Hamburg. Fast 800.000 Pkw sind in Hamburg angemeldet. Deswegen müssten alle Ampeln der Stadt auf “Countdown“ umgerüstet werden.

Trotz aller Bemühungen zur Förderung von Radfahren und öffentlichem Personennahverkehr: Der Trend zum Pkw bleibt bei den Hamburgern ungebrochen. Nach Daten, die das Kraftfahrtbundesamt (KBA) veröffentlichte, nahm die Zahl der in Hamburg gemeldeten Pkw von Anfang 2018 bis Anfang 2019 um mehr als 11.000 zu. Auch die Zahl der Lkw wuchs deutlich.

Waren am 1. Januar 2018 noch 783.255 Pkw in Hamburg registriert, so stieg die Zahl zum Januar 2019 auf 794.618. Die der gemeldeten Lkw wuchs von 56.640 auf 58.821, die der Krafträder nahm von 53.253 auf 53.264 nur minimal zu. Die Zahl aller in Hamburg gemeldeten Kraftfahrzeuge hat damit einen Rekordwert erreicht und bewegt sich langsam auf die Millionengrenze zu. Im Januar 2019 waren 921.354 Kfz registriert, Anfang 2018 waren es noch 907.426.

Elektromobilität spielt kaum eine Rolle in Hamburg

Ausgesprochen niedrig ist dabei der Anteil elektrisch betriebener Pkw. Laut Senatsantwort auf eine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering waren zum 1. April 2019 gerade einmal 2531 Pkw mit reinem Elektroantrieb angemeldet, dazu 9350 Pkw mit Hybridantrieb. Von einer technologischen Verkehrswende ist also nicht viel zu sehen.

Allerdings könnte eine Entwicklung allen Mut machen, die aus ökologischen Gründen auf einen Trend weg vom Privatwagen setzen: Die Zahl der Pkw pro 1000 Einwohner ging laut KBA zwischen Januar 2018 und 2019 leicht zurück: von 438 auf 434. Zum Vergleich: In Berlin waren im Januar 335 Pkw pro 1000 Einwohner gemeldet, in Bremen 427.

Hamburgs CDU fordert "echte grüne Welle"

Angesichts dieser Entwicklung und dem schlechten Abschneiden Hamburgs in jüngeren Staustatistiken fordert die CDU nun eine „echte grüne Welle“ für Hamburg – und hat dazu jetzt einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der am 22. Mai debattiert und abgestimmt werden soll.

Darin fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, „spätestens bis zum Ende des ersten Quartals 2020 sämtliche Lichtsignalanlagen an Hauptverkehrsstraßen mit intelligenter Steuerungselektronik auszustatten“. Zudem sollten bis Ende 2020 „sämtliche Lichtsignalanlagen an allen übrigen Straßen mit intelligenter Steuerungselektronik“ ausgestattet werden.

Stau sei "die Mutter aller Verkehrsprobleme"

Der Stau sei die „Mutter aller Verkehrsprobleme“, heißt es in dem CDU-Antrag. „Egal ob Unfälle, Luftschadstoffe oder steigende Transportkosten: Stau schadet den Menschen, der Umwelt und der Wirtschaft gleichermaßen.“ Zugleich verweist die CDU auf die Bedeutung der elektronischen Verkehrssteuerung für einen besseren Verkehrsfluss.

„Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hatte bereits 2017 mit den Modellprojekten „Vital“ und „Glosa“ gezeigt, dass durch Verlustzeitmessungen und Geschwindigkeitsempfehlungen der Verkehr optimiert und grüne Wellen effektiv erzeugt werden können“, heißt es in dem Antrag. „Ein solcher Echtzeitdatenaustausch zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur ... bietet demnach immenses Potential zur Verbesserung des Verkehrsflusses.“

Ein Ampel-Countdown soll den Verkehrsfluss verbessern

Hintergrund: Wenn Fahrzeuge bzw. ihre Fahrer (ähnlich wie Fußgänger an so genannten „Countdown-Ampeln“) frühzeitig wissen, in wieviel Sekunden eine ein Stück weiter vor ihnen liegende Ampel auf Grün schalte, können sie ihre Geschwindigkeit so anpassen, dass sie bei Grün an der Ampel ankommen. So könnte unnötiges, für Umwelt und Verkehrsfluss schädliches Beschleunigen und Abbremsen vermieden und auch Sprit gespart werden.

