Hamburg. Band zwischen CSD-Organisatoren und CDU scheint zerschnitten. Das hat vor allem zwei Gründe. Wie der CDU-Chef jetzt reagiert.

Wenn am Sonnabend dieser Woche rund 250.000 Menschen an der großen Parade aus Anlass des Christopher-Street-Days (CSD) teilnehmen, dann wird eine Partei fehlen, die bislang immer vertreten war: Die Veranstalter der Pride Week haben die CDU ausgeladen.

„Wir sind entsetzt über die jüngste Entwicklung der CDU. Die Diskrepanz zwischen den Worten und Taten einiger Mitglieder macht uns fassungslos, aber nicht sprachlos“, heißt es in einer Erklärung des Vereins Hamburg Pride auf Facebook.

Hamburg Pride: „Entsetzt über Entwicklung“ – warum CSD-Veranstalter die CDU auslädt

Was war geschehen? Die Union, die die Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ unterstützt, hatte an ihrer Unterstützung auch dann festgehalten, als die Initiatorin Sabine Mertens wegen homophober Aussagen im Februar heftig kritisiert worden war.

Die Initiative setzt sich unter Leitung ihrer Frontfrau Sabine Mertens für ein Verbot des Genderns in Bildungs- und Verwaltungsinstitutionen in Hamburg ein. Der CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering hatte sich zwar damals von Mertens’ Aussagen distanziert und sie als „inakzeptabel“ bezeichnet. Aber Ende Juni übergaben die Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß und Christoph de Vries Frontfrau Mertens rund 3300 Unterschriften, die die CDU für die Initiative gesammelt hatte.

CSD Hamburg: CDU wird Unterstützung der Anti-Gender-Volksinitiative vorgeworfen

Mittlerweile hat sich Mertens für ihre Äußerungen entschuldigt. „Es tut mir leid, dass ich mit meinen oft zitierten, missverständlichen Aussagen den Eindruck erweckt habe, Homosexualität sei ,anormal´“, sagte sie. „Nichts liegt mir ferner!“ Es täte ihr darüber hinaus leid, wenn sie mit ihren Aussagen zur Ausladung der CDU vom CSD beigetragen habe. Geholfen hat es allerdings nicht.

Die CDU wird von Hamburg Pride nicht nur wegen ihrer Unterstützung für die Anti-Gender-Kampagne kritisiert. Auch der Beschluss des CDU-Landesparteitages vom 10. Juli gegen das von der Ampel-Koalition geplante Selbstbestimmungsgesetz sorgt für Unmut.

Die geplante Reform sieht unter anderem die Möglichkeit zur Änderung des Geschlechtseintrags durch eine Erklärung des Betroffenen vor dem Standesamt vor. Die Änderung kann frühestens nach einem Jahr wieder geändert werden.

Hamburg Pride: „Wir sind enttäuscht, dass die CDU Vorstöße gegen Vielfalt unterstützt“

Für viele Betroffene ist dies ein entscheidender Schritt zur Selbstbestimmung. In den Grundsatzforderungen von Hamburg Pride wird das Selbstbestimmungsgesetz ausdrücklich begrüßt. Und das Motto der diesjährigen CSD-Parade lautet: „Selbstbestimmung jetzt! Verbündet gegen Trans*feindlichkeit“. Dass die CDU sich gegen zentrale Forderungen des CSD ausspricht, bei der Demonstration aber trotzdem teilnehmen will, passt für die Veranstalter nicht zusammen.

In der Facebook-Mitteilung von Hamburg Pride heißt es: „Wir sind enttäuscht, wie die Partei ihre frühere Unterstützung für die LGBTIQ*-Gemeinde nun infrage stellt und gleichzeitig Vorstöße unterstützt, die sich gegen Vielfalt und Gleichberechtigung richten.“

CDU wehrt sich: „Es muss möglich sein, unterschiedliche Meinungen zu haben“

Auf Anfrage des Abendblatts sagte CDU-Chef Thering: „Wir haben die Absage zur Kenntnis genommen. In einer Demokratie muss es möglich sein, unterschiedliche Meinungen zu haben, wie hier in einzelnen Punkten beim Gendern. Das ist hier aber mit einigen Verantwortlichen des CSD leider nicht der Fall gewesen.“

War es richtig, die Initiative gegen das Gendern auch nach Mertens’ fragwürdigen Äußerungen zu unterstützen? „Wir stellen uns klar gegen jede Form von Homophobie und Diskriminierung, sie haben keinen Platz in unserer weltoffenen Stadtgesellschaft. Als CDU Hamburg lehnen wir die Gendersprache in staatlichen Institutionen ab und stehen insoweit hinter den Zielen der Initiative“, sagte Thering lediglich.

Ganz ausgeschlossen ist die CDU allerdings nicht: Bei dem CSD-Straßenfest, das begleitend zur großen Parade stattfindet, wird die Lesben- und Schwulenunion (LSU) mit einem eigenen Stand vertreten sein.

CSD Hamburg: Bürgermeister Tschentscher unterbricht für die Parade seinen Urlaub

Die CSD-Parade startet am Sonnabend um 12 Uhr in der Langen Reihe (St. Georg) und endet am Neuen Jungfernstieg. Mit viel Farbe, guter Laune und ausgelassenem Feiern geht es um das zentrale Anliegen, den Einsatz für die Gleichberechtigung und Rechte der LGBTIQ*-Gemeinde. Seit vielen Jahren sind auch politische Akteure mit eigenen Ständen und Wagen auf dem CSD vertreten.

Prominente Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen, FDP und Linken werden dabei sein. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) unterbricht sogar seinen Urlaub, um an der CSD-Parade teilzunehmen, gemeinsam mit Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Auch die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang wird nach Hamburg kommen.