Die frei werdenden Büros am Alten Steinweg erhält das Bezirksamt Mitte, das ursprünglich den Neubau im Überseequartier mieten sollte.
Hamburg. Überraschende Wende im Streit um die künftige Nutzung des Überseequartiers in der HafenCity: Der schwarz-grüne Senat plant nach Informationen des Abendblatts, dass die Wirtschaftsbehörde in den Neubau an der Ecke San-Francisco-Straße/Überseeallee ziehen soll. Damit sind die Pläne vom Tisch, das Bezirksamt Mitte in den Gebäudekomplex zu verlagern, der 2014 bezugsfertig sein soll. Der Bezirk mit seinen rund 800 Mitarbeitern soll vielmehr in den 70er-Jahre-Bau am Alten Steinweg ziehen, den die Wirtschaftsbehörde freimacht.
Nach Abendblatt-Informationen haben zwei Gründe den Ausschlag für die Wirtschaftsbehörde gegeben: Zum einen ist der finanzielle Aufwand geringer. Für das Bezirksamt hätten die bisherigen Bauplanungen geändert werden müssen. Unter anderem war kein geeigneter Saal für die Bezirksversammlung vorgesehen. Teure Neuplanungen entfallen für die Wirtschaftsbehörde. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) könnte darüber hinaus alle bislang verstreuten Teile der Behörde an einem Ort konzentrieren.
Zum anderen gab es im Bezirk Widerstand gegen den Umzug in die HafenCity. Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung hatte sich im November einstimmig gegen die Übersiedelung in das Nobelquartier ausgesprochen. Den Bezirkspolitikern waren auch die Kosten von 15 Euro Miete (statt wie zurzeit acht Euro) pro Quadratmeter zu hoch.
Doch aus dem Bezirk Mitte gibt es auch Kritik am jetzt vorgesehenen Standort. "Wir können definitiv nicht in die Wirtschaftsbehörde umziehen; außer wir wollen jeden Bürgerkontakt vermeiden", sagt Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD). Die Behörde sei wie ein Ministerium gebaut. "Das Gebäude ist so verwinkelt, dass man sich darin kaum orientieren kann." Schreiber fordert Planungssicherheit. "Dieses Chaos kann man den 800 Mitarbeitern nicht weiter zumuten."
Schreiber selbst hatte sich nach langer Ablehnung doch mit dem Umzug in die HafenCity angefreundet. Dabei hat es ihm möglicherweise auch das repräsentative Büro im siebten Stock mit großer Terrasse angetan. "Kann nichts schiefgehen", hatte Schreiber Anfang des Jahres gesagt. Überrascht ist Gunter Böttcher, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bezirk. "Ich finde das nicht lustig, gerade habe ich mir Räume für die CDU-Fraktion in der HafenCity angeschaut."
Für "vollkommen irre" hält Hansjörg Schmidt, der SPD-Fraktionschef in Mitte, den Plan. "Wenn man bedenkt, dass die ursprünglichen Planungen fertig waren und wegen der HafenCity beerdigt wurden, ist dieser jetzige Tausch grober Unfug." Den alten Planungen zufolge sollte das Bezirksamt einen Steinwurf weiter östlich neben dem Hühnerposten am Schultzweg neu gebaut werden. Hansjörg Schmidt: "Das wäre auch heute die beste Lösung." Der Umzug einer Behörde in das Überseequartier ist überhaupt nur ein Thema, weil der Bauherr die Gebäude nicht komplett vermieten kann. Für diesen Fall sah eine "Option" vor, dass die Stadt ein Gebäude mietet.
Völlig offen ist, was im Falle eines Umzugs aus dem jetzigen Sitz des Bezirksamts wird: den vier Bürotürmen zwischen Klosterwall, Johanniswall und Steinstraße. Schon 2002 hat Oberbaudirektor Jörn Walter den Abriss gefordert. HafenCity-Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg schloss sich Walters Position an. Die Idee der Deutschen Bahn, einen Wolkenkratzer zu errichten, scheint vom Tisch. "Wir denken an eine Bebauung, die sich an der Höhe des benachbarten Kontorhausviertels orientiert", sagt Enno Isermann, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde.