Visionen der Zukunft: Die Wirtschaft will Hamburg bis zum Jahr 2030 an Europas Spitze führen und hat dafür einen 10-Punkte-Plan entwickelt.

Hamburg. "Hamburg 2030" - so heißt das Standpunktepapier, das am Montag von der Handelskammer vorgestellt wurde und Aufgaben der Zukunft für die Hansestadt beschreibt. "Wenn wir im Jahr 2030 zurückblicken, wollen wir sagen können, dass Hamburg seine Chancen ergriffen und die eigene Zukunft aktiv gestaltet hat. Dabei fragen wir nicht zuerst, was die Stadt für die Wirtschaft, sondern was die Wirtschaft für ihre Stadt tun kann“, sagte Vizepräses Dr. Karl-Joachim Dreyer, der derzeit interimistisch die Amtsgeschäfte als Präses der Handelskammer wahrnimmt.

Eine ehrgeizige, aber realisierbare Vision hat die Handelskammer in Abstimmung mit den rund 700 in die Gremien gewählten Unternehmern entwickelt, zusätzlich gab es eine Befragung unter den Mitgliedsunternehmen. Im Detail wurden in fünf Themenfeldern mit 28 Handlungsfeldern insgesamt 105 Ziele und 339 Maßnahmen entwickelt.

"Die Mehrheit der Unternehmer bewertet unsere derzeitige Ausgangslage als positiv, eher negativ fielen indessen die Einschätzungen der Befragten hinsichtlich der Vorbereitung Hamburgs auf die Herausforderungen der Zukunft aus“, so Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Professor Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Er warnte: "Wir dürfen nicht den Verführungen eines sich scheinbar selbst nährenden Wohlstands erliegen und dabei unsere Zukunft verschlafen“. Noch vergleichsweise günstig, aber auf nicht befriedigendem Niveau, sei Hamburg bei den Trends Digitalisierung, Globalisierung und Denken in Wirtschaftsräumen aufgestellt, während es bei den Trends nachhaltiges Wirtschaften und demografischer Wandel noch etwas schlechter aussehe. Wenn es nach der Wirtschaft gehe, solle Hamburg sich bei der Bewältigung künftiger Trends an London orientieren."Das zeugt nicht nur von der Größe des Vorbilds, sondern auch von dem Ehrgeiz, den die Hamburger Wirtschaft bei der Gestaltung der Zukunft angelegt sehen möchte“, sagte Schmidt-Trenz.

Im Wunschszenario der Hamburger Wirtschaft ist Hamburg im Jahr 2030 das wirtschaftliche und politische Zentrum Nordeuropas, ein internationaler und weltweit bekannter Handelsplatz, ein zuverlässiger Wirtschaftsstandort mit einer serviceorientierten Verwaltung, es hat eine vielfältige, sehr gut integrierte Bevölkerung, steht für Verantwortung, Bürgersinn, Zivilcourage, Weltoffenheit, Familienfreundlichkeit, es hat ein exzellentes Bildungssystem und pulsierendes Leben mit Kulturangeboten auf Weltniveau, es bietet jedem ansiedlungswilligen Unternehmen attraktive Flächen an und gehört im wissenschaftlichen Bereich zur Weltspitze.

Die notwendige Aufbruchstimmung auf dem Weg zu diesem Szenario sollen zehn Leuchtturmprojekte erzeugen, die Professor Schmidt-Trenz vorstellte:

"Schuldentilgungsgebot und öffentliche Ausgabenbremse einführen: Zur nachhaltigen Konsolidierung des Hamburger Haushalts fordern wir ein Schuldentilgungsgebot in der Hamburger Verfassung, das eine verbindliche Schuldenrückführung bis zum Jahr 2030 um 20 Prozent regelt. Zusätzlich sollte eine öffentliche Ausgabenbremse eingeführt werden, die eine Begrenzung der Steigerung der laufenden Ausgaben auf maximal 50 Prozent der Zunahme des nominalen Bruttoinlandsprodukts in Hamburg festschreibt.

Hamburg Innovation Port schaffen: Hamburg sollte sich um die Ansiedlung von Spitzenforschungseinrichtungen bemühen sowie bestehende "Ankerinstitutionen“ wie Universitäten und Forschungseinrichtungen gezielt mit Gewerbeflächen verknüpfen. Ein solches Netz von Technologieparks bietet attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen aus den Hochschulen heraus. Mit einem Gewerbeflächen-Entwicklungsprogramm 2030 machen wir konkrete Vorschläge, die ein entsprechendes Flächenpotenzial von knapp 600 Hektar identifizieren.

