Hamburg. Senat entlässt Elke Badde in den vorzeitigen Ruhestand. Die Affäre um Karten für die Rolling Stones ist offenbar noch dramatischer.
Anklage wegen Vorteilsnahme: Die Affäre um die Vergabe von Frei-Tickets für das Hamburger Konzert der Rolling Stones im September 2017 im Stadtpark hat den Senat erreicht. Wie die Pressestelle am Montag mitteilte, habe die Staatsanwaltschaft Hamburg am Freitag informiert, "dass sie im Zusammenhang mit der Vergabe von Freikarten durch das Bezirksamt Hamburg-Nord für das Konzert der Rolling Stones" Anklage gegen die Staatsrätin Elke Badde beim Amtsgericht Hamburg erhebe. Ein Hauptverfahren werde eröffnet.
Um welche Vorwürfe es genau geht, teilte der Senat nicht mit. Das Bezirksamt Nord hatte Freikarten für Mitarbeiter erhalten. Der damalige Bezirksamtschef Harald Rösler musste sich unbequemen Fragen stellen, wer Karten vom Veranstalter angenommen hatte. Rösler ging wenig später in den Ruhestand.
Nach Abendblatt-Informationen ging es bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft um den Verdacht der „Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat“ nach Paragraf 357 des Strafgesetzbuches.
Wie die Staatsanwaltschaft Hamburg am Montag mitteilte,
sei Badde die Dienstvorgesetzte "des gesondert
verfolgten ehemaligen Bezirksamtsleiters R." gewesen. Sie habe, so der Vorwurf, zwei Tickets, die nicht im regulären Verkauf waren, für 357,50 Euro
erworben. Diese Karten kämen aus einem Paket von 300
Kaufkarten und 100 Freikarten, "die R. zuvor von der
konzertveranstaltenden Firma S. für das Bezirksamt Hamburg-Nord
verlangt und ab dem 14. Mai 2017 ,Freunden des Hauses' angeboten
haben soll".
Badde soll auf Röslers Angebot eingegangen sein, ohne nachzufragen. Weiterhin habe sie nach dem Konzert am 20. September ein Schreiben von Rösler genehmigt. Das habe Rösler auf den 23. August vor dem Konzert datiert, und sie habe es mit "24/8 genehmigt" abgezeichnet. Mit diesem Schreiben sollte Rösler und seiner Frau offenbar der Konzertbesuch, die Teilnahme am Vorempfang sowie die Weitergabe von vier Freikarten an Bekannte erlaubt werden. Die Staatsanwaltschaft hält die "Kartengeschäfte" für strafrechtlich relevant. Sie hätten auch nachträglich nicht genehmigt werden dürfen.
Ticket-Affäre: Badde von Internetseite entfernt
Der Senat hat sich im Fall Badde entschlossen, die Staatsrätin "im gegenseitigen Einvernehmen mit Frau Badde" in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Bürgermeister Peter Tschentscher und Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (beide SPD) sagten, sie dankten Badde für ihre "engagierte" Arbeit.
Die Opposition kritisierte den Zeitpunkt als "zu spät".
CDU-Fraktionschef André Trepoll sagte:
"Das Verhalten von Rot-Grün in der Kartenaffäre hat
bei den Hamburgern großes Misstrauen ausgelöst. Tschentscher zieht
viel zu spät die Konsequenzen, die wir schon vor Monaten gefordert
haben." Trepoll sprach von "Entscheidungsschwäche".
Für die FDP sagte der Fraktionsvorsitzende Michael Kruse, die Anklageerhebung werfe neue Fragen auf. "Sie konterkarieren die Aussagen der Finanzbehörde aus dem Herbst 2017, die eine Genehmigung der Annahme der Freikarten durch das Bezirksamt Nord bestritten hatte. Auch der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Peter Tschentscher wird sich unangenehme Fragen gefallen lassen müssen, was in seiner Behörde passiert ist." Die Anklage verzögere auch, dass Yvonne Nische offiziell zur neuen Leiterin des Bezirksamts Nord ernannt werde.
Von der Internetseite des Senates war Badde bereits am Montag offenbar entfernt worden. Nur im Organigramm der Behörde von Prüfer-Storcks tauchte sie noch auf.