Hamburg. Dramatische Infektionswelle in Hamburg: „KinderDocs“ erklären, wie man Krankheiten behandelt und warum sie wiederkehren können.

Kaum eine Krankheit hat Eltern und ihre Kinder in den vergangenen Monaten so sehr beschäftigt wie die Welle von Streptokokken-Erkrankungen in der Hansestadt. „Es gab eine dramatische, so noch nie gesehene Häufung von Streptokokken-Infektionen bei Kindern, auch bei ungewöhnlich jungen Kindern“, sagt Claudia Haupt, Kinderärztin in Blankenese und Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte in Hamburg, im Abendblatt-Podcast „Die KinderDocs“.

„Das hat uns in den Praxen wirklich enorm beschäftigt, weil zur selben Zeit ein drastischer Mangel an Antibiotikasäften für Kinder bestand.“ Und auch wenn die Welle abgeflacht ist: Vorbei ist sie nicht.

Kinderärztin: Streptokokken, Scharlach, Mandeln – Das hilft kranken Kindern

Streptokokken sind Bakterien, die auf den Schleimhäuten im Mund und Rachenraum vorkommen können. Sie werden als Tröpfcheninfektion weitergegeben und können einerseits eine Mandelentzündung hervorrufen und andererseits Scharlach. Die Kinder können Fieber haben, sehr starke Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten am Hals, ergänzt Kinderärztin Charlotte Schulz, Sprecherin des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte in Hamburg.

https://www.abendblatt.de/podcast/kinderdocs/article238801823/Folge-4-Streptokokken-bei-Kindern-und-kein-Ende.html

Aber woher wissen Eltern, dass es sich um Scharlach handelt? „Die Kinder fühlen sich sehr krank, haben oft hohes Fieber, und am zweiten Tag tritt dann der charakteristische rötliche Hautausschlag auf, der sich zunächst mal in den Leisten, Achselhöhlen und über den Unterbauch aufsteigend am Körperstamm ausbreitet“, sagt Kinderärztin Haupt.

Scharlach bei Kindern: Wenn sich die Erdbeer-Zunge zeigt, ist alles klar

Die Jungen und Mädchen haben stark gerötete Wangen mit einem blassen Mund, geschwollene Lymphknoten, Kopf- und Halsschmerzen, oft Übelkeit. „Wenn dann die Zunge charakteristisch leuchtend rot wird, das nennen wir Erdbeer-Zunge, dann können Eltern das Vollbild des Scharlachs gar nicht verkennen.“

Die Kinderärztinnen und -ärzte nehmen in ihrer Praxis im Rachen des Kindes einen Abstrich auf Streptokokken. „Ist es Scharlach, wird dann regelhaft ein Antibiotikum verschieben“, sagt Charlotte Schulz, Kinderärztin in Hoheluft.

Kinderärztin über Infektion mit Streptokokken: So lange sind die Kinder ansteckend

Nach Beginn der Antibiotika-Therapie sind die Kinder noch 24 Stunden lang ansteckend; wer ganz sichergehen will, wartet 48 Stunden. Auch die Symptome bessern sich schnell. Eine Streptokokken-Mandelentzündung muss hingegen nicht zwingend antibiotisch behandelt werden. „Allerdings sind die Kinder dann fast zwei Wochen für ihr Umfeld ansteckend.“

Die Inkubationszeit ist übrigens recht kurz, meist vergehen zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung ein bis drei Tage, maximal können es sechs sein. Erkrankte Kinder dürfen nicht in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kita oder Schule gehen, vermeiden lässt sich die Weitergabe der Krankheit in der Familien nicht immer, auch wenn sich Streptokokken nicht so leicht verbreiten wie beispielsweise Windpocken oder Masern.

Kindergesundheit: Scharlach kann man immer wieder bekommen

„Kinder sollten nicht aus dem Becher der erkrankten Schwester oder Bruder trinken, ältere Kinder können auch mal eher in ihrem Zimmer bleiben, aber unterm Strich sind Familien an dieser Stelle eine Schicksalsgemeinschaft“, sagt Claudia Haupt.

Die schlechte Nachricht ist: Mit Scharlach kann man sich – anders als mit anderen Kinderkrankheiten – auch immer wieder anstecken. Kinder entwickeln eine vorübergehende Immunität gegen den jeweiligen Untertyp des Erregers, einen bleibenden Schutz aber gibt es nicht. Daher haben manche Kinder in diesem Jahr sogar mehrfach eine Streptokokken-Infektion bekommen.

Die gute Nachricht: „Die gefürchteten Komplikationen sind äußerst selten geworden, da können wir die Eltern sehr beruhigen“, sagt Medizinerin Claudia Haupt. Eine Streptokokken-Infektion sei unangenehm, aber in ganz seltenen Fällen gefährlich. „Man kann sie gut behandeln und braucht keine Spätfolgen zu befürchten.“