Wasserstoff-Autobahn zwischen Hamburg und Berlin realisieren: Um Hamburgs Technologievorsprung im Bereich emissionsarmer Mobilität zu nutzen und unsere Wettbewerbssituation nachhaltig zu festigen, fordern wir eine mit entsprechenden Tankmöglichkeiten ausgestattete Autobahn zwischen Hamburg und Berlin. Dieses Vorzeigeprojekt für die Verbindung von Ökonomie und Ökologie wäre ein optimaler Anwendungsraum und würde Unternehmen und Forschungseinrichtungen anziehen.

Ganztagsschulen in Hamburg flächendeckend einführen: Um die Situation geringer oder gar fehlender Bildungsabschlüsse der nachfolgenden Generationen zu verbessern, muss nicht zuletzt schulischer Erfolg stärker vom sozialen Hintergrund und vom persönlichen Engagement der Eltern entkoppelt werden. Dies kann nur durch die flächendeckende Einführung echter Ganztagsschulen gelingen, in denen am Nachmittag eine durch Lehrer durchgeführte Hausaufgabenbetreuung stattfindet.

Hamburger Business Improvement Parks initiieren: Der Gedanke der Business Improvement Districts (BIDs), nach dem Grundeigentümer auf Basis einer selbst auferlegten erhobenen finanziellen Abgabe ihren Standort aufwerten, sollte auf Gewerbegebiete und Technologieparks ausgeweitet werden. Unternehmen könnten in Business Improvement Parks (BIPs) mit privaten Mitteln gemeinsame Einrichtungen wie Kundenempfangsräume, Betriebskindergärten oder Kantinen unterhalten und damit Synergien schaffen - für Kostensenkungen im eigenen Unternehmen, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder für die Umweltbilanz.

Hamburger Koordinator für Länderkooperation berufen: Die föderativen Strukturen in Norddeutschland sind nicht mehr zeitgemäß und müssen den Realitäten der wirtschaftlichen Verflechtungen angepasst werden. Ein Hamburger Koordinator für Länderkooperation sollte die Möglichkeiten der Kooperation mit den Nachbarn ausloten - etwa durch die Teilnahme an Kabinettssitzungen der Nachbarländer - und Vorschläge erarbeiten, die unseren gemeinsamen norddeutschen Wirtschaftsraum weiter voranbringen.

Hamburg mit 'Open Data‘ zur Hochburg mobiler Applikationen entwickeln: Hamburg könnte Unternehmen Daten über die Stadt und ihre Bewohner - natürlich unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen - zugänglich machen und dadurch 'Hamburg Open Data‘ ins Leben rufen. Kreative Entwickler hätten damit beispielsweise die Möglichkeit, Wohnungsangebote mit Daten von Dienstleistungsangeboten (Nahversorgung, Verkehrsanbindung) zu verknüpfen oder spezielle Smartphone-Applikationen zu entwickeln, die Stadtführungen interaktiv gestalten.

Cancer Fighting Center Hamburg - Lasertherapie zur Krebsbehandlung weiterentwickeln: Ausgehend von dem sich abzeichnenden Trend, dass Lasertherapien die klassischen Krebs-Behandlungsmethoden künftig ablösen dürften, hätte Hamburg die Chance, sich mit einem Cancer Fighting Center für photodynamische Therapien an die Spitze einer neuen medizintechnischen Bewegung zu stellen.

'Hamburg Economic Forum‘ und 'Hamburg Group‘ initiieren: Unternehmen werden im Sinne einer Corporate Political Responsibility (CPR) künftig stärker in der Verantwortung stehen, sich in politische Gestaltungsprozesse einzubringen. In einem 'Hamburg Economic Forum‘ könnten Hamburger Entscheider alle zwei Jahre zusammenkommen, um die strategischen Herausforderungen der Metropolregion zu erörtern und ein systematisches Risiko- und Chancen-Management zu betreiben. Denkbar ist außerdem eine beratende "Hamburg Group“ mit renommierten Persönlichkeiten aus anderen Metropolen.

Olympische Sommerspiele in der dritten Dekade ausrichten: Um Hamburg zur attraktivsten und familienfreundlichsten Stadt Europas zu machen, plädieren wir dafür, die Rahmenbedingungen für die Sportförderung zu verbessern, die Sportinfrastruktur auszubauen und in Hamburg vermehrt Sportgroßveranstaltungen auszurichten. Das schließt insbesondere die Bemühungen ein, sich für die nächsten für Europa erreichbaren Olympischen Sommerspiele (frühestens 2024, eher 2028, 2032) zu bewerben.“