Hamburg. Taxis haben einen neuen Konkurrenten bekommen. Moia zählt bisher 60.000 Buchungen – hat aber Probleme mit Leerfahrten.

Das Hamburger Taxi-Gewerbe hat einen neuen Konkurrenten bekommen. Seit dem 15. April bietet die VW-Tochter Moia ihre Dienste in der Hansestadt an. Noch bis zum 12. Mai kosten die Fahrten maximal fünf Euro. Selbst dann, wenn die Fahrgäste beispielsweise von der Innenstadt bis nach Wellingsbüttel fahren.

Der Nachteil: Die Kunden werden nicht direkt von Tür zu Tür gefahren, sondern müssen zu einem vorgegebenen Einsteigeort kommen und werden manchmal auch mehrere Hundert Meter entfernt vom Ziel abgesetzt. Der Preis richte sich ab dem 13. Mai unter anderen nach der Entfernung, dem Wochentag und der Uhrzeit, sagte Sprecher Christoph Ziegenmeyer.

Klage eines Taxifahrers

Zunächst hatte die zuständige Verkehrsbehörde 500 Elektro-Minibusse genehmigt. Doch dagegen klagte ein Taxifahrer. In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Hamburg die Moia-Flottengröße zunächst auf 200 Kleinbusse begrenzt. Gegen diese Entscheidung haben das Unternehmen und die Stadt Beschwerde eingelegt. Nun muss sich damit das Oberverwaltungsgericht befassen.

Nach knapp vier Wochen zieht der Taxi-Konkurrent nun eine erste Zwischenbilanz: „Wir können bereits auf über 60.000 Buchungen zurückblicken. Die Buchungsanfragen per App liegen ein Vielfaches darüber“, erklärt das Unternehmen auf Abendblatt-Anfrage.

Fahrten sind günstiger als mit dem Taxi

60 Prozent der Fahrten würden geteilt, das heißt, es sitzt mehr als eine Person in dem Kleinbus. Darum geht es Moia: Menschen, die von einem Teil in der Stadt in einen anderen wollen, ordern per Smartphone-App einen der Kleinbusse und fahren – möglichst mit mehreren Fahrgästen – zum gewünschten Ziel. Der Vorteil: Die Fahrten sind günstiger als mit dem Taxi. Bis zum Sonntag gilt noch ein Aktionspreis von fünf Euro pro Person. Nachteil: Man muss Wartezeiten und womöglich Umwege in Kauf nehmen, weil auch die Mitfahrer an ihren Zielen abgesetzt werden.

„Die ersten Wochen in Hamburg haben auch gezeigt, dass 100 Fahrzeuge in dem aktuellen Geschäftsgebiet von 200 Quadratkilometern deutlich zu wenig sind, um die große Zahl der Fahrtanfragen bedienen zu können, optimal zu bündeln und unnötige Leerfahrten zu verhindern“, heißt es bei Moia. Leerfahrten sind auch aus einem anderen Grund ein Problem: „Droht das bei der Buchung angegebene Zeitfenster eines Kunden überschritten zu werden, werden bis zum Absetzen des Kunden keine neuen Fahrten mehr angenommen.“ Bis zur Aufnahme des nächsten Gastes könne es deshalb zu Leerfahrten kommen.

Drei Reporter, drei Verkehrsmittel

Moia weiter: „Wir könnten mit der sehr hohen Anzahl an Fahrtanfragen bereits heute 500 Fahrzeuge mit mehreren Passagieren auslasten.“ Einer der Konkurrenten ist MyTaxi, dem sich rund 2300 Fahrer angeschlossen haben: „Neuen Wettbewerbern stehen wir immer aufgeschlossen gegenüber. Der Gesetzgeber muss aber dafür sorgen, dass für gleiche Mobilitätsangebote auch die gleichen Rahmenbedingungen geschaffen werden“, sagte Deutschland-Chef Alexander Mönch.

