Hamburg . Betroffene Schüler, Eltern und Lehrer gehen in St. Georg auf die Straße. Budnikowski-Chef Cord Wöhlke: „Geld ist genug da.“

Am Ende ihrer Kundgebung riefen sie nach ihm, in der Hoffnung, er bringe vielleicht doch noch gute Nachrichten: „Wir wollen den Erzbischof sehen, wir wollen den Erzbischof sehen“, skandierten am Sonnabendmittag etwa 1000 Menschen vor dem Mariendom – doch der angesprochene Stefan Heße ließ sich nicht blicken. Dafür stand Hamburgs emeritierter Weihbischof Hans-Jochen Jaschke den Demonstranten in St. Georg zur Seite: „Man muss die Leute ernstnehmen und ihnen zuhören“, sagte der 76-Jährige. „Ich unterstütze ihr Anliegen, mit dem Erzbistum im Gespräch zu bleiben.“ Aber: „Ich kann von außen nicht sagen, die Schulen müssen erhalten bleiben. Darüber entscheiden andere.“

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Bis zu acht von 21 katholischen Schulen in Hamburg will das Erzbistum schließen lassen. Am Montag will das Erzbistum bekannt geben, ob es auf ein Angebot der Initiative Hamburger Schulgenossenschaft zur Rettung aller Standorte eingeht. Nun, zwei Tage vor dieser Entscheidung, sind erneut betroffene Schüler, Eltern, Lehrer und Unterstützer für den Erhalt aller 21 katholischen Schulen in der Hansestadt auf die Straße gegangen.

Katholische Schulen: Der Kommentar

„Aufbruch statt Abbruch“ und „Wir sind die Kirche“, riefen die Demonstranten, als sie im Regen vom Hansaplatz über die Lange Reihe bis zum Sitz des Erzbischofs zogen. Auf ihren Plakaten stand „Schule = Zukunft“ und „21 – Wir halten zusammen“. Schüler der Katholischen Schule Harburg trugen orangefarbene Warnwesten mit der Aufschrift „Katholische Schüler hoffen“.

Erzbistum: Kundgebung ist ein „beeindruckendes Zeichen“

Auch wenn Stefan Heße am Sonnabend nicht mit den Demonstranten sprach, so ließ das Erzbistum doch schnell mitteilen, dass es den Marsch wahrgenommen habe: „Die Kundgebung heute war wieder ein beeindruckendes Zeichen dafür, wie wichtig vielen Menschen die katholischen Schulen in der Stadt sind“, sagte Bistumssprecher Manfred Nielen. „Wir sind weiter ernsthaft bemüht, eine gute und tragfähige Perspektive für das katholische Hamburger Schulsystem zu finden.“

Bei der letzten Demonstration am 24. März für den Erhalt der 21 Schulen hatten sich 3500 Menschen auf dem Rathausmarkt versammelt. Dass an diesem Sonnabend in St. Georg nun deutlich weniger Schüler und Eltern demonstriert haben, tat der optimistischen Stimmung unter den Organisatoren keinen Abbruch: „Die Unterstützung ist großartig“, sagte Jutta Spohrer, Mitinitiatorin der Initiative „Rettet 21“. „Ich versuche immer noch, an die Rettung der Schulen zu glauben.“ Und an die Adresse des Erzbistums: „Die können uns einfach nicht überhören.“

Budnikowski-Chef Cord Wöhlke: „Geld ist genug da“

Für ihren Protest hatte sich die Initiative auch dieses Mal prominente Unterstützer geholt. Zum ersten Mal bei einer der Kundgebungen sprach Budnikowski-Chef Cord Wöhlke. Er ist zwar Protestant, aber seine Frau und seine Kinder sind Katholiken. „Wie kann man nur die Grundlagen des katholischen Lebens in Hamburg zerstören – ich verstehe das einfach nicht“, rief Wöhlke. „Lieber Erzbischof, öffnen Sie Ihr Herz, sorgen Sie für Transparenz und insbesondere für Kompetenz“, appellierte er an Stefan Heße.

Dann fuhr Wöhlke fort: „Sie wissen alle: Beratungsunternehmen suchen nur den kurzfristigen Erfolg. Sie bedenken aber nicht die Folgen.“ Damit spielte er auf die von der Unternehmensberatung Ernst & Young erstellte Untersuchung an, wonach sich die Überschuldung des Erzbistums auf 79 Millionen Euro beläuft. Er bezweifele jedoch, sagte Wöhlke, dass die Schulen tatsächlich aus Geldmangel nicht gerettet werden könnten, denn die katholische Kirche sei sehr vermögend: „Geld ist genug da.“

Elternvertreter fordern erneut ein Moratorium

Rainer Esser, Geschäftsführer des ZEIT-Verlags, mahnte, eine Schließung der Schulen könne für die Kirche ernste Folgen haben. Der Hamburger Erzbischof sei nicht Vorsitzender eines Vereins, der wegen Überfüllung bald keine Mitglieder mehr aufnehme – im Gegenteil: „Die Kirche steht unter Druck“, rief Esser. „Ohne Schulen, Herr Erzbischof, werden Sie demnächst vor leeren Kirchenbänken predigen müssen.“

Henrik Lesaar, Sprecher der Gesamtelternvertretung, appellierte erneut an den Erzbischof, die Schließung aller acht betroffenen Schulen unter ein Moratorium zu stellen. Fünf Standorte haben schon jetzt keine Anmeldungen von Kindern für die Eingangsklassen des nächsten Schuljahres annehmen dürfen. Für drei weitere Schulen gilt ein einjähriges Moratorium, währenddessen Sponsoren gefunden werden sollen. „Bitte rufen Sie endlich um Hilfe“, appellierte Lesaar an den Erzbischof. Er habe von vielen gehört, die helfen würden, aber gesagt hätten, sie seien vom Erzbistum noch nicht gefragt worden, erklärte Lesaar. Dabei blieb unklar, ob er andere Bistümer oder andere potenzielle Unterstützer meinte.

Besonders viel Beifall erhielt bei der Kundgebung eine Schülerin vom betroffenen Niels-Stensen-Gymnasium in Harburg. Sie hoffe, „dass das Erzbistum seinen großen Fehler noch einsieht“, rief Magdalena Benjamin. „Noch ist es nicht zu spät.“