Die Sitzung des Hamburger Senats ließ Olaf Scholz ausfallen - mangels Masse. Für seine Rede erhielt Scholz kräftigen Beifall der Frauen.
Altstadt. Der Begriff des Plagiats ist politisch derzeit etwas belastet - wegen Karl-Theodor zu Guttenberg. Sprechen wir also lieber von einer sprachlichen Anleihe, die Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an seinem ersten Arbeitstag bei seinem Berliner Amtskollegen und Parteifreund Klaus Wowereit machte. "Hier bei Ihnen ist mein erster Auftritt als Bürgermeister - und das ist gut so", sagte Scholz beim Senatsempfang zum 100. Internationalen Frauentag vor rund 500 zumeist weiblichen Gästen im Großen Festsaal des Rathauses und erntete dafür starken Applaus.
Mit der Formel "... und das ist gut so!" hatte Wowereit einst seine Homosexualität öffentlich gemacht und seine Popularität begründet. Scholz betonte gestern in seiner Rede zum Frauentag, wie wichtig ihm die Gleichstellung der Frauen sei. Dass er seine erste Bürgermeisterrede zu diesem Thema halte, sei deswegen auch "Zeichen und Auftrag zugleich für die Arbeit des zukünftigen Senats".
Nicht nur dafür erhielt Scholz kräftigen Beifall der Frauen. Der Bürgermeister erneuerte seine Forderung nach einer Frauenquote in den Aufsichtsräten von Unternehmen und lag damit auf einer Linie mit seinem Publikum. Und Scholz erinnerte an die Mitbegründerin des Frauentages, die Sozialdemokratin Clara Zetkin. "Wenn sie noch lebte, dürfte sie erstaunt sein, was es heute noch alles zu tun gibt", sagte Scholz und sprach damit den engagierten Frauen aus dem Herzen.
Es ist der Zauber des Anfangs: Hunderte von Glückwunsch-E-Mails gingen seit Scholz' Wahl am Montagabend im Rathaus, in der SPD-Zentrale und in seinem Altonaer Abgeordnetenbüro ein. Zeit zum Lesen hatte der Regierungschef noch nicht. Der Morgen des ersten Arbeitstages begann mit einem Hörfunk-Interview. Im Rathaus steckte Scholz zusammen mit seinem Senatskanzlei-Chef Christoph Krupp den Fahrplan der nächsten Tage ab.
Im Mittelpunkt stehen die Entscheidungen über die Behördenzuschnitte und die Bildung des Senats, dessen Wahl in der Bürgerschaft am 23. März erfolgen soll. Ein klein wenig Geschichte hat der Bürgermeister schon geschrieben: Die wöchentliche Sitzung des Senats am Dienstag fiel gestern aus - mangels Masse. Dieses Treffen ist eigentlich eherner Bestandteil des Regierungsbetriebs. Aber es gibt eben noch keinen Senat, und mit sich selbst mochte Scholz offensichtlich nicht konferieren. Traditionell entfällt die Kabinettssitzung zwischen Weihnachten und Silvester. Rathaus-Insider können sich aber nicht an eine Pause der Senatsberatung in "normalen" Zeiten erinnern. Viel spricht dafür, dass die Sitzung auch kommende Woche ausfallen wird. Statt der Senatslaube stattete Scholz dem Planungsstab einen Besuch ab und erörterte Themen und Projekte.
Wer glaubt, Scholz hätte nun erst einmal genug vom Wahlkampf, der irrt. Nach dem Auftritt beim Senatsempfang zum Frauentag flog der neue SPD-Hoffnungsträger nach Sachsen-Anhalt, um den dortigen SPD-Spitzenkandidaten Jens Bullerjahn im Landtagswahlkampf zu unterstützen. "Talk mit Olaf Scholz" hieß das Motto des Abends im Hotel Mansfelder Hof in Eisleben.
Morgen wird Scholz sein Bundestagsmandat niederlegen. Für Scholz wird der frühere SPD-Landeschef Ingo Egloff in den Bundestag nachrücken. Egloff war 2009 als Direktkandidat im Wahlkreis Wandsbek gescheitert. Egloffs Platz in der Bürgerschaft übernimmt der Student Lars Pochnicht (35).