Die Krankenkasse Barmer GEK hat am Freitag ihre neun Hamburger Kundencenter wegen des Andrangs der Kunden der City BKK geschlossen.

Hamburg. Wegen des starken Andrangs von Versicherten der insolventen City BKK hat die Krankenkasse Barmer GEK am Freitag ihre neun Kundencenter in Hamburg geschlossen. „Wir haben hunderte von Anfragen jeden Tag. Nun müssen sich die Mitarbeiter erst einmal um die Anliegen unserer Versicherten kümmern“, begründete Wolfgang Klink, Sprecher der Landesgeschäftsstelle Nord, den Vorgang.

Am Montag sollen die Center nach bisheriger Planung wieder öffnen. „99 Prozent der Anfragen kommen von Rentnern, die viel Beratungsbedarf haben“, sagt der Barmer-Sprecher. In Hamburg suchten etwa 60.000 Mitglieder der Insolventen City BKK einen neuen Versicherer. In den vergangenen Tagen waren mehrfach Vorwürfe laut geworden, Kassen wimmelten wechselwillige Mitglieder der City BKK ab. Kritik an der Aktion der Barmer GEK kam von anderen großen Kassen.

Scharfe Töne fand die DAK: „Solche Taschenspielertricks wie die Schließung von Kundencentern lehnen wir ab. Wenn zu viele Menschen da sind, müssen sie eben einen Moment warten“, sagte Jörg Bodanowitz, Sprecher der Zentrale der DAK. Die DAK habe weiterhin ihre Antragsformulare im Internet stehen und nehme jeden Wechselwilligen aus der insolventen City BKK auf: „Dazu sind wir als gesetzliche Kasse auch verpflichtet“. Gerade in den Hamburger Geschäftsstellen sei der Andrang groß: „Wir haben das aber im laufenden Geschäft mit unter gebracht. Klar warten immer vier bis fünf Personen, die müssen dann eben warten“, sagte Jessica ten Have vom DAK Presseteam Nord.

Auch die Techniker Krankenkasse bestätigte eine große Nachfrage. „Wir haben Kollegen vorübergehend in die besonders stark belasteten Kundencenter versetzt, um die dortigen Mitarbeiter zu unterstützen,“ sagte TK-Sprecher John Hufert. Mit Wartezeiten von einer halben bis einer Stunde müsse gerechnet werden. „Allerdings besonders am Vormittag, daher bringt es auch nichts, wenn wir die Öffnungszeiten ausdehnen.“

Die City BKK entstand 2004 aus der Fusion der Betriebskrankenkasse des Landes Berlin und der BKK Hamburg. Später kam durch weitere Fusionen noch der Standort Stuttgart dazu. Ihre Geldprobleme rühren nach eigenen Angaben vor allem aus der überalterten Mitgliederstruktur in Berlin und Hamburg her.

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Bericht:

Stadt muss Mitarbeiter der City BKK einstellen

Nach der geplanten Schließung der Krankenkasse City BKK steht gut die Hälfte der rund 145 Hamburger Mitarbeiter ratlos mit Blick auf ihre berufliche Zukunft da. Die Beschäftigungsverhältnisse enden am 30. Juni. Zu diesem Zeitpunkt wird die Kasse vom Bundesversicherungsamt (BVA) wegen finanzieller Probleme geschlossen. Mit der Schließung werden auch die herkömmlichen Regelungen für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen wie Kündigungsfristen außer Kraft gesetzt. Ein bereits ausgehandelter Sozialplan wurde vom Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde nicht anerkannt. "Die Mitarbeiter haben ein Schreiben bekommen, dass ihr Dienstverhältnis endet", sagt Torsten Nowak, Sprecher der City BKK. Gegenwärtig prüfe man noch, ob auch eine Kündigung zum 30. Juni oder eine Kündigung unter Beachtung von Kündigungsfristen erforderlich sei.

Nach Informationen des Abendblatts sind 59 Mitarbeiter kündbar. Die anderen haben Anspruch auf einen Ersatzarbeitsplatz, weil sie mindestens 50 Jahre alt und länger als zehn Jahre beschäftigt sind oder können von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, in die Dienste der Stadt Hamburg zurückzukehren. "Davon sind 69 Mitarbeiter betroffen", sagt Volker Bonorden, Sprecher des Personalamtes Hamburg. Die City BKK war aus der Betriebskrankenkasse Hamburg hervorgegangen. "Wie viele Mitarbeiter von ihrem Recht Gebrauch machen, können wir derzeit nicht absehen", sagt Bonorden.

Da die Stadt jährlich 250 Stellen einsparen will, hofft sie offenbar auf die Unattraktivität des Rückkehrrechts. "Die Mitarbeiter können nur zu den Bedingungen beschäftigt werden, die sie damals bei uns hatten", sagt Bonorden. Das betrifft die Vergütungsgruppe und die Arbeitszeit. Wer bei der Stadt nur einen Teilzeitarbeitsplatz hatte, kann jetzt keine Vollzeitstelle beanspruchen. "Im Vergleich zur Bezahlung bei der Krankenkasse sind Gehaltseinbußen von bis zu 500 Euro im Monat programmiert", so ein Gewerkschafter.

Die unkündbaren Mitarbeiter können auf Jobangebote anderer Betriebskrankenkassen hoffen, wobei auch Umzüge in weit entfernte Städte als zumutbar gelten. Noch nicht absehbar ist, wie viele Mitarbeiter für die bis zu zwei Jahre dauernde Abwicklung der Krankenkasse benötigt werden.

Unterdessen haben ältere Versicherte unverändert Schwierigkeiten, eine neue Kasse zu finden. Gestern trafen bei den Versicherten die Kündigungsbestätigungen der City BKK ein. "Am Donnerstag gab es Beschwerden über die Barmer", sagt Ursula Wens von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Das bestätigte auch ein Abendblatt-Leser, der von der Barmer-Geschäftsstelle Ottensen abgewiesen wurde. Eine Aufnahme sei derzeit nicht möglich, weil sich die Kassen erst beraten müssten, wie mit den Versicherten der City BKK verfahren werden soll. "Dieses skandalöse Verhalten ist unerträglich und nicht hinnehmbar", sagt der Präsident des BVA, Maximillian Gaßner. Das Amt hat bereits Vorstände von Krankenkassen in die Behörde einbestellt, denn jede Kasse muss die Versicherten der City BKK aufnehmen.

"Wenn es Ausflüchte gegenüber Versicherten gegeben hat, ist das nicht hinzunehmen", sagt Wolfgang Klink von der Barmer dem Abendblatt. Gleichzeitig verweist er darauf, dass die Geschäftsstellen mehrere Hundert Anfragen am Tag bewältigen müssen. Die Barmer habe eine Nummer speziell für die City-BKK-Versicherten eingerichtet. Ein mehrmaliger Test ergab: Statt einer Warteschleife gibt es die Ansage, dass man den Anruf leider nicht entgegennehmen kann.