Zum Jahresende veröffentlicht der Konzern 20 deutsche Städte virtuell im Netz. Widersprüche gegen Google sind ab nächster Woche online möglich.

Hamburg. Trotz Kritik von Datenschützern wird der Internetkonzern Google zum Jahresende in Hamburg fotografierte Straßenszenen in seinem Street-View-Service veröffentlichen. Mit 19 weiteren größeren Städten geht das Angebot damit erstmals mit deutschen Inhalten ans Netz. „Viele deutsche Nutzer verwenden Street View bereits, um Länder in Europa virtuell zu besuchen. Nun bieten wir ihnen die Möglichkeit, ihre eigenen Städte zu besuchen“, sagte Raphael Leiteritz, Produkt-Manager bei Google, im Gespräch mit dem Abendblatt.

Mieter und Eigentümer, die nicht wollen dass ihre Häuser im Netz sichtbar sind, können ab Montag unter www.google.de/streetview vier Wochen lang Widerspruch einlegen. Diese Funktion wurde eigens für Deutschland entwickelt, nachdem Datenschützer die Aufnahmen mit Kamerawagen gestoppt hatten. Nach dem Start des Angebots seien Widersprüche weiterhin möglich, auch per Brief oder Fax, versicherte Google. Anträge, die bereits bei Google eingegangen sind, würden umgesetzt, ohne dass der Antragssteller die Funktion nutzen müsse. Eine spezielle Software erkenne zudem Gesichter und Auto-Kennzeichen und mache diese unkenntlich. „Natürlich funktioniert diese Software nicht perfekt“, sagte Googles Datenschutzbeauftragter, Per Meyerdierks. „Aber wir betreiben großen Aufwand für die Sicherheit der Daten unserer Nutzer“. Nach Ansicht des Internet-Konzerns würden lediglich Straßenansichten veröffentlich, wie sie „jeder Pressefotograf“ publizieren dürfe.

Neben Hamburg startet Streetview auch in den Städten Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal.

Ministerin will Google in die Schranken weisen

Skeptisch reagierte Johannes Caspar, Hamburgs oberster Datenschützer: „Der Verhandlungsprozess mit Google über Datensicherheit ist noch nicht abgeschlossen“. Das nun angekündigte Widerspruchsrecht sei zu kurzfristig eingeführt worden, zumal die Frist noch in den Sommerferien starte. Auch weigere sich Google, eine Telefon-Hotline einzurichten. „Das ist wenig bürgerfreundlich“, sagte Caspar. Ebenso sei unklar, wie Google mit den Daten der Widersprechenden umgehe. „Wir erwarten, dass diese Informationen uns vor Öffnung des Tools vorgelegt werden.“

Vor einigen Monaten war zufällig war bekannt geworden, dass Google beim Fotografieren der Straßen auch Daten aus privaten Funknetzwerken gesammelt hatte. Die Ursache dafür wollte Meyerdierks, Googles Datenschützer, nicht sagen: „Wir prüfen den Vorfall noch“. Wie das Hamburger Abendblatt berichtete, hatten zwei Anwälte Strafanzeige gegen Google erstattet. Das Problem kennt jeder Benutzer von Laptops oder internetfähigen Handys: Wer unterwegs ein Funknetz sucht, sieht eine Liste verfügbarer Netzwerke - und kann versuchen, sich ohne Passwort in ein Netzwerk einzuloggen. "Schwarzsurfen" ist juristisches Neuland, bei dem auch das Abhörverbot des Telekommunikationsgesetzes relevant ist. Das Amtsgericht Wuppertal etwa nahm eine Strafbarkeit bereits beim Versuch des Einloggens an. Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Nutzer ihr Netzwerk sichern müssen, um Missbrauch zu vermeiden.

38 US-Staaten gehen gegen Googles Datenerfassung vor

Problematisch ist das Filmen von Straßenszenen nach Ansicht vieler Experten auch, weil verschiedene Daten im Internet leicht kombiniert und zielgerichtet verwendet werden können. Die Aufnahme eines Hauses verbunden mit der Anschrift eines Bürgers etwa lasse auf seine soziale Situation schließen. So wurde von Fällen berichtet, in denen Internet-Versandhäuser in bestimmte Gegenden nur noch gegen Vorkasse liefern würden.

Hamburgs Justizsenator Till Steffen (GAL) hat jüngst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Fotografieren von Straßenzügen zum Schutz der Privatssphäre für das Internet erschweren soll. Dieser Vorstoß ziele jedoch nicht nur auf Google, sondern auch auf vergleichbare Anbieter ab. Der Gesetzentwurf aus Hamburg hat bereits den Bundesrat passiert und liegt nun dem Bundestag zur Beratung vor. Nach Angaben von Google steht der Dienst Street View bereits in 23 Ländern weltweit zur Verfügung, darunter in zwölf europäischen Ländern.