH in München auf die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse verklage. Und überhaupt: Sein Anwalt werde natürlich auch prüfen, bei den schon verkündeten Urteilen in die Berufung zu gehen.

In den noch ausstehenden Verfahren geht es um weitere Zahlungen, die Wüstefeld von dem ehemaligen Joint Venture Bioexsen an seine Firmen wie Medsan geleistet haben soll. Wegen Untreue hatten die anderen Anteilseigner ihn sogar bei der Staatsanwaltschaft Hamburg angezeigt.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen Wüstefeld zunächst eingestellt – dann aber wieder aufgenommen. Auf Abendblatt-Nachfrage bestätigt Pressesprecherin Liddy Oechtering: „Aktuell sind in zwei Verfahren nach Einstellung durch die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufgenommen worden. Diese Ermittlungen dauern aktuell noch an.“

Erst kürzlich hat Wüstefeld seine HSV-Anteile in Millionenhöhe verkauft

Beim Prozessauftakt im April war auch die Frage erörtert worden, ob bei Wüstefeld möglicherweise ein Insolvenzrisiko vorliege. Doch zumindest in Sachen Finanzen konnte der Unternehmer kürzlich gute Nachrichten verkünden. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass er seine HSV-Anteile an die Versicherung HanseMerkur verkauft hatte.

Ob er für die 5,07 Prozent der HSV-Anteile den gleichen Kaufpreis von rund 14 Millionen Euro, den er vor zwei Jahren bezahlt hatte, nun bekommen hat, ist allerdings nicht bekannt.

Die Fortsetzung folgt am 28. September um Punkt 12 Uhr. High Noon am Landgericht.