Neuenfelde. Zwei Beinahe-Katastrophen in zwei Jahren haben Spuren bei den Altländern hinterlassen. Welche Forderungen es gibt und was passieren soll.

Gleich zweimal entging der Hamburger Teil des Alten Landes, die sogenannte „Dritte Meile“ in den vergangenen Wintern einer Überschwemmungskatastrophe. 2022, als das Estesperrwerk erst im letzten Moment geschlossen werden konnte, und Weihnachten 2023, als Sturmflut und Starkregen so zusammenkamen, dass das Binnenhochwasser nicht in die Elbe abfließen konnte und immer weiter stieg.

Die Forderungen von damals – das Sperrwerk soll dauerhaft bemannt sein und leistungsfähige Schöpfwerke die alte Süderelbe auch bei Sturm leerpumpen können – schienen zuletzt verhallt zu sein. Jetzt hat die Hamburger SPD sie sich auf die Fahne geschrieben. Dafür gesorgt hat der SPD-Distrikt Neuenfelde.

Sturmflut-Saison bedroht den Hamburger Süden: Was jetzt passieren muss

Dass die Landes-SPD sich die Forderung der Neuenfelder auf ihrem Parteitag zu eigen gemacht hat, macht dem Vorsitzenden des Neuenfelder Distrikts, Ermiya Ciger Hoffnung: „Nun wird sich endlich auch die Hamburger SPD im Senat und in der Bürgerschaftsfraktion konsequent für einen sicheren Hochwasserschutz in Cranz und Neuenfelde einsetzen!“, sagt er.

Die ganze Nacht hindurch kämpften Feuerwehr und THW im Dezember 2023 gegen das Hochwasser in der Alten Süderelbe.
Die ganze Nacht hindurch kämpften Feuerwehr und THW im Dezember 2023 gegen das Hochwasser in der Alten Süderelbe. © Lenthe-Medien | Lenthe-Medien

Ciger erinnert daran, dass die Region in jüngster Zeit nehrfach akut bedroht war: „ Im Februar 2022 kam es zu einer Beinahe-Katastrophe an der Este“, sagt er. „Das Hochwasser der Sturmflut kam schneller und höher als vorhergesagt. Das Este-Sperrwerk hat keine eigene Besatzung. Der Sperrwerksbediener machte sich von der Kattwykbrücke in Moorburg auf den Weg nach Neuenfelde, um die Tore des Sperrwerks zu schließen. Den Schließvorgang konnte er erst in letzter Sekunde einleiten!“

Zwischen den Feiertagen im Jahr 2023 drohte das Wasser von der anderen Seite

Ab einem Pegel von 4,75 Metern lässt sich das Sperrwerk aufgrund des Wasserdrucks nämlich nicht mehr schließen, so Ciger. Als der HPA-Mitarbeiter eintraf, stand das Wasser schon bei 4,73 Metern, und in der Elbe stieg es danach noch weiter. Die Deiche der Este hätten nicht mehr ausgereicht, wäre das Sperrtor nicht noch geschlossen worden.

Zwischen den Feiertagen im Jahr 2023 drohte das Wasser von der anderen Seite: Drei Sturmtiefs hintereinander hatten Starkregen mitgebracht und die Alte Süderelbe sowie ihre Zuläufe bis zum Rand gefüllt. Gleichzeitig drückten die Stürme das Wasser in die Elbmündung, sodass es auch bei Ebbe nicht ablaufen konnte und auch vor dem Deich stieg. Die klassische Binnenlandsentwässerung über Deichsiele nur angetrieben durch den Gezeitensog bei ablaufend Wasser funktionierte nicht, und das über viele Tage.

Ein Schiff passiert das Este-Sperrwerk.
Ein Schiff passiert das Este-Sperrwerk. © picture alliance / dpa | Markus Scholz

Peinlich für die Freie und Hansestadt Hamburg: Um das Wasser, das durch den Deich nicht herauskam, über den Deich abpumpen zu können, musste sich das große Hamburg beim kleinen, gern belächelten Nachbarn Bremen Pumpen leihen, weil es hier keine mit ausreichender Leistung gab. Auch hier gelang es erst in letzter Sekunde, die Situation zu entschärfen.

Die Einwohner der Region und ihre Kommunalpolitiker fordern deshalb feste und leistungsfähige Schöpfwerke in Finkenwerder und Cranz sowie einen Ausbau des einzigen Schöpfwerks der Region in Neuenfelde. Außerdem soll das Estesperrwerk in der Sturmflutsaison durchgehend besetzt sein. Diese Forderungen hat sich die Hamburger SPD jetzt zu eigen gemacht.

Schöpfwerk-Planung wurde aus koalitionstaktischen Gründen auf Eis gelegt

Die Forderungen sind schon alt. Mindestens ein Schöpfwerk war auch bereits geplant. Es sollte das „Storchennest-Siel“ an der Alten Süderelbe in Finkenwerder ersetzen. Doch seine Planung wurde aus koalitionstaktischen Gründen auf Eis gelegt. In der Umweltbehörde und damit in Teilen der Grünen träumt man davon, die Alte Süderelbe, die einst aus Flutschutzgründen abgedeicht wurde, wieder für die Gezeiten zu öffnen. Bis darüber entschieden ist, ruhen die Schöpfwerk-Pläne.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Spätestens aber, wenn die Hauptdeiche in Neuenfelde und Cranz erhöht werden, muss auch das Schöpfwerk im Neuenfelder Hauptdeich, das die Gräben und Wettern des Obstbaugebiets in die Tide-Elbe entwässert. angepasst werden, fordern die Anwohner. Baubeginn der Deicherhöhung ist im kommenden Jahr.

Ermyia Ciger kämpft konsequent um den Erhalt der Krane.

„Nun wird sich endlich auch die Hamburger SPD im Senat und in der Bürgerschaftsfraktion konsequent für einen sicheren Hochwasserschutz in Cranz und Neuenfelde einsetzen!“

Ermyia Ciger
Vosritzender des SPD-Distrikts Neuenfelde

An solchen Koalitionsbedenken wird auch ein Parteitagsbeschluss erst einmal nichts ändern. Aber die Gesamt-Hamburger Partei auf die Seite der Altländer gebracht zu haben, wertet Ciger als Erfolg. Zumal der Parteitagsbeschluss auch noch eine weitere Forderung beinhaltet: Die Flutschutztore, die sich zumeist in der alten, mittlerweile zweiten Deichlinie noch befinden, auf Vordermann zu bringen.

Mehr aus der Region

„Wir haben hier leider vor Ort auch Flutschutzanlagen, welche stark verrostet und deshalb kaum einsatzbereit sind. Darum ist es sehr begrüßenswert, dass nun die Stadt Hamburg gemeinsam mit der HPA diese Anlagen begutachten und bei Mängeln instandsetzen will.“, so Ermiya Ciger.