Das Abendblatt hat den Test gemacht. Drei Reporter, drei Verkehrsmittel und die Elbphilharmonie als gemeinsames Ziel. Als Standort für den Start wurde die Claudiusstraße in Wandsbek ausgewählt. Von dort machten sich die Tester am Vormittag mit dem Taxi, mit einem Moia und der U-Bahn auf die Reise zu dem Konzerthaus.

Der Test:

Wer Zeit hat, der fährt entspannt mit Moia

Der Start verläuft wenig vielversprechend. Eigentlich soll das Moia um 10.34 Uhr eintreffen, also 14 Minuten nach der Bestellung. Der Einstiegsort liegt nur etwa 50 Meter entfernt vom Standort. Das ist komfortabel. Aber der Wagen kommt nicht. Doch um 10.43 Uhr ist es so weit. Freundliche Begrüßung durch den jungen Fahrer, der extra vom Hauptbahnhof gekommen ist.

Und los geht es Richtung Wandsbeker Chaussee. Der Bildschirm zeigt an, dass wir noch jemanden in der Adenauer­allee in St. Georg abholen. Erst mal machen wir es uns bequem auf den weißen, großzügigen Ledersitzen mit Leselampe und Aufladebuchse für das Handy. Das Moia fährt nahezu lautlos, der Fahrer ist kommunikativ. Es wird sich geduzt. Der Job mache Spaß, auch wenn alles noch etwas chaotisch sei von der Organisation her. Aber immerhin könne man Dienstplanwünsche äußern. Fünf Tage die Woche ist er im Einsatz.

Abendblatt-Reporter Ulrich Gaßdorf
bestellte sich ein Moia.
Abendblatt-Reporter Ulrich Gaßdorf bestellte sich ein Moia. © Michael Arning

Der Mann kennt sich aus, ist vorher für den Fahrservice CleverShuttle gefahren. Die Fahrt vergeht schnell, und schließlich ist die Adenauerallee erreicht. Ein Herr mit Koffer steigt ein, sein Ziel ist der Flughafen. Das Navi führt ein wenig in die Irre. Schließlich sind wir auf dem Steindamm, müssen wenden und fahren weiter in Richtung Zielort.

Auf der Willy-Brandt-Straße stockt der Verkehr. Der Fahrer behält die Ruhe, aber nach acht Stunden hinter dem Steuer sei er platt, erzählt der Norderstedter. Nach 29 Minuten Fahrt erreichen wir den Zielort, ein Parkplatz am Kajen. Jetzt liegt noch ein kleiner Fußmarsch vor mir. Bis zur Elbphilharmonie sind es etwa 500 Meter, etwa sechs Minuten Laufstrecke. Insgesamt habe ich 58 Minuten für den Weg benötigt. Ulrich Gaßdorf

Start 10.20 Uhr an der Claudiusstraße. Ankunft am Kajen um 11.12 Uhr. Die Elbphilharmonie wurde um 11.18 Uhr erreicht. Fahrpreis: fünf Euro.

Wer es eilig hat, der sollte ein Taxi bestellen

Ich nehme das Taxi und wähne mich bereits als Sieger. Keine zwei Minuten, nachdem ich die Fahrt mit der „my Taxi“-App angefragt habe, fährt eine Mercedes-E-Klasse an der Claudiusstraße vor. Ich nehme auf dem Ledersitz Platz und lehne mich entspannt zurück. Die Fahrt kann beginnen. Das Radio ist aus, auf Wunsch würde mein Fahrer es sicherlich anschalten, aber dafür gibt es keinen Bedarf.

Am Steuer sitzt Mahmood Tariq, einer, der gern viel redet, allerdings ohne dabei aufdringlich zu sein. Ich frage ihn nach dem neuen Konkurrenten Moia. Aber der Fahrer ist entspannt. Nein, eigentlich merke er nichts von dem neuen Anbieter, sagt Mahmood Tariq. Er ist offensichtlich gut im Geschäft: „Ich arbeite nur vormittags, meine Kunden sind fast alle geschäftlich unterwegs. Die wollen ihren Laptop aufklappen, telefonieren und Unterlagen durchblättern. Denen ist ihre Privatsphäre enorm wichtig.“ Denn im Taxi sitzen die Fahrgäste alleine.

