Klaus von Dohnanyi (SPD), Wolfgang Peiner (CDU) und Willfried Maier (Grüne) reichen die Bemühungen um die Hochschulen noch nicht aus. Streitschrift der drei Ex-Politiker hat breite Debatte ausgelöst.
Hamburg. Im April versuchten drei Altpolitiker, die Stadt mit ihrem Appell „In Sorge um Hamburg“ aufzurütteln. Jetzt haben sich der frühere Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD), Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner und der ehemalige Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (Grüne) wiedergetroffen und beschlossen, eine neue Initiative zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts Hamburg zu starten.
„Wir sind fest entschlossen, einen größeren Kreis von Hamburgern einzubeziehen und die Bürgergesellschaft für unser Ziel zu motivieren“, kündigte Dohnanyi auch im Namen seiner beiden Mitstreiter an. In den kommenden Wochen und Monaten wollen sie gezielt Persönlichkeiten ansprechen, von denen sie glauben, „dass sie ein wichtiges Wort zu sagen haben“ zu der Frage, warum Hamburg im Konzert anderer Wissenschaftsmetropolen zurückgefallen ist – und wie sich dieses ändern lässt.
Dabei will das Trio den demnächst beginnenden Bürgerschaftswahlkampf nutzen und die Wissenschaftspolitik als wichtiges Thema auf die Agenda setzen. „Im Wahlkampf und dann bei der Wahl wird über die künftige Ausrichtung der Politik entschieden, da gehört die Debatte um die Zukunftsfähigkeit der Stadt unbedingt hinein“, sagte Dohnanyi. Die drei wollen eine langfristige strategische Initiative zur Stärkung und besseren Vernetzung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in den Mittelpunkt der Politik rücken. „Dabei geht es uns nicht um Parteien, nicht um Kritik am regierenden Senat und nicht um Kritik an einzelnen Einrichtungen“, versicherte Dohnanyi ausdrücklich.
Die Streitschrift, die die drei Ex-Politiker vor einem halben Jahr im Übersee-Club vorgestellt hatten, hat seither eine breite Debatte ausgelöst. Die wird allerdings zunehmend bestimmt vom Streit der Parteien. Eine damals geforderte Kampagne für einen „Wissenschaftsstandort Hamburg 2025“, die Senat, Wirtschaft, Gesellschaft und Universitäten gemeinsam tragen sollten, ist jedenfalls bisher nicht in Sicht. Ebenso wenig wie ein strategischer Beschluss von Senat und Bürgerschaft, der eine „parteiübergreifende und über Wahlperioden hinausreichende, verbindliche Kontinuität der Wissenschaftsentwicklung Hamburgs“ sichern sollte.
Uni-Präsident Lenzen ist sehr verärgert über die Initiative der drei Ex-Politiker
Das mag daran liegen, dass sich von der Initiative der Altpolitiker sowie ihrer schonungslosen Kritik erst einmal alle Seiten angegriffen gefühlt haben. Vor allem Universitätspräsident Dieter Lenzen reagierte verärgert auf den Vorstoß und wertete ihn als Angriff auf die Leistungen seiner Universität, anstatt die Einladung zu einer gemeinsamen Anstrengung anzunehmen und die darin liegenden Chancen für sein eigenes Haus zu nutzen.
Lenzen bleibt offenbar auch weiterhin unversöhnlich. Mit Anzeigenkampagnen will er nun „den falschen Vorstellungen und Bildern“ begegnen, „die von politisch interessierter Seite“ immer wieder gegen die erfolgreiche Universität in die Welt gesetzt worden seien, wie er vergangene Woche in einem Editorial zu einer Anzeigenveröffentlichung schrieb. „Niemand weiß, warum ein Wissenschaftsstandort, und damit die ganze Stadt, aus der Mitte der Stadt heraus schlechtgeredet wird und woher diese Lust an der Selbstdemontage einer ganzen Stadt kommt“, so Lenzen. Und es folgen harte Worte: „Ist es ein Politikum, ein klinisches Problem oder pure Langeweile?“
Dohnanyi bedauert, wenn die Streitschrift von einigen vor allem als Kritik missverstanden wurde. „Wir wollten gemeinsam verhindern, dass Hamburg gegenüber anderen Wissenschaftslandschaften weiter zurückfällt“, so der frühere Erste Bürgermeister der Hansestadt.
„Es kann nicht darum gehen, Hamburgs Wissenschaftseinrichtungen pauschal zu kritisieren oder gar schlechtzureden“ sagte Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). Das sei auch nicht das Ziel des Papiers gewesen, wie ihr die Autoren der Streitschrift versichert hätten. Hamburg habe viele exzellente und international sichtbare und beachtete Wissenschaftsschwerpunkte. „Richtig ist aber auch – und in diesem Punkt teile ich die Analyse – dass Hamburg eine Stadt ist, in deren kollektivem Bewusstsein das Thema keinen allzu hohen Stellenwert hat. Hier können wir in der Tat noch von anderen lernen“, so Stapelfeldt.
Die Senatorin sieht gute Chancen, dass es tatsächlich noch zu der von den drei Ex-Politikern geforderten Allianz für eine Stärkung des Wissenschaftsstandorts komme. Am Anfang einer Diskussion müsse auch die Frage stehen, was die Stadt von ihren Hochschulen erwartet und wie die Entwicklungsperspektiven sind. Dazu solle ihr im Juni vorgestelltes Strategiepapier zur künftigen Entwicklung der Hochschulen einen Beitrag leisten.
Dohnanyi, Maier und Peiner geht Stapelfeldts Strategiepapier nicht weit genug. Sie habe darin zu stark auf die Hochschulen selbst fokussiert und die nicht akademischen Forschungseinrichtungen zu wenig einbezogen, meint Altbürgermeister Dohnanyi. Es müsse aber darum gehen, unterschiedlichste Forschungsinstitute und auch Forschungsabteilungen der Industrie wie zum Beispiel bei Philips, Airbus oder Lufthansa-Technik einzubinden.
„Wir wollen eine politisch mitgestaltete Suche nach Schwerpunkten“, betont Dohnanyi. Wenn es ein tragfähiges Konzept gebe, sei klar, dass am Ende auch mehr Geld gebraucht werde.