So setzt sich die Bevölkerung zusammen: Hamburg hatte zum Stichtag 1.706.969 Einwohner. Es gibt wieder mehr Verheiratete. Die meisten Ausländer kommen aus der Türkei.

Wiesbaden/Hamburg. Das Statistische Bundesamt und die angeschlossenen Landesbehörden haben neue detaillierte Auswertungen des Zensus 2011 veröffentlicht. Daraus ergeben sich detaillierte Angaben unter anderem zum Anteil der Ausländer in Deutschland und seinen Regionen.

Demnach leben in der Bundesrepublik weniger Ausländer als bisher angenommen – aber dennoch waren es 2013 so viele wie nie zuvor. Knapp 6,2 Millionen Menschen ohne deutschen Pass wohnten im Mai 2011 in der Bundesrepublik, etwa 7,7 Prozent aller Einwohner.

Das waren aber rund 470.500 Menschen oder 7,6 Prozent weniger als das Ausländerzentralregister zum gleichen Zeitpunkt erfasst hatte, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mit. Dies ändere aber nichts am Spitzenwert für 2013 im Ausländerzentralregister, der damit bei etwa 7,2 Millionen Menschen (bislang etwa 7,6 Millionen) liegt.

Die größte Gruppe stellen Türken mit etwa 1,5 Millionen Personen (24,4 Prozent). Knapp 490.000 Personen stammen aus Italien, 380.000 aus Polen sowie 250.000 aus Griechenland. 4,3 Millionen Menschen haben eine doppelte Staatsangehörigkeit.

Basis und Stichtag für die Daten aus dem Mikrozensus, der ersten Bevölkerungszählung seit mehr als zwei Jahrzehnten, ist der 9. Mai 2011.

Türken größte Ausländergruppe in Hamburg

Hamburg hatte zum Stichtag exakt 1.706.969 Einwohner. Davon sind 1.492.489 Deutsche, 214.207 Menschen haben eine andere Staatsangehörigkeit. Mit 881.245 leben in der Hansestadt mehr Frauen als Männer (825.451). Bei den Männern wiederum gibt es mit 13,29 Prozent einen höheren Ausländeranteil als bei den Frauen (11,86 Prozent).

In der Altersstruktur dominieren die 30- bis 49-Jährigen mit 538.909 Einwohnern. 323.913 Hamburger waren über 65 Jahre alt, 301.189 zwischen 50 und 64 und 274.638 zwischen 18 und 29 Jahre alt. Die Unter-18-Jährigen haben mit 268.047 Menschen den geringsten Anteil an der Gesamtbevölkerung der Hansestadt.

Nach den Zahlen liegt der Anteil der Singles in Hamburg bei 47,1 Prozent. Das sind knapp drei Prozent weniger, als nach der Fortschreibung der Bevölkerungszahlen erwartet. Dafür gibt es nach den Auswertungen des Statistischen Bundesamts mehr Verheiratete. 38,1 Prozent statt 35,7 Prozent der Hamburger leben mit Trauschein.

Die Zahl der Geschiedenen ist nahezu konstant bei 8,4 Prozent. Erstmals wurden auch Zahlen zu eingetragenen Lebenspartnerschaften ausgewiesen. In Hamburg waren es demnach zum Stichtag 9. Mai 2011 genau 3353.

In der Hansestadt leben im Vergleich zu den Zahlen für ganz Deutschland deutlich mehr Singles, der Trend ist allerdings ist dort auch zu beobachten. Bundesweit ist die Zahl der Ledigen von 42 auf 40 Prozent um etwa zwei Prozent gesunken, die der Verheirateten von 43 auf 46 Prozent um knapp drei Prozent gestiegen.

Die größte Ausländergruppe stammt auch in Hamburg aus der Türkei (47.473), gefolgt von Polen (18.084), Afghanen (11.372), Portugiesen (7863), Russen (7042), Italienern (5446), Griechen (5411), Iranern (5106) und Ghanaern (4912).

Zwar leben in Nordrhein-Westfalen absolut betrachtet die meisten Polen, doch in Hamburg ist der Anteil der Nachbarn aus dem Osten an der Gesamtbevölkerung mit 1,1 Prozent bundesweit am höchsten.

Insgesamt kommen die meisten Einwohner nicht-deutscher Staatsangehörigkeit aus Europa (149.036). Asiaten stellen mit 40.236 Einwohnern die zweitgrößte Gruppe in der Hansestadt. Aus Afrika stammen 14.381 Menschen, aus Amerika 8424 und aus Australien/Ozeanien 729.

Hunderte Kommunen legen Widerspruch gegen Zensus ein

Hunderte Kommunen in Deutschland haben inzwischen Widerspruch gegen die Ergebnisse des Zensus 2011 eingelegt. Es gibt bereits etliche Klagen. In den meisten Fällen, weil die Einwohnerzahlen deutlich geringer ausgefallen waren als erwartet. Einen Grund sehen Experten darin, dass unterschiedliche Berechnungsmethoden für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern und über 10.000 Einwohnern angewendet wurden. Aus ihrer Sicht ist das nicht verfassungskonform.

Auch Hamburg hatte bereits im vergangenen Jahr Widerspruch eingelegt und eine mögliche Normenkontrollklage angekündigt, nachdem die Statistiker für die Hansestadt 83.000 Einwohner weniger gezählt hatten. Das Ergebnis hatte den wachstumsorientierten Senat unter Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vollkommen überrascht. Eine Folge: Der Stadtstaat musste nach Angaben aus der Senatskanzlei für die Jahre 2011 und 2013 insgesamt 118 Millionen Euro im Länderfinanzausgleich nachzahlen.