Abendblatt-Reporter Leon Koopmann hat das Taxi genommen.
Abendblatt-Reporter Leon Koopmann hat das Taxi genommen. © Michael Arning

Während mein Chauffeur den Wagen souverän und besonnen durch den Hamburger Verkehr steuert, führen wir typische Taxigespräche. Es geht um Gott und die Welt, fast wie beim Friseur, nur ohne die panischen Blicke in den Spiegel.

Ich erfahre auch, dass Mahmood Tariq Geld zurücklegt, um das anstehende Studium seines Sohnes zu finanzieren. Die Zeit vergeht wie im Flug, und wir sind bereits am Ziel. Die Fahrt bis zur Elbphilharmonie hat 23 Minuten gedauert. Ich zahle bequem per PayPal und steige direkt vor dem Konzerthaus aus. Eigentlich könnte ich mir noch einen Kaffee holen, denn die Kollegen sind noch nicht in Sicht. Leon Koopmann

Start 10.20 Uhr an der Claudiusstraße. Zwei Minuten Wartezeit auf das Taxi und Ankunft um 10.45 Uhr an der Elbphilharmonie. Fahrpreis: 18 Euro

Günstig und schnell ans Ziel mit der U-Bahn

Ich mache mich zu Fuß auf den Weg von der Claudiusstraße zum U-Bahnhof Wandsbek Markt. Nach etwa vier Minuten bin ich an der Haltestelle angekommen. Ich steige in die U 1. Mein Ziel ist der Hauptbahnhof. Es sitzen kaum Menschen in der Bahn. Dafür ist es aber viel zu warm, stickig, und ein undefinierbarer Gestank liegt in der Luft.

Eine Frau mit Kinderwagen steigt ein. Die meisten Menschen in der Bahn sind mit ihren Handys beschäftigt oder hören über ihre Kopfhörer Musik. Aus den Lautsprechern meldet sich die Leitstelle der Hochbahn zu Wort und weist auf die Streckensperrung der Linie U 1 zwischen Farmsen und Volksdorf hin.

Abendblatt-Reporterin Maria Weigl ist mit der U-Bahn gefahren.
Abendblatt-Reporterin Maria Weigl ist mit der U-Bahn gefahren. © Michael Arning

Das scheint aber keinen der Fahrgäste zu interessieren. Ein Telefon klingelt. An der Haltestelle Wartenau steigt ein Mann mit einer Flasche Bier in der Hand ein. Das Alkoholverbot stört ihn offensichtlich nicht. Nach gut zehn Minuten Fahrt mit der U-Bahn komme ich am Hauptbahnhof an und muss nun von der U 1 zur U 3 in Richtung Schlump-Barmbek laufen. Wie die U 1 fährt auch die U 3 alle fünf Minuten.

Der Bahnsteig ist voller Menschen. Eine Schulklasse mit Grundschülern steigt ein. Es ist voll. Einen Sitzplatz bekomme ich nicht mehr. Schließlich erreiche ich den Baumwall und genieße den Blick auf den Hafen. Dort angekommen, muss ich mich nur noch zu Fuß auf den Weg zur Elbphilharmonie machen. Ich brauche fünf Minuten. Die Vorbereitungen für den Hafengeburtstag laufen, ich gehe vorbei an weißen Zelten, um mich herum sind viele Touristen, die Fotos vor der Hafenkulisse machen. Ich überquere die Mahatma-Ghandi-Brücke und erreiche entspannt nach 31 Minuten das Konzerthaus. Maria Weigl

Start: 10.20 Uhr an der Claudiusstraße. Ankunft an der Elbphilharmonie um 10.51 Uhr. Fahrpreis: 3,30 Euro