Hamburg. Wer bestimmt, wohin eine neue Praxis kommt? In Hamburg fehlen unter anderem Kinderärzte. Harsche Töne gegen die Senatorin.

Die Hamburger Ärzte laufen Sturm gegen die Pläne von Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), in Zukunft selbst Praxen zulassen zu wollen. Wie der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KVHH), Walter Plassmann, sagte, gebe es auch verfassungsrechtliche Bedenken. Und: „Ärzte lassen sich nicht wie Marionetten verschieben.“

Hintergrund ist, dass Hamburg zwar bundesweit als „überversorgt“ mit Ärzten quasi aller Fachrichtungen gilt. Trotzdem fehlen vor allem in als „ärmer“ geltenden Stadtteilen wie Wilhelmsburg und Billstedt Kinderärzte oder andere Fachärzte wie Orthopäden. In Eppendorf oder Harvestehude sind sie aufgrund einer höheren Zahl an Privatversicherten häufiger anzufinden.

Vier zusätzliche Kinderärzte in Hamburg

KV-Chef Plassmann sagt nun, die Senatorin versuche, vermeintliche Probleme zu lösen, „für die es längst funktionierende Instrumente gibt.“ Ärzte und Krankenkassen würden über sogenannte „Sonderbedarfszulassungen“ Engpässe beheben. Das wisse auch Prüfer-Storcks. „Und Frau Prüfer-Storcks weiß auch, dass diese Instrumente funktionieren: Die Selbstverwaltung hat in den vergangenen Monaten trotz Überversorgung vier zusätzliche Kinderärzte in das System gebracht und elf zusätzliche Rheumatologen.“

Die Ärzte mutmaßen, dass die Politik ihre Macht gegenüber der Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen ausbauen wolle. Die Ärzte wittern, dass der Senat auf diesem Wege ein staatliches Gesundheitssystem wolle. „Der Glaube, der Politik, dass die zusätzliche willkürliche Ausschreibung von Arztsitzen in bestimmten Regionen dazu führt, dass sich dort auch mehr Ärzte niederlassen, ist durch keine Erfahrung zu belegen.“

Ärzte brauchen privatversicherte Patienten

So klar haben Hamburgs Ärzte selten den regierenden Senat angegriffen. Sie verbitten sich, von einer Senatorin vorgeschrieben zu bekommen, wo welche Ärzte fehlen. Bedarfsplanung ist tatsächlich seit jeher Aufgabe von Ärzten und Krankenkassen. Und es stört die Ärzte, dass die Senatorin nicht erwähnt, warum viele aus Stadtteilen mit weniger Privatpatienten abwandern: Weil die Praxen mit gesetzlich Versicherten allein nicht wirtschaftlich zu führen sind.

Die Senatorin will mit einer Bundesratsinitiative erreichen, dass ihre Behörde in Zukunft darüber entscheiden kann, wo noch ein Arzt zugelassen wird. „Wir können vor Ort die Lage am besten einschätzen“, sagt sie. Doch das ist bislang Aufgabe der KV und der Kassen. Deshalb stößt die Initiative den Ärzten so sauer auf – und vor allem die Wortwahl. Denn das „Wir“ ist offenbar nicht auf die Ärzte bezogen.