2017 hatte der damalige Verkehrssenator Frank Horch angekündigt, bis 2021 rund 1000 Ampeln mit einer solchen Technik auszustatten. Das reiche aber bei weitem nicht aus, so CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering. „Die Staubelastung hat mittlerweile ein unerträgliches Maß erreicht“, so der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete. Hamburgs Autofahrer bräuchten „endlich eine echte ‚Grüne Welle‘, damit sie schneller und staufrei an ihr Ziel kommen“.

Die Stadt müsse „die längst verfügbare Technik nutzen und zügig alle Ampeln mit intelligenter Steuerungstechnik ausstatten“, fordert Thering. „Es ist ja niemandem mehr zu erklären, dass man teilweise von roter Ampel zu roter Ampel fährt. Dieser unnötige Start-Stopp-Verkehr verursacht Staus, kostet Nerven, schadet der Umwelt und verursacht vermeidbare Lärmemissionen.“

Verkehrsbehörde weist auf bestehendes "Grüne-Welle-Netz" hin

Die Verkehrsbehörde verweist darauf, dass bereits 1450 der 1720 Ampeln in ein „Grüne-Welle-Netz“ eingebunden seien. Allerdings stoße das Prinzip „grüne Welle“ an Grenzen, da umfassende Querverkehre, etwa an den Ringen, bevorrechtigte Busse, Fußgänger und Radfahrer berücksichtigt werden müssten, so Behördensprecherin Susanne Meinecke. Insgesamt 1600 Ampeln seien mit einer verkehrsabhängigen Steuerung ausgestattet, sprich: Sie werden abhängig vom Verkehrsaufkommen geschaltet.

Dabei würden „Verkehrsteilnehmer mithilfe von Detektoren erkannt und eine Reaktion auf ein verändertes Verkehrsaufkommen ist möglich“, so Meinecke. Das funktioniere durch „in die Fahrbahn eingelassene Induktionsschleifen, Wärmebildkameras, Anforderungstaster, Koppelspulen oder bei der Busbeschleunigung über Funk“.

Countdown-Ampeln "keine Lösung für die Zukunft"

Von den von der CDU gemeinten und 2017 vom Senat beworbenen Countdown-Ampeln hält man in der Behörde mittlerweile wohl nicht mehr so viel. Diese seien „nur sehr bedingt einsetzbar und verkehrlich keine Lösung für die Zukunft“, so Meinecke. Sie könnten nur bei fester Zeitsteuerung eingesetzt werden, was eine verkehrsabhängige Ampelschaltung erschwere.

Gleichwohl arbeite die Stadt im Rahmen des vom Bund finanzierten „Sofortprogramms saubere Luft“ eng mit Entwicklern von Smartphone-Anwendungen (Apps) und Automobilherstellern zusammen. Dabei würden diesen die Daten von rund 800 Ampeln zur Verfügung gestellt. „Dadurch können z.B. digitale Ampelphasenassistenten für Auto- aber auch für Radfahrer entwickelt werden. Die Nutzer hätten eine digitale Grüne Welle auf ihrem Smartphone oder im Cockpit ihres Fahrzeugs“, so Meinecke.

Im Bundesförderprojekt „Testfeld automatisiertes Fahren Hamburg“ werde zudem eine direkte Kommunikation zwischen Ampeln und Fahrzeugen erprobt. Klar sei bei alldem aber auch, „dass wichtige Hauptverkehrsstraßen und Knotenpunkte immer an ein Limit stoßen, was sie an Verkehr aufnehmen können“.