Die Ehefrau von Hamburgs neuem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kehrt der Hansestadt den Rücken. Lesen Sie hier ihre persönliche Erklärung dazu.
Hamburg. Britta Ernst, Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Ehefrau von Bürgermeister Olaf Scholz, wechselt zur SPD-Bundestagsfraktion nach Berlin. Sie wird dort die Geschäftsführung zunächst stellvertretend übernehmen. Nach einem Jahr soll sie dann Geschäftsführerin werden. „Damit verbunden ist, dass ich mein Bürgerschaftsmandat zum Ende August 2011 niederlegen werde.“ Der Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion, Frank-Walter Steinmeier, habe sie Mitte Februar gefragt, ob sie diese Aufgabe übernehmen würde. „Ich habe mich über diese Anfrage gefreut und gern zugesagt“, erklärte Ernst.
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Die persönliche Erklärung von Britta Ernst im Wortlaut
Ab Herbst 2011 werde ich bei der SPD-Bundestagsfraktion einer neuen Beschäftigung nachgehen. Ich werde dort als stellvertretende Verwaltungsleiterin für die Koordinierung der Arbeit im Bund und in den Ländern zuständig sein und nach einem Jahr die Arbeit der Verwaltungsleitung („Geschäftsführung“) übernehmen.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion, Frank-Walter Steinmeier hat mich Mitte Februar gefragt, ob ich diese Aufgabe übernehmen würde. Mit meinen Erfahrungen als Mitarbeiterin in der öffentlichen Verwaltung, als Abgeordnete und parlamentarische Geschäftsführerin soll so gesichert werden, dass diese Funktion nach dem altersbedingten Ausscheiden des jetzigen Verwaltungsstellenleiters gut weitergeführt wird.
Ich habe mich über diese Anfrage gefreut und gern zugesagt. Damit verbunden ist, dass ich mein Bürgerschaftsmandat zum Ende August 2011 niederlegen werde. Ich werde in den verbleibenden Monaten die SPD-Fraktion in Hamburg mit aller Kraft unterstützen, allerdings für keine Funktion kandidieren.
In den letzen Wochen ist immer wieder öffentlich darüber spekuliert worden, ob ich dem von Olaf Scholz geführten Senat in Hamburg angehören kann.
Diese Frage hat viele beschäftigt und bewegt. So gibt es die Ansicht, dass es auf jeden Fall unvertretbar sei, dass ein Ehepartner der Regierung eines anderen angehöre. Andere ließen das nicht gelten.
Viele sehen in der vermeintlichen Unvereinbarkeit angesichts meiner Arbeit als Politikerin eine große Ungerechtigkeit.
Auch bedauern nicht wenige, dass einmal wieder eine Frau zugunsten der Karriere des Mannes zurückstecken müsse.
Bemerkt habe ich auch, dass meine Qualifikationen öffentlich immer stärker hervorgehoben und gelobt wurden, je wahrscheinlicher erschien, dass ich dem von Olaf Scholz geführten Senat nicht angehören werde. Darüber habe ich mich amüsiert.
Gefreut habe ich mich über die vielen anteilnehmenden persönlichen Worte, Mails und Briefe sowohl von Freundinnen und Freunden, politischen Weggefährten aber auch mir völlig unbekannten Menschen, die mich zu dieser Frage erreicht haben und die ebenfalls zeigten, dass viele im Freundeskreis oder Partnerschaften darüber nachgedacht und diskutiert haben.
Ich habe in den letzten Wochen natürlich ebenfalls viel darüber nachgedacht. Im Ergebnis komme ich nicht zu einer eindeutigen Bewertung.
Politisch halte ich es jedoch für vertretbar, wenn Ehepartner oder Lebensgefährten einer gemeinsamen Regierung angehören, sogar wenn ein Teil des Paares diese Regierung führt. Das wird auch sicherlich in den nächsten Jahren hier und da vorkommen. Nicht nur in Unternehmen, auch in politischen Zusammenhängen gibt es Paare, die ähnliche Wege gehen. In keinem Bereich ist es richtig, dass Veränderungen bei einem Partner mit dem Verzicht des anderen begleitet werden. Im Gegenteil. Es ist eine neue Aufgabe genau das zu verhindern und längst in der Wirtschaft oder Wissenschaft auf der Tagesordnung.
Für mich gibt für diese positive Bewertung den Ausschlag, dass es sich um öffentliche, einer ständigen Kontrolle unterliegende Ämter handelt. Politik von Regierungsmitgliedern findet vor aller Augen statt. Daher kann das Handeln jederzeit nachvollzogen und bewertet werden und auch daraufhin bewertet werden, ob falsche Beweggründe das Handeln bestimmen. Daher kann ich Bedenken gegenüber solchen Konstellationen nachvollziehen, jedoch nicht, dass sie in jedem Fall zum Verzicht eines Teils führen müssen.
Die Frage hat aber auch eine persönliche Seite. Will man das?
Olaf Scholz und ich engagieren uns seit unserer Jugend in der Politik. Dieses Engagement und der Austausch darüber spielen in unserer Partnerschaft eine Rolle. Zum Austausch gehört für mich jedoch, dass sich die politischen Aufgaben nicht zu sehr überschneiden. Daher bin in den letzen Wochen nach vielen Abwägungen zu der Einschätzung gekommen, dass diese Rahmenbedingung, die mir persönlich wichtig ist, so nicht gegeben wäre.
Bereits vor der Bürgerschaftswahl im Februar habe ich daher den Entschluss gefasst, mich im Laufe dieser Legislaturperiode beruflich neu zu orientieren. Ich habe mich daher über die Möglichkeit, in Berlin eine sehr spannende neue Herausforderung zu finden, sehr gefreut.