Nach Bekanntgabe der neuen Ergebnisse hieß es jetzt, es werde noch an der Begründung des Widerspruchs gearbeitet. Das wird sich aber wohl noch etwas hinziehen. Nicht nur die jetzt veröffentlichten demographischen Daten sollen in die Plausibilitätsüberprüfung einbezogen werden sondern auch die Ergebnisse aus den sogenannten Haushaltsbefragungen. Deren Veröffentlichung ist für Mitte Mai angekündigt.

Kleinste Gruppe von den Seychellen

Der fünfte Kontinent sorgt auch für eine interessante Note: In Hamburg leben laut Mikrozensus 40 Menschen aus Tuvalu. Bundesweit gibt es insgesamt nur 62 Einwohner, die einen Pass der Inselgruppe aus dem Stillen Ozean haben.

Noch kleinere Hamburger Bevölkerungsgruppen aus dem Ausland kommen aus Namibia (15), Malta (14), Gabun, Madagaskar (jeweils 13), Mauretanien, Kuwait (jeweils 12), Oman, Bhutan (jeweils 11), Kambodscha (10), Tschad (9), Äquatorialguinea, Barbados, Vereinigte Arabische Emirate, Tonga (jeweils 7), Liechtenstein, Bahamas, Grenada, Guyana (jeweils 6), Zentralafrikanische Republik, Swasiland (jeweils 4) sowie aus Belize, Samoa, von den Fidschi-Inseln, den Seychellen und den Komoren (jeweils 3).

Keiner Nationalität zugeordnet werden konnten in Hamburg 1263 Menschen. Davon sind 276 Einwohner staatenlos, bei drei Menschen war die Staatsangehörigkeit unklar und in 984 Fällen wurde keine Angabe gemacht.

Folgen für Regionalplanung und Forschung

Die Daten vom Mai vor drei Jahren werden noch Folgen haben: für die Verteilung staatlicher Mittel, die Regionalplanung, die Wissenschaft und letztlich für die Statistik. „Wir wissen jetzt wieder genauer, wie viele Menschen in Deutschland leben, und wie viele wir in den einzelnen Altersgruppen sind“, stellt Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock fest. „Das ist wichtig für viele Aspekte, bei denen es um die effiziente Verwendung von Steuergeldern geht.“

Regionalplaner hätten jetzt wieder solidere Zahlen als Grundlage. „Es ist zum Beispiel für die Schulplanung wichtig zu wissen, wie viele Kinder in einer Region wohnen. Sonst besteht die Gefahr, dass Fehlinvestitionen in die Infrastruktur getroffen werden.“

Die Zahlen sind auch für die Prognose der Lebenserwartung und der Geburten von Bedeutung. „Gerade in den oberen Altersgruppen wussten wir, dass die bisherigen Zahlen sehr unzuverlässig sind, was gerade für die Berechnung der Lebenserwartung sehr problematisch ist“, sagte Klüsener. Aus den neuen Zahlen könnten sich gerade für die Lebenserwartung von Ausländern in Deutschland erhebliche Veränderungen ergeben, die auch für das Gesundheitssystem relevant seien.

„Viele Migranten, die in Deutschland arbeiten, kehren nach dem Arbeitsleben in ihre Heimatländer zurück, um dort den Ruhestand zu verbringen.“ Sie meldeten sich aber oft nicht ab. Besonders mobil seien die Menschen zwischen 20 und 40 Jahren, und es sei daher wichtig zu wissen, wie viele Frauen dieser Altersgruppe in einer Region lebten, erläutert der Forscher. Dies lasse beispielsweise Rückschlüsse auf die Zahl der Geburten in Städten im Vergleich zu ländlichen Regionen zu. Welche, muss aber erst noch genau errechnet werden.

Experte: Zensus hat Schwächen

„Die Daten sind für die Bevölkerungsforschung und für Prognosen wichtig“, sagt Manuel Slupina vom Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung. „Es geht aber vor allem um die finanzielle Zuwendung für die Länder, vor allem aber für die Kommunen und Kreise.“

Denn was die Länder aus dem Länderfinanzausgleich bekommen oder die Kommunen als Zuweisungen vom Land, richtet sich auch nach der jeweiligen Einwohnerzahl. Und jetzt liegen die endgültigen demografischen Grunddaten in regionaler Gliederung vor.

„Allerdings hat der Zensus auch seine Schwächen“, räumt Klüsener ein. „Es ist keine Vollzählung durchgeführt worden. Das ist insbesondere ein Problem, wenn man bedenkt, wie lange in Deutschland nicht gezählt worden ist.“ In Ostdeutschland war 1981 das letzte Mal, in Westdeutschland 1987. „Das sind Zeiträume, die man in fast keinem Land der Welt findet“, sagt Klüsener.

„Jetzt hat Deutschland eine registergestützte Zählung auf Basis eines relativ ungenauen Registerstandes durchgeführt. Wissenschaftliche Überprüfungen werden zeigen, wie belastbar die erhobenen Daten sind.“ Sicher ist aber: Der nächste Zensus kommt 2021, wie Statistiker Bernd Michel sagt. „Das sehen die EU-Vorgaben so vor.“