Bürgermeister Olaf Scholz hätte am liebsten fünf Männer und fünf Frauen. Das erfuhr das Abendblatt im Gespräch mit dem neuen Staatskanzlei-Chef.
Hamburg. Das Warten hat ein Ende: Morgen wird Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) der Öffentlichkeit seinen Senat vorstellen. Das erfuhr das Abendblatt im Gespräch mit dem Chef der Senatskanzlei, Christoph Krupp (SPD). Am liebsten hätte Scholz wohl fünf Männer und fünf Frauen, landen wird er wohl bei einem Verhältnis von 60:40.
Neue Details gibt es zur künftigen Behördenstruktur. So soll - anders als vermutet - die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) als eine Komplett-Behörde erhalten bleiben. Lediglich der gesamte Bereich Verkehr wird von der BSU in die Wirtschaftsbehörde wandern. Diese soll dann künftig Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation heißen. Das bedeutet für den designierten Wirtschaftssenator Frank Horch, dass er nicht nur für den Straßenverkehr oder den möglichen Bau einer Hafenquerspange verantwortlich ist, sondern auch für die Radwege und den öffentlichen Personennahverkehr.
Der Bereich Arbeit wird dafür aus der Wirtschaftsbehörde in die Sozialbehörde wechseln. Diese soll aufgeteilt werden in eine Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und eine Behörde für Arbeit und Soziales, sodass der Senat mit insgesamt zehn Behörden arbeiten wird - eine mehr als bisher.
Damit diese Strukturänderung den Steuerzahler nicht mehr Geld kostet als bisher, sollen die Stäbe der einzelnen Behörden abgespeckt werden. Diese werden "mit Sicherheit nicht mehr so sein wie bisher", sagte Krupp. Eine Behörde mit vier Pressesprechern - wie zurzeit die BSU - werde es zum Beispiel nicht mehr geben.
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Verwaltungsfachmann Krupp hält kleinere Behörden für "sinnvoll". Die thematische Breite sei in manchen Riesenbehörden wie der Sozialbehörde oder der BSU so groß, dass sich ein einzelner Senator dort kaum einarbeiten und nur schwer in allen Themen Präsenz zeigen könne, begründet Krupp. Als Staatsräte werde Scholz vor allem Leute einsetzen, die schon einmal große Behörden oder Firmen geleitet haben. "Staatsräte sind keine kleinen Politiker, für die es nicht zum Senator gereicht hat. Das ist weder meine Auffassung noch die von Olaf Scholz", sagte Krupp. Deren wichtige Rolle sei es, das, was politisch gewollt ist, in die Behörden hinein zu vermitteln und gleichzeitig die Politik zu beraten.
Wenn der ehemalige Bergedorfer Bezirksamtsleiter über Verwaltungsstrukturen redet, ist er in seinem Element. Wer ihm zuhört, könnte meinen, er sei schon jahrelang im Hamburger Rathaus. Dabei ist es gerade einmal eine Woche her, dass er dort zum Dienst angetreten ist. Seinem Büro sieht man das noch deutlich an. Zwar ist der Ausblick vom Schreibtisch auf den Rathausmarkt schön - die Wände im Büro sind es nicht.
Weiß und kahl sehen sie noch aus. Lediglich die Nägel von den Bildern seines Vorgängers Detlef Gottschalck (CDU) sind noch da. Nicht einmal seine Umzugskiste aus dem Bergedorfer Büro ist angekommen. "Die muss ich noch zu Ende packen", sagt Krupp. Der Mann hatte anderes zu tun. Auf dem Stundenplan standen in der ersten Arbeitswoche die Senatsbildung, der Behördenzuschnitt und die Regierungserklärung von Olaf Scholz, die er am 23. März vor der Bürgerschaft abgeben will.
Krupps erste Handlung im neuen Amt war ein Gespräch mit Olaf Scholz. "Wir haben uns an seinen großen Tisch gesetzt und darüber gesprochen, wie wir den Prozess bis zur Senatsbildung planen", erzählt Krupp. "Wir ergänzen uns gut", sagt er. Vielleicht klappt die Zusammenarbeit der beiden auch deshalb so gut, weil für Krupp eines außer Frage steht: "Der Bürgermeister ist Olaf Scholz und sonst niemand."
Ein Ziel von Krupp ist es, die Hamburger Verwaltung effizienter zu machen. "Manche Themen, die bisher auf Behördenebene lange schwelten, müssen schneller politisch entschieden werden." Dabei geht es Krupp vor allem um Beschleunigung innerhalb des Apparates, nicht etwa um eine Minderung der Bürgerbeteiligung.
"Ich glaube, dass man die Bürgerbeteiligung, die es heute in Hamburg gibt, nicht mehr zurückholen kann", sagte der Verwaltungsfachmann. Also müsse man die Prozesse so gestalten, dass man die Bürger mitnimmt und mit ihnen diskutiert. "Es gibt einen ganz einfachen Trick, wie man den Bürgern das Gefühl geben kann, dass man sie ernst nimmt. Der Trick besteht darin, dass man sie ernst nimmt", sagt Krupp. Diese Erfahrung habe er auch schon als Bezirksamtsleiter in Bergedorf gemacht.
Krupp ist ein ruhiger, sachlicher Mensch. Trotzdem gibt es eine Sache, die ihn so richtig aufregt. Er nennt es "virtuelle Arbeit". Arbeit in den Behörden, die viel Zeit in Anspruch nimmt, von denen der Bürger draußen aber nichts hat. "Die Verwaltung muss für den Bürger da sein und nicht für sich selbst", so Krupp. Das sei im Bezirksamt nicht anders als in den Behörden.
Trotz Begeisterung für die neue Aufgabe - der Abschied von Bergedorf fällt Krupp schwer. Noch immer spricht er fast liebvoll von "seinen Bergedorfern". Etwas wehmütig denkt er an sein altes Büro zurück, dass ihm "deutlich besser" gefallen hat. "Irgendwie heimeliger", verrät Krupp. Vielleicht kommt dieses Gefühl auch im Rathaus noch auf. Spätestens wenn die Bilder hängen. Die große weiße Wand gegenüber der Tür ist für ein ganz besonderes Werk bestimmt. Wie es aussieht, weiß er noch nicht. Von wem es sein wird, schon. Sein Bruder ist Maler in Berlin. "Sobald ich Zeit habe, fahre ich zu ihm und suche mir ein Bild aus."