Der Vorstoß wurde nicht mit den Sicherheitsbehörden abgestimmt. Die Polizei befürchtet jetzt eine “Reaktion“ der Aktivisten.
Hamburg. Die Fassungslosigkeit bei Polizei und Innenbehörde war groß. Ohne Anlass und ohne Absprache brachte Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos) eines der sensibelsten Themen für die Sicherheitsbehörden der Stadt auf den Plan. Via NDR 90,3 ließ er verlauten, dass er das Schanzenfest für den Fall verbieten würde, dass sich kein Anmelder dafür finden lasse. Stadtteilfeste ohne Anmeldung, und damit auch ohne verantwortliche Bürger vor Ort, könnten nicht mehr geduldet werden. "Aus dem Stadtteilfest heraus kommt es ja immer wieder zu unerträglichen Gewaltanwendungen", begründete Warmke-Rose seine Entscheidung. Für die Polizei ist es nun nur noch eine Frage der Zeit, bis eine entsprechende Reaktion aus dem Schanzenviertel folgt.
Das Schanzenfest findet seit vielen Jahren ohne Anmeldung statt. Zwar wird immer wieder darüber diskutiert, diesen Umstand zu unterbinden. Doch Warmke-Roses Vorstoß kommt zu einem unglücklichen Zeitpunkt und ist mit der Innenbehörde nicht abgestimmt. Es kommt hinzu, dass das Fest stets friedlich abgelaufen war. Die Krawalle folgten immer nachts, also viele Stunden nach Ende der Veranstaltung. Selbst innerhalb der Innenbehörde sieht man in dem Fest keine Gefahr und eine Tolerierung ohne Anmeldung durchaus als möglich an. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Kai Voet van Vormizeele, ließ nach dem ersten der zwei Schanzenfeste im vergangenen Jahr durchblicken, dass er eine Anmeldung für das Schanzenfest in diesem Jahr für nicht nötig erachte.
Dies war eine Lehre daraus, dass das im vergangenen Jahr diskutierte Thema Anmeldung eben aus Protest zu diesen beiden Schanzenfesten führte - und den anschließenden Krawallen mit einer hohen Belastung für die Sicherheitskräfte. So waren im Juli 1800 Beamte im Einsatz, 50 von ihnen wurden verletzt, 86 mutmaßliche Gewalttäter wurden festgenommen. Beim zweiten, dem "regulären" Fest im September, gelang es jugendlichen Gewalttätern gegen den Willen der Schanzen-Aktivisten, erneut Ausschreitungen zu provozieren. Dabei wurde unter anderem die Polizeiwache an der Lerchenstraße mit Steinen und Böllern angegriffen. Erneut waren rund 2000 Beamte nötig, um die stundenlangen Krawalle von Flaschen- und Steinewerfern zu beenden.
Warmke-Rose, der in seinem Interview auch angekündigt hat, mit der Innenbehörde seine Verbotsidee zu besprechen, erntet von dort nur Kopfschütteln. "Das hätte er vorher machen müssen", heißt es aus der Behörde. In letzter Konsequenz hieße ein Verbot nämlich, dass die Polizei das Aufstellen von Flohmarkttischen notfalls mit Gewalt unterbinden müsste. Offen schlägt Warmke-Rose die Kritik aus der Altonaer SPD-Bezirksfraktion entgegen. Fraktionschef Thomas Adrian zeigt sich wegen der "zu erwartenden Eskalation im Schanzenviertel" besorgt. "Diese Entscheidung birgt die Gefahr, die Bewohner des Schanzenviertels in die Arme der gewaltbereiten Hooligans zu treiben." Er fordert, dass sich Bewohner, Bezirk und Innenbehörde gemeinsam Gedanken darüber machen, wie die Gewalt verhindert werden kann. Mark Classen, SPD-Sprecher des für das Schanzenviertel zuständigen Regionalausschusses, sagt: "Ich frage mich, ob dem Bezirksamtsleiter die Tragweite eines Polizeieinsatzes gegen friedliche Flohmarkthändler und Kulturgruppen bewusst ist."
Gestern Abend äußerte sich Jürgen Warmke-Rose dazu vor der Bezirksversammlung Altona. Er habe einen "politischen Stein ins Wasser geworfen", von dem er sehen wolle, "wohin die Wellen schlagen". Drei Signale habe er geben wollen: "Es gibt keinen Grund mehr, den Stadtteil Sternschanze anders zu behandeln als die 13 anderen Stadtteile im Bezirk." Zudem werde er "nicht noch einmal die dienstliche Verantwortung" für die Situation beim Fest tragen. Zum Dritten hoffe er, dass "im Stadtteil die Zeit genutzt wird, zu diskutieren, wo der konstruktive Ansatz für die Zukunft des Schanzenfestes ist."