40 Prozent mehr Zuwanderer als vor einem Jahr haben einen deutschen Pass bekommen
Hamburg. Die Zahl der Einbürgerungen ist auf einen Rekordwert geklettert: Im ersten Halbjahr 2013 erhielten 3747 Ausländer einen deutschen Pass. Das bedeutet einen Anstieg um rund 40 Prozent, denn im gleichen Zeitraum 2012 gab es lediglich 2687 Einbürgerungen. „Das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung“, sagte Innensenator Michael Neumann (SPD). „Es hat einen positiven Stimmungsumschwung gegeben. Immer mehr Menschen ohne deutschen Pass sagen, dass Hamburg, dass Deutschland ihre Heimat ist.“
Johanna Westphalen, die Leiterin des Einwohner-Zentralamtes, führt den Anstieg vor allem auf die Briefkampagne von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zurück. Seit Dezember 2011 schreibt Scholz nach und nach allen rund 137.000 in Hamburg lebenden Menschen ohne deutschen Pass, die die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, in alphabetischer Reihenfolge einen persönlichen Brief, indem er sie auffordert, über die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft nachzudenken. Zurzeit haben bereits rund 75.000 Männer und Frauen Post aus dem Rathaus erhalten.
Nach Angaben des Einwohner-Zentralamtes haben im ersten Halbjahr dieses Jahres 1409 Menschen vor ihrem Einbürgerungsantrag den Scholz-Brief erhalten und sich dann für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden. Von Januar bis Juni 2012 waren es nur 1131 Frauen und Männer. „Es gibt einen Schneeballeffekt. Auch wer noch keine Post erhalten hat, hört unter Umständen in seiner Community von der Einbürgerungsinitiative“, sagte Westphalen. Um die Anträge zügiger bearbeiten zu können, sind im Einwohner-Zentralamt sieben zusätzliche Stellen eingerichtet worden. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer hat sich von elf Monaten zu Beginn der Einbürgerungskampagne auf acht Monate verkürzt.
An der Spitze der Herkunftsländer steht die Türkei mit 715 Einbürgerungen, gefolgt von Afghanistan (640), Iran (278), Polen (211), Russland (164) sowie der Ukraine (160). Nach Auffassung von Neumann könnte die Zahl der Einbürgerungen noch höher sein. „Die größte Hürde beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist für viele Menschen nach wie vor der Verlust ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit und damit eines Stücks ihrer Identität“, sagte Neumann. Möglicherweise warte ein Teil der Interessenten die Bundestagswahl am 22. September in der Hoffnung ab, dass eine neue Mehrheit die ausdrückliche Hinnahme der Mehrstaatlichkeit durchsetzen kann.
Betroffen sind in erster Linie die türkischen Staatsbürger, weil die Türkei ihre Bürger aus der Staatsangehörigkeit entlässt, sobald sie sich erfolgreich um einen anderen Pass beworben haben. „Auch das türkische Parlament kann seinen Teil durch eine Gesetzesänderung beitragen“, sagte der Innensenator. Neumann bezeichnete darüber hinaus die sogenannte Optionspflicht als „Ärgernis“: Wer nicht deutsche Eltern hat, aber in Hamburg geboren und aufgewachsen ist, erhält zwar automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, muss sich aber im Alter von 18 Jahren für oder gegen den deutschen Pass entscheiden. Wer nicht reagiert, verliert im Alter von 23 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit.