Hamburg. Initiative will Gendersprache in Hamburgs Verwaltung verbieten. Wie es jetzt weitergeht und wann die Hamburger abstimmen könnten.

Für die einen ist es eine Verschandlung unserer Sprache, für die anderen ein Beitrag für mehr Gleichberechtigung aller Menschen: Die sogenannte Gendersprache, die meist mit einem Doppelpunkt gekennzeichnet und auch mitgesprochen wird, entzweit die Hansestadt.

Am Freitagvormittag hat die Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ am Rathaus mehr als die erforderlichen 10.000 Unterschriften an den Senat übergeben – und damit die erste Hürde auf dem Weg zu einem Volksentscheid genommen.

Am Ende waren es genau 16.457 Unterschriften, die sie auch mit Hilfe der Hamburger CDU gesammelt hat. Davon kündeten auch die goldenen Aufblaszahlen, mit denen die Initiatoren stolz in das Rathaus zogen, begleitet von überwiegend älteren Unterstützern. Üblicherweise müssen Initiativen etwas mehr als 10.000 Unterschriften abgeben, weil einige ungültig sein können.

Volksinitiative: „Unser Anliegen trifft den Nerv der Zeit“

Nach dem Willen der Volksinitiative sollen die Hamburger Verwaltung, Bildungseinrichtungen und städtische Unternehmen auf Gendersternchen und Doppelpunkte in Wörtern verzichten. „Unsere Volksinitiative trifft den Nerv und die Stimmung vieler Menschen in Hamburg“, ist die Sprecherin der Volksinitiative, Sabine Mertens, überzeugt.

Sie wendet sich dagegen, dass die bei Hamburger Behörden „Bediensteten zum Gebrauch der Gendersprache“ angehalten würden. Im Koalitionsvertrag gebe es „500 Gendersternchen“. Man setze sich für das „Standardhochdeutsch“ in der öffentlichen Kommunikation ein.

Gendersprache sei „diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen“. Sie sei die „Sprache einer Minderheit in der Sprachgemeinschaft, die vorgibt, die Mehrheit zu repräsentieren“, so Mertens. Im übrigen: Die jüngsten Unterstützer der Initiative seien 16 Jahre alt. Bisher ist die Gendersprache in der Hamburger Verwaltung keineswegs vorgeschrieben, aber zulässig.

„Kleine Elite, die gendern will, spaltet sich ab“

Der Vorwurf, ihr Anliegen sei rückwärtsgewandt, treffe „sie doch etwas im Herz“, so Mertens zum Abendblatt. Die Initiative wolle „eine über Jahrtausende gewachsene Gemeinschaftssprache“ schützen. „Eine kleine Elite, die gendern will, spaltet sich immer mehr von der großen Mehrheit der Gesellschaft ab.“

Das Anliegen wird von der CDU unterstützt. Mehr als 3000 der abgegebenen Unterschriften hatten die Christdemokraten gesammelt. Besonders der Bundestagsabgeordnete und frühere CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß hatte sich öffentlichkeitswirksam als entschiedener Gegner der Gendersprache positioniert. Am Freitagvormittag nahm Vertreter des rot-grünen Senats die Unterschriften in der Rathausdiele entgegen und zeichnete den Erhalt formal ab – Stempel inklusive.

Initiative gegen Gendersprache: So geht es jetzt weiter

Wie geht es nun weiter? Zunächst werden die Unterschriften daraufhin überprüft, ob die Unterstützer in Hamburg wohnen und wahlberechtigt sind, ob es keine Dopplungen gibt. Der Senat informiert dann die Bürgerschaft, dass sich eine Volksinitiative offiziell gebildet hat. Das Parlament kann auch sofort einen von der Initiative eingereichten Gesetzentwurf beschließen. Doch das ist bei der rot-grünen Koalition unwahrscheinlich, die ein Verbot des Genderns ablehnt.

„Wir haben Signale von Grünen und SPD, dass sie sich unserem Anliegen nicht anschließen wollen“, bekannte Mertens. „Aber da sitzen ja vernünftige Leute, die können ihre Meinung auch ändern.“ Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus.

Als Vertreter des Senats quittierte Eike Westermann (l.) Sabine Mertens (r.) den Eingang der abgegebenen Unterschriften im Hamburger Rathaus.
Als Vertreter des Senats quittierte Eike Westermann (l.) Sabine Mertens (r.) den Eingang der abgegebenen Unterschriften im Hamburger Rathaus. © dpa | Markus Scholz

In einem zweiten Schritt kann die Anti-Gender-Initiative ein Volksbegehren beantragen. Dann hätten die Wahlberechtigten in Hamburg die Chance, sich in den Bezirksämtern oder bei der Initiative in Listen einzutragen, ob sie dem Gesetzentwurf zustimmen. Hier braucht die Gender-Initiative ein Zwanzigstel der Wahlberechtigten, also rund 66.000 Stimmen. Diese müssen binnen 21 Tagen gesammelt sein.

Entscheidung könnte bei Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg fallen

Haben die Gender-Gegner diese Stimmen zusammen, hätte die Bürgerschaft erneut die Chance, deren Vorlage zu beschließen. Das ist ebenso unrealistisch wie bei der ersten Gelegenheit im Schritt davor. Somit könnte sie einen Volksentscheid über ihren Gesetzentwurf beantragen, den der Senat den Wählern vorlegen müsste, zum Beispiel bei der Bürgerschafts- oder Bundestagswahl 2025.

Die Bürgerschaft könnte, wenn sie wollte, einen eigenen Entwurf daneben platzieren. Angenommen wäre der Volksentscheid, wenn eine einfache Mehrheit zustimmt – jedoch werden Jastimmen von mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten benötigt. Bei einem denkbaren Volksentscheid parallel zur Bürgerschaftswahl 2025 dürften auch die 16- und 17-Jährigen mitstimmen, die in Hamburg wahlberechtigt sind.

Initiative gegen Gendersprache: Scharfe Kritik an Sprecherin wegen Äußerungen

Hamburgs Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank hatte sich in der Vergangenheit gegen ein generelles Verbot der Gendersprache in Verwaltung und Behörden ausgesprochen. „Wir wollen keine Vorschriften machen, wie jemand sprechen oder schreiben soll“, hatte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur gesagt. In Hamburg sei weder in der Verwaltung noch in der Schule oder an der Uni die Gendersprache vorgeschrieben. „Es muss aber möglich sein, sie zu benutzen.“

Nach als queerfeindlich empfundenen Äußerungen von Mertens hatten SPD, Grüne und Linke die CDU im Februar aufgefordert, auf Distanz zu der Initiative zu gehen. Mertens hatte im Abendblatt bezüglich des Genderns von „feministischer Propaganda“ und „PR-Maßnahmen der LGBTQ-Bewegung“ gesprochen und die Ansicht vertreten, „dass sich normalerweise Männer und Frauen zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen“. Außerdem erklärte sie: „Